Toedlicher Hinterhalt
herüber. »Gestern? Einige davon vorgestern Abend?«
Tom durchwühlte die restlichen Fotos. Es gab mehr als eine Aufnahme vom Kaufmann. Auf drei verschiedenen Bildern war er in verschiedenen Haltungen an der Rezeption des Baldwin’s Bridge Hotels zu sehen. Ein weiteres Foto zeigte ihn in der Lobby. Er sprach mit einem anderen Mann, beide Gesichter waren deutlich zu erkennen.
»Ich brauche deine Bilder.«
Davids Scanner besaß eine hervorragende Auflösung.
Nachdem Tom einen Blick darauf geworfen hatte, war Davids komplette Wohnung plötzlich zur Antiterrorismus-Zentrale geworden.
Trotzdem konnte Mallory sich des Eindrucks nicht erwehren, dass ihr Onkel nur deshalb dablieb, um David und sie davon abzuhalten, den ganzen Vormittag über miteinander zu schla-
fen.
Aber nein! Tom war ihr um den Hals gefallen, nachdem er ihre Fotos entdeckt hatte, auf denen ein Mann zu sehen war, den er selbst den Kaufmann nannte. Und dann hatte er auch noch Verstärkung in Davids Wohnung beordert. Als bei diesem so langsam angekommen war, dass ihnen eine Invasion bevorstand, hatte er schnell das Bett gemacht und die Packung Kondome versteckt.
Tom indes war auf Mallory zugegangen, hatte sie fest umarmt, ihr zugeflüstert, er halte David für einen guten Kerl, er habe schon immer gewusst, dass sie eine kluge junge Frau sei und wie froh, sehr froh sogar es ihn mache, dass sie jemanden gefunden habe, der sie liebe.
Und auch Mallory wusste, dass sie sich glücklich schätzen konnte.
Verliebt sah sie David dabei zu, wie er an seinem PC saß und elektronische Versionen ihrer Fotos mit irgendeinem anderen Computergenie in Kalifornien austauschte. Jemanden namens WildCard. Das klang, als handelte es sich um eine von Davids Comicfiguren.
Genau genommen hörte sich sogar diese ganze Geschichte wie die Handlung einer Graphic Novel an. Ein internationaler Terrorist plant, in einer Kleinstadt in Neuengland Chaos und Verwüstung anzurichten …
Das kam ihr zwar ziemlich unwahrscheinlich vor, aber die ganzen Leute – der große, grimmig aussehende Schwarze, Mr Ekel-
Cowboy und die humorlose Frau mit der tollen Haut und den schönen Augen, die ging, als hätte sie einen Stock im Arsch –, sie alle schienen zu glauben, dass eine echte Bedrohung bestand.
Und solange David Spaß daran hatte, zu zeigen, was sein Computer alles konnte, war Mallory damit zufrieden, einfach bei ihm abzuhängen.
Sie stellten gerade zwei Gesichter einander gegenüber – das des Kaufmanns vor der Schönheits- OP und das danach. Dabei versuchten sie, die Knochenstruktur zu vergleichen, um herauszufinden, ob der Mann auf ihren Fotos derselbe sein konnte wie der auf denen von Tom.
Der Schwarze hieß Jazz und setzte sich neben sie an den Tisch. »Hast du die Fotos mit einem Zoom-Objektiv gemacht?«
Seine Schultern mussten gut einen Meter zwanzig breit sein, und Mallory fragte sich, wie er auf die Sitze im Kino oder im Bus passte. »Ja.«
»Dachte ich mir.« Er schaute sie an. »Hat er gesehen, dass du sie gemacht hast?«
»Nein.«
Er nickte. »Dann hast du Glück. Wenn du ihn noch einmal sehen solltest, dann halte dich bitte von ihm fern, Mallory. Keine Fotos mehr, verstanden? Wenn ihm aufgefallen wäre, dass du die Aufnahmen gemacht hast, hätte er dich womöglich verfolgt. Er hat schon aus geringfügigeren Gründen getötet.«
Getötet ? Wegen ein paar Fotos? Ihr stellten sich die Nackenhaare auf. »Im Ernst?« Was für eine blöde Frage an Mr Grimmig.
»Genau genommen glaube ich sogar, dass es deinem Onkel lieber wäre, wenn du dich in den nächsten Tagen ganz vom Hotel fernhalten würdest.«
Großer Gott! »Aber David arbeitet dort.«
»Wirklich?« Jazz drehte sich um und schaute ihren Freund abschätzend an. »Als was denn?«
»Als Kellner.«
»Im Zimmerservice?«, fragte der SEAL .
»Nein, aber sie haben ihn gebeten, einige der Mittagsschichten im Zimmerservice zu übernehmen. Es herrscht gerade ein ziemlicher Personalmangel. Warum?«
Jazz grinste sie an. Er hatte ein tolles Lächeln. Mit Auftritten in Zahnpasta-Werbung hätte er ein Vermögen verdienen können. »David wird deinem Onkel helfen, Baldwin’s Bridge vor den Bösen zu retten.«
»Oh«, machte Mallory. »Ist das alles?«
Charles schaute auf, als Joe auf die Veranda trat.
»Kelly sagte, dass du nach mir suchst?«, fragte er und hielt seinen Hut in den Händen.
Charles nickte, plötzlich fühlte er sich merkwürdig unwohl in seiner Haut. So, als wäre er der Arbeitgeber und Joe der
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