Toedlicher Hinterhalt
Arbeitsplatz gekommen, um sie zu belästigen, indem er mit seinem Kugelschreiberetui klapperte.
»Eine Waffel mit zwei Kugeln Eis«, sagte sie ausdruckslos. »Einfach nur Vanille.«
Ganz offensichtlich überrascht, blinzelte er sie durch seine »Windschutzscheibe« an. Aber er hatte sie ja schließlich gefragt, und ihrer Meinung nach konnte es keine der trendigen, mit irgendwelchen Stückchen durchzogenen und damit versauten Yuppie-Geschmacksrichtungen mit dem leckeren hausgemachten Vanilleeis aufnehmen.
»Falls das für jemand so Weltoffenen wie dich zu durchschnittlich ist«, fügte sie hinzu, »dann probier eine Kugel Vanilleeis und eine Kugel Orangensorbet.«
»Wie bei einem Solero. Das klingt super, das nehme ich.«
Er schaute zu, wie sie sich vorbeugte und den Portionierer in die Behälter mit Eiscreme und Sorbet grub – mit Sicherheit würde er sich nicht die Gelegenheit entgehen lassen, ihr in den Ausschnitt zu gucken.
»Du arbeitest schon eine Weile hier, oder?«, wollte er wissen. »Über ein Jahr, stimmt’s?«
»Anderthalb Jahre«, teilte sie ihm mit. »Na und?«
Es gab kein »Na und?«. Damit machte sie den Job schon ein Jahr länger, als ihre Mutter jemals eine Stelle behalten hatte. Allgemein betrachtet, war Eis verkaufen albern und bedeutungslos, das wusste Mal, doch als Carolyn ihr einen Zweitschlüssel überreicht hatte, damit sie morgens den Laden aufschließen konnte, war sie dennoch stolz gewesen.
Als sie dem Streber über die Ladentheke hinweg seine Waffel reichte, berührten sich ihre Finger. Es ließ sich nicht sagen, ob es Absicht gewesen war. Er wurde allerdings weder rot noch fing er an zu stammeln oder fiel in Ohnmacht, also hatte er es wahrscheinlich geplant.
»Danke«, sagte er und ließ kurz seine perfekten Zähne aufblitzen, während er ihr einen Fünf-Dollar-Schein gab, den er bereits bereitgehalten hatte. »Als ich dich zum ersten Mal gesehen habe, dachte ich, du würdest Gewichte stemmen, aber das brauchst du gar nicht, oder? Du hast diese tollen Armmuskeln durch deine Arbeit hier – vom Eiscreme-Portionieren.«
Ihre Arme ? Er machte große Worte wegen ihrer Arme . Das war fast schon lustig genug, um sie zum Lachen zu bringen, doch sie schaffte es gerade noch, sich zusammenzureißen. Sie wandte ihm den Rücken zu, um das Wechselgeld aus der Kasse zu nehmen.
Und als sie sich wieder zu ihm umdrehte, hatte er es irgendwie fertiggebracht, sich die Nasenspitze mit Eis zu bekleckern. Gott, was für ein Loser! Sie ließ das Wechselgeld aus möglichst großem Abstand in seine Hand fallen.
»Arbeitest du den ganzen Nachmittag?«, fragte er.
Genau in diesem Moment kam ihre Chefin Carolyn aus dem Hinterzimmer nach vorn geflitzt. »Mittagspause, Mallory! Du hast eine Stunde. Rauch nicht zu viele Zigaretten, Mädchen.«
Oh, Mist! Schlimm genug, dass Carolyn verkündet hatte, sie habe die nächste Stunde frei, aber zu allem Übel kannte der Streber jetzt auch noch ihren Namen.
Mallory legte ihre Schürze ab, nahm die Papiertüte mit ihrem Mittagessen aus dem Kühlschrank, schnappte sich ihr Buch und die Zigaretten und ging auf die Tür zu.
Der Strebertyp folgte ihr mit seinem Eis. Hatte sie wirklich geglaubt, er würde es nicht tun? Ehe sie an der Tür angelangt war, stieß sie einen Seufzer aus, marschierte zurück zum Tresen und nahm eine Serviette. So lächerlich und armselig er auch sein mochte, und so sehr sie ihn auch verachtete, sie konnte ihn nicht wissentlich mit Eiscreme auf der Nase hinaus auf das raue Pflaster von Baldwin’s Bridge treten lassen und ihn dem Gekicher von Grüppchen superreicher Jachtklub-Kinder ausset-
zen.
»Nicht bewegen«, wies sie ihn an und machte ihm das Gesicht sauber. »Werd jetzt bloß nicht nervös. Du hattest nur Eis auf der Nase, mehr hat das nicht zu bedeuten.«
Vor der Tür warf sie die Serviette in den Mülleimer, ging weiter und ignorierte, dass er ihr folgte.
»Eigentlich«, meinte er, »hab ich das absichtlich gemacht.«
Sobald er mit ihr sprach, war es schwer, so zu tun, als wäre er nicht da – ganz besonders, wenn er absolut unsinnige Dinge sagte. Mallory konnte nicht anders. Sie wandte sich zu ihm um. »Wovon redest du?«
Er lächelte sie über die Waffel hinweg an. Es war das schmale Grinsen eines glücklichen Strebers. »Von dem Eis auf der Nase. Das ist mein Menschlichkeitstest. Du hast ihn bestanden.«
»Na, toll, verpiss dich!«, gab Mallory zurück. Sie schaute ihn an. »Und, wie schneide ich jetzt ab?«
Er
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