Toedlicher Hinterhalt
den Belastungen, die mein extrem beziehungsinkompatibler Beruf mit sich bringt, mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit nicht funktionieren würde?«
»Also angenommen, deine Traumfrau käme auf dich zu – eine Frau, die äußerlich, emotional und vom Köpfchen her genau so ist, wie du dir eine Partnerin fürs Leben vorstellst – und würde sagen: ›Hier bin ich, Tom, ich bin bereit, für immer deine Freundin und Geliebte zu sein, in guten wie in schlechten Zeiten an deiner Seite zu stehen und all deine sexuellen Fantasien mit dir in die Tat umzusetzen.‹ Dann würdest du ihr tatsächlich einen Korb geben?«, hakte Kelly nach.
Tom lachte. »Ich weiß nicht. Könntest du die Sache mit den Sexfantasien noch mal näher ausführen?«
Ja! Sie flirteten. Seine Worte hatten definitiv einen verführerischen Unterton. Jetzt musste sie kontern. Doch das konnte sie. Sie sah ihm direkt in die Augen. »Sag du’s mir. Wir reden ja schließlich über deine Fantasien.«
Nun lag der Ball wieder bei ihm, doch statt vorzupreschen, machte er einen Rückzieher und lachte.
»Ich käme mir irgendwie komisch dabei vor, ins Detail zu gehen, während Onkel Joe zuhört«, sagte er leichthin und blickte dabei hoch zu der Statue.
»Ich glaube nicht, dass du deiner Traumfrau einen Korb geben würdest.« Kelly lachte nicht. Sie wollte nicht, dass diese Unterhaltung ins Oberflächliche kippte. Die Luft zwischen ihnen sollte wieder vor sexueller Spannung knistern. Dann bräuchte sie ihn nur noch nach einem Abendessen zu fragen. Das würde sie schon hinkriegen.
Tom schüttelte den Kopf. »Ich müsste ihr dann erst recht einen Korb geben«, gab er zurück. »Wenn sie dermaßen perfekt wäre … würde ich sie nicht verletzen wollen.«
»Aber wenn du ihre einzige wahre Liebe wärst, würdest du sie verletzen, wenn du nicht mit ihr zusammen sein möchtest.«
Er lachte zwar wieder, rieb sich jedoch die Stirn, als hätte er immer noch Kopfschmerzen. »Okay. Whow. Das reicht. Du kannst doch nicht ein komplett erfundenes Szenario entwerfen, das nie im Leben jemals so eintreten wird, und dann darauf bestehen, dass man dazu Stellung bezieht. Seien wir doch mal realistisch, Ashton. Es wird keine ›Traumfrau‹ auf mich zukommen und anbieten –« Er brach ab und räusperte sich. »Bring du den Satz zu Ende – ich überlasse es deiner Fantasie, aber du kannst annehmen, dass wahrscheinlich Schlagsahne und schwarze Dessous darin vorkommen.«
Kelly konnte sich ein Kichern nicht verkneifen. Schwarze Dessous und … Sie atmete tief durch und überspielte, dass sie rot wurde. Schlagsahne und Tom Paoletti. Meine Güte. Konnte bitte mal jemand ihre Bestellung aufnehmen? Sie wollte eine doppelte Portion davon.
»Du glaubst also, so etwas passiert nie im Leben«, wandte sie ein. »Aber was, wenn Joe tatsächlich seiner Traumfrau begegnet ist? Seiner wahren Liebe?«
Tom schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Vielleicht war es so.« Aber er wollte noch nicht einmal so viel zugestehen und relativierte seine Aussage sofort wieder. »Hör zu, Kel, ich weiß nur eins ganz sicher: Was auch immer Joe empfunden hat, es muss ziemlich heftig gewesen sein, wenn er danach lieber sechzig Jahre lang allein gelebt hat, statt sich mit jemandem einzulassen, den er nicht richtig liebt. Und wir reden hier wirklich von allein sein«, fügte er hinzu. »Joe hatte weder in jungen Jahren noch später Freundinnen, er ist nicht ausgegangen und hatte auch keine One-Night-Stands. Er war allein – mit einem großen A. Keine schwarzen Dessous. Keine Schlagsahne. Nur Joe und seine Erinnerungen.«
Gott, klang das traurig. Hatte Joe im Alter von zweiundzwanzig einfach aufgehört zu suchen? Oder war er die ganzen Jahre über immer der Hoffnung gewesen, eine Frau zu finden, die diejenige, die er geliebt hatte, ersetzen konnte? Falls ja, dann war diese Hoffnung mit der Zeit sicherlich langsam und schmerzhaft gewichen.
»Ich kann in vielerlei Hinsicht gut nachvollziehen, dass er sich nicht binden wollte«, sagte Tom leise. »Es gibt viele Gründe in meinem Leben, aus denen ich nicht bereit dazu wäre.«
Kellys Pager meldete sich. Sie hatte den Ton ausgestellt, als sie in die Bibliothek gegangen war, und jetzt zuckte sie bei der Vibration zusammen. Sie schaute nach, welche Nummer angezeigt wurde.
»Tut mir leid«, sagte sie zu Tom, während sie in ihrer Tasche nach ihrem Handy wühlte. »Ich muss in der Praxis anrufen.«
Sie wählte die Nummer und drehte sich leicht von ihm weg.
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