Toedlicher Hinterhalt
Angestellte. So, als hätte er nach Joe geschickt. Was er irgendwie ja auch getan hatte. Aber er wollte eigentlich als Freund mit ihm sprechen.
Also nahm er kein Blatt vor den Mund und kam gleich zum Punkt.
»Die Schmerzen waren letzte Nacht ziemlich schlimm.«
Joe sah ihm prüfend in die Augen, während er sich setzte. »Und? Ist es jetzt besser?«
Charles machte ein ungerührtes Gesicht. »Es kommt und geht.«
»Das tut mir leid. Kann ich irgendetwas für dich tun?«
Charles schaute seinen alten Freund an. »Jetzt noch nicht, aber womöglich bald.«
Joe hielt seinem Blick stand und kniff leicht die Augen zusammen. Er mochte sein Leben als einfacher Gärtner verbracht haben, aber aus freien Stücken. Eigentlich war dieser Joe Paoletti ein sehr kluger Mann.
Dennoch sprach Charles es für ihn aus. »Wenn die Schmerzen zu schlimm werden, kannst du mir helfen.«
Joe schwieg. Zum ersten Mal seit Jahren blieb seine Miene verschlossen.
»Erinnerst du dich noch an Luc Prieaux? Den, den ich Luc Un genannt habe?«
Doch Joe schüttelte bereits energisch den Kopf. Er verstand zwar, worum Charles ihn gerade bat, aber seine Antwort lautete entweder Nein oder Nein, er wollte nicht darüber reden. Charles konnte es ihm nicht verübeln. Er selbst scheute sich davor, das Thema anzusprechen.
»Ich habe dich nie nach ihm gefragt«, fuhr Charles fort. »Ich war mir nie ganz sicher, sondern habe einfach immer angenommen, dass er noch lebte, als du ihn gefunden hast. Ich … Ich habe den Schuss gehört, weißt du.«
Joe starrte hinaus auf das Meer, und sein Gesicht wirkte mit einem Mal schrecklich alt. In der Ferne war ein Donnergrollen zu hören. Ein Gewitter zog auf. »Ich habe mit niemandem darüber gesprochen außer mit Gott.«
»Ich bin der Einzige, der davon weiß, Guiseppe. Außerdem hast du getan, was du tun musstest, um den Rest von uns zu beschützen. Ich dachte mir, wenn du es in dieser Situation tun konntest –«
Joe schaute ihn an. »Ich habe es für Luc getan. Wir hätten ihn nicht retten können. Er war nicht mehr in der Lage, zu sprechen, und somit weit davon entfernt, uns zu verraten. Er hätte eigentlich längst tot sein müssen, und doch atmete er noch. Er war mein Freund, also, ja, habe ich es getan. Ich habe seinem Leiden ein Ende bereitet. Und seitdem ist kein einziger Tag vergangen, an dem ich mich nicht an ihn erinnert und dieses verbrannte Gesicht vor Augen gehabt hätte …«
»Du hast das Richtige getan«, versicherte Charles ihm. Es tat ihm leid für seinen Freund. »Du hattest Mitgefühl und Erbarmen mit Luc. Gott wäre damit einverstanden gewesen.«
Joe bekam feuchte Augen, während er starr zum Horizont blickte.
Auch Charles sah hinaus auf das Meer, auf sein geliebtes, wunderschönes Meer. »Ich bin ebenfalls dein Freund.«
Tränen liefen über Joes wettergegerbte Wangen.
In Charles regte sich erneut der Schmerz der vergangenen Nacht und gab ihm einen Vorgeschmack auf das, was noch kommen würde. Es verlieh ihm die Kraft, weiterzureden und diesen guten Mann an seiner Seite um diese unmögliche, schreckliche Sache zu bitten.
»Wenn ich am Morphium-Tropf hänge«, begann Charles erneut, »wird es nicht schwer sein, einfach … die Dosis zu erhöhen und mich wegschlummern zu lassen. Verhindere, dass Kelly es macht, Joe. Ich weiß, dass du sie auch liebst. Lass es uns nicht unnötig in die Länge ziehen und es uns ihr so leicht wie möglich machen.«
Joe wischte sich mit den Handballen über das Gesicht.
»Ich werde dir ein Zeichen geben«, teilte Charles seinem ältesten, liebsten Freund mit. »Damit du weißt, wann ich bereit bin, zu gehen. So wie … wie diese Carol Burnett. Weißt du noch, wie gern wir sie uns immer angesehen haben? Sie war verdammt lustig und bildschön.« Er zog an seinem Ohrläppchen. »Das hat sie immer am Ende ihrer Sendung gemacht, um sich zu verabschieden. Erinnerst du dich?«
Joe nickte kurz, wandte den Blick jedoch nicht vom Meer
ab.
»Das«, sagte Charles, »wird mein Zeichen sein.«
Ein Gewitter zog auf. Kelly lief in den Garten, um zu sehen, ob Joe Hilfe dabei brauchte, die Gartenstühle zu stapeln.
Doch Toms Freund Jazz war ihr schon zuvorgekommen. Auf dem Weg ins Haus ging er an ihr vorbei, drehte sich dann jedoch noch einmal zu ihr um. »Entschuldigen Sie, Kelly, hätten Sie vielleicht eine Minute Zeit für mich?«
»Sicher.«
»Der Lieutenant hatte einen ziemlich harten Tag«, begann er. »Ich weiß nicht, was da zwischen Ihnen beiden läuft, und
Weitere Kostenlose Bücher