Tödlicher Kick
das schnappende Geräusch eines zuklappenden Schnabels zu hören. Und auch Stascheks Begeisterung verpuffte prompt.
»Tickst du nicht richtig? Die Frau war am Tatort und hat nicht die Polizei verständigt!«
»Sie stand unter Schock, sie ist höchstens achtzehn.«
»Die braucht wahrscheinlich Kohle für den nächsten Schuss! Hast du nicht alle Socken im Schrank, so eine Sache überhaupt anzunehmen?«
»Sie kommt mir clean vor«, verteidigte Danner Curly.
»Hast du etwa eine Urinprobe von ihr bekommen?«
Danner verdrehte die Augen.
»Außerdem hat sie wahrscheinlich fünf Kinder in Polen«, ließ Staschek sich nicht beirren. »Du weißt doch genau, wie das läuft.«
»Sie kommt nicht aus Polen«, sprang ich ein.
Staschek stemmte die Hände in die Seiten: »Ist Hirnversagen neuerdings ansteckend? Natürlich hat sie den Kicker abgezockt. Und ob sie tatsächlich clean ist, wissen wir, sobald sie in U-Haft sitzt. Also wo steckt sie?«
Danner schnaufte verächtlich.
»Die Frau ist eine Mordverdächtige, Ben!« Stascheks sonst so sanfte Stimme überschlug sich. »Und dass sie einfach verschwindet, statt Hilfe zu holen, ist ja schon fast ein Geständnis.«
»Sie stellt sich freiwillig«, behauptete Danner.
»Karl!« Staschek winkte einen Kriminalbeamten heran.
Karl trug eine graue Gelfrisur über einem von Akne vernarbten Gesicht und eine Jeans mit Ledergürtel, über der ein Bierbauch herabhing. Karl kannte ich noch nicht.
»Fahr mal zu Mongabadhis Wohnung und sieh nach, ob seine Freundin da ist«, kommandierte Staschek.
»Die Nutte mit dem Lockenkopf?« Ein hungriges Grinsen breitete sich auf Karls Gesicht aus.
Ich staunte, wie gut offenbar jeder informiert war.
»Ein Team der Spurensicherung schicken wir dir gleich hinterher. Sieglinde?«
Neben dem körperlosen Kopf tauchte eine Hand mit einem Handy auf.
»Und ihr«, Staschek wandte sich wieder Danner und mir zu, »ihr sorgt dafür, dass sich eure – Klientin auf dem Präsidium meldet. Der Rest ist dann Sache der Polizei, verstanden?«
Ich rüttelte an meinem Ohr. »Ich hab das Gefühl, ich hör heute nicht so gut.«
»Lila!«
Danner hob beschwichtigend die Hände. »Bleib locker. Ich sag doch, dass sie aussagen wird.«
Als wir uns auf dem Rückweg zu unserem Wagen unter der Absperrung hindurchbückten, hielt eine windschnittige, silbergraue Limousine mit leise surrendem Motor vor uns. Hinter dem Lenkrad saß eine zierliche Gestalt mit hoch erhobener Nase im herzförmigen Gesicht.
Ihre brünette Kurzhaarfrisur hatte sie sich modisch ins Gesicht geföhnt und mithilfe von Haarwachs zurechtgezupft.
Ach so! Auf einmal war mir klar, wieso mir Schnabelnases neue Frisur die ganze Zeit bekannt vorgekommen war. Das war Schleimerei auf höchstem Niveau, die erste Liga der Arschkriecherei sozusagen.
Die Uniformierten zerrten eilig die Absperrung zur Seite, um der frischgebackenen Polizeipräsidentin Klara Peters die Durchfahrt zum Tatort zu gewähren. Die Polizeichefin musterte Danner und mich misstrauisch durch die getönte Seitenscheibe ihrer Luxuskarosse.
Sie erkannte uns natürlich sofort.
Nicht nur, weil ein gutes Gedächtnis für Gesichter und Namen sicherlich Voraussetzung in ihrem Job war. Vor zehn Jahren war sie Danners Kollegin bei der Polizei gewesen. Und nebenbei auch mit ihm verlobt.
Details über die Lovestory der beiden wusste ich nicht. Nur dass Danner bereitwillig seine Einsame-Cowboy-Romantik für ein Leben unter dem Pantoffel der karrieregeilen Ziege aufgegeben hätte.
Klara Peters hingegen hatte ihre Prioritäten anders gesetzt. Sie hatte auf ihre ganz persönliche Weise mit Danner Schluss gemacht, indem sie ihm eine interne Ermittlung auf den Hals gehetzt hatte. So war sie ihn nicht nur privat losgeworden, sondern hatte ihn gleichzeitig als Konkurrenten für die nächste Beförderung ausgeschaltet.
Aus dem folgenden Rosenkrieg war Klara als klare Siegerin hervorgegangen. Denn Danner hatte nach dem ergebnislosen Abschluss der internen Ermittlungen den Dienst quittiert und nicht nur seine Hochzeitspläne hingeschmissen, sondern auch seine Karriere bei der Polizei.
Klara Peters musterte Danner unangenehm lange, bevor sie ihren dicken Dienstwagen durch das von den Uniformierten freigegebene Rolltor lenkte.
»Du kannst Curly doch nicht raten, sich zu stellen«, schnauzte ich Danner an, als wir ganz sicher außer Hörweite waren. »Nicht nach Lennys blöden Sprüchen! Wenn der sie in die Finger kriegt, grillt er sie, stopft ihr einen
Weitere Kostenlose Bücher