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Toedlicher Blick

Titel: Toedlicher Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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fünftausendvierhundert insgesamt, nächste Woche zahlbar –, dann hole ich die vierhundert jetzt sofort.«
    »Sie verdammter Halsabschneider«, schrie Randy fröhlich. Er lachte aufgeregt, sprang auf. »Abgemacht, Dick. Abgemacht.«
    »Aber ich muss mich darauf verlassen können, dass ich mein Geld kriege, Randy«, sagte Qatar. »Es wäre schlimm, wenn ich es nicht bekäme. Ich bin im Moment ziemlich klamm.«
    »Du kriegst es, Baby«, kreischte Randy. Speichel spritzte von seinen Lippen. »Ich werd’ dich doch nicht sitzen lassen! Du bist doch mein Klient! Fünftausendvierhundert Dollar. Du kriegst sie übermorgen, sobald der Lieferant aus St. Louis kommt.«
    St.Louis? Sie sahen sich einen Moment an, dann hob Qatar die Schultern. »Okay.«
    »Ja!«, schrie Randy und ballte eine Faust. Er schien nicht zu merken, dass er schrie.
    »Darf ich mitkommen?«, fragte die Frau.
    »Halt deine verdammte Schnauze«, brüllte Randy, deutete mit einem zittrigen Finger auf sie. »Du darfst nicht aus dem Haus, eh du nicht ’nen Namen von mir gekriegt hast, und den hast du noch nicht – außer ›Miststück‹.« Und zu Qatar: »Ich hab noch keinen Namen für sie ausgesucht.«
    »Aha … Also …«
    »Ja, also geh’n wir, Dick. Lass uns abhauen, verdammte Scheiße.«
    Wieso nannte Randy ihn jetzt dauernd Dick? Vielleicht, weil Randy mal »Dick« im Sinne von »Schwanz« benutzt hatte und das Wort in seinem verkorksten Hirn hängen geblieben war? Qatar war sich in dieser Sache nicht sicher, aber als er während der Fahrt Randy verstohlen betrachtete, wie er im Beifahrersitz hing und dauernd irgendetwas vor sich hin plapperte, war er sich sehr sicher, dass Randys Bewusstsein über eine unsichtbare Grenze abgedriftet war.
    Sie fuhren zum Geldautomaten einer Bankfiliale auf der Grand Avenue. Qatar hob vierhundert Dollar in Zwanziger-Scheinen ab. Er hatte das Geld kaum aus dem Schlitz gezogen, als Randy es ihm aus der Hand riss, ein paar Schritte zurücktrat und zischte: »Bleib mir vom Leib. Bleib mir ja vom Leib!«
    »Randy! Randy …«
    Randy stopfte das Geld in die Jackentasche, fauchte Qatar an: »Du weißt hoffentlich, mit wem du’s zu tun hast, du verdammtes Arschloch! Ich jag dich wie ’nen dreckigen Köter, wenn du mir Ärger machst.«
    »Okay, okay …« Qatar hob die Hände. Randy taumelte davon. »Wir sehen uns übermorgen«, rief Qatar ihm tapfer nach.
    Randy kam zurück. »Heh, du musst mich mitnehmen.«
    »Ich dachte, ehm …«
    »Du kannst mich doch nicht einfach hier auf der Straße stehen lassen, Mann. Wo ist mein Geld?«
    »Sie haben es eingesteckt.«
    Randy schob die Hand in die Jackentasche, fand das Geld. »Scheiße. Ich hatt’s doch die ganze Zeit … Komm, lass uns fahren.«
    Unterwegs presste Randy die Handballen gegen die Schläfen, sah zu Qatar herüber, babbelte unverständliches Zeug: »Ich habe eine Girlande für ihren Kopf gemacht … Und Armbänder … Und duftende Körperstellen … Sie sah mich bei der Liebe an und stieß ein süßes Stöhnen aus …«
    »Was?«
    »Ich habe eine Girlande für ihren Kopf gemacht …«
    Irgendein Song, den er mal gehört hat, dachte Qatar, aber es war klar, dass Randys Gehirn erhebliche Aussetzer hatte. Er wusste jedoch genau, wo er hingebracht werden wollte. An Straßenkreuzungen deutete er mit dem Finger in die jeweilige Richtung und sagte schließlich: »Da rüber, Richard … Darf ich dich Richard nennen?«
    Nach fünf Minuten Fahrzeit brachte Qatar den Wagen vor einem Appartementgebäude am Como Boulevard zum Stehen. Randy hopste heraus und sagte ganz rational: »Du kannst mitkommen, wenn du willst, aber bei der Party sind fast nur schwarze Brüder. Die mögen weiße Jungs nicht so gern.«
    »Danke, aber ich muss nach Hause.«
    Randy klopfte als Antwort auf das Wagendach, verschwand dann in dem dunklen Eingang des Gebäudes, ohne sich noch einmal umzusehen.
    Qatar fuhr los, aber nicht in Richtung Minneapolis; der Wagen schien wie von selbst Randys Haus anzusteuern. Er hatte seit dem Verlassen des Appartements an die Frau gedacht – nicht an die Möglichkeit, Sex mit ihr zu haben, sondern an die andere Möglichkeit …
    Vor dem Haus blieb er zehn Minuten im Wagen sitzen, grübelte, konnte sich zunächst nicht zu einem Entschluss durchringen. Er war sicher, dass Randy tatsächlich keine Ahnung hatte, wer Qatar war. Er würde wahrscheinlich das Geld für den Schmuck niemals bekommen, und die vierhundert Dollar aus dem Geldautomaten waren für immer verloren,

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