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Tödlicher Kick

Tödlicher Kick

Titel: Tödlicher Kick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
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nicht, mich aufzuhalten.
    Ich lief zur Wohnungstür.
    Abgeschlossen.
    »Gib mir den verfluchten Schlüssel!«, fuhr ich Nandi an.
    Sie schüttelte den Kopf: »Geht nicht.«
    »Hast du selbst keinen, oder was?«
    »Ich muss auf dich aufpassen.«
    Ich rannte zum nächstbesten Fenster und drückte die Schalter der Jalousien. Nichts passierte. Die Plastikgriffe ließen sich auch nicht bewegen: Sie waren abschließbar und in dem Schloss im Rahmen fehlte der Schlüssel. Und selbst wenn es mir gelingen sollte, das Fenster zu öffnen, befand sich die Wohnung noch immer im zweiten Stock.
    Wütend donnerte ich die Faust gegen die Scheibe. Thermopane. Doppelverglast. Schalldicht.
    Kurzerhand packte ich einen der saubereren Esstischstühle, holte aus und schleuderte ihn gegen die Scheibe.
    »Nicht!«, schrie Nandi mich an. »Ich soll auf dich aufpassen! Ich kriege Ärger, wenn du die Wohnung ruinierst!«
    Auch die beiden anderen Mädchen nahmen jetzt schlagartig Notiz von mir. Sie stürzten auf mich zu.
    Romina riss mir den Stuhl aus der Hand, Mirka schubste mich vom Fenster weg. Außer einer winzigkleinen Macke hatte meine Attacke keinerlei Spuren hinterlassen.
    Verzweifelt fuhr ich mir durch die Haare.
    Nandis Gesicht wurde sofort weicher. Sie nahm Romina den Stuhl aus der Hand und stellte ihn auf den Boden zurück. Zwei Beine waren angeknackst, er kippte um.
    »Was ihr hier macht ist Freiheitsberaubung, dafür kriegt ihr mächtig Ärger«, warnte ich beherrscht. »Wieso macht ihr so was für einen Mistkerl wie Stani?«
    Mirka und Romina wechselten einen ratlosen Blick, offenbar verstanden sie mich nicht.
    Nandi schüttelte erschrocken den Kopf. »Stani hat für jede von uns viel getan«, versicherte die Thailänderin.
    »Dich hat er meinetwegen vor der Abschiebung nach Thailand bewahrt …« Ich verkniff mir, hinzuzufügen: … um dich stattdessen hier anschaffen zu lassen. »Aber was ist mit ihr?«
    Ich deutete auf Romina, die vor meinem ausgestreckten Finger zurückwich.
    »Romina ist wegen ihrer kleinen Schwester hier«, verriet mir Nandi.
    »Ist die krank, oder was?«
    »Die Eltern leben mit Rominas sieben Geschwistern in einem Dorf an der Grenze, alle haben Hunger. Ein Deutscher hat viel Geld für Goya geboten, die Jüngste. Stani hatte schon mehreren Mädchen aus dem Dorf Arbeit in Deutschland besorgt. Romina hat ihn angefleht, sie auch mitzunehmen. Er hat ihr sogar einen Vorschuss gegeben, damit die Eltern Goya behalten konnten. Seitdem schickt Romina jeden Monat Geld.«
    Der Schmerz vibrierte in meinen Hinterkopf. Plötzlich fühlte ich mich sehr müde.
    »Also ist Stani ein echter Wohltäter«, nickte ich resignierend.
    In dem Moment klingelte es an der Tür. Kundschaft.
    Nandi setzte sich in Bewegung und drückte den Knopf der Gegensprechanlage.
    »Wir öffnen erst um elf Uhr«, sagte sie.
    Der Lautsprecher surrte: »Schon klar.«
    Wie elektrisiert hielt ich den Atem an. Die Stimme, das war doch –?!
    »Hier ist Erwin. Hat nicht ausnahmsweise eine von euch Süßen jetzt schon Zeit für mich?! Es lohnt sich auch, versprochen.«
    22.
    »Hmm … hm, hm … hmm …«
    Danner hielt meine Hand. Sein Griff war fest, warm, rau und so vertraut, dass meine Augen brannten.
    Der Rettungswagen rumpelte durch ein Schlagloch, das Blaulicht zuckte durchs Fenster herein.
    Unterdessen bedachte der hochgewachsene Notarzt meinen Unterkiefer mit dem gefühlt hundertsten Hm.
    »Was machst du hier?«, hatte ich Danner angeschrien, nachdem er Nandi, Romina und Mirka mit seiner Heckler & Koch hinter das Sofa gewinkt hatte.
    Er hatte mich angesehen, als hätte ich gefragt, ob er im Stehen pinkelte: »Dich holen natürlich.«
    »Und woher weißt du, wo ich bin?«
    »Als Jäger bin ich nicht so eine Niete wie als Hase.«
    Er hatte mich in den Arm genommen, während Nandi, Romina und Mirka über die Sofalehne hinweg ängstlich seine Waffe anstarrten.
    »Bist du …?« Danner hatte gezögert. »Bist du vergewaltigt worden?«
    Ich war mir nicht sicher, ob ich die Antwort überhaupt kennen wollte. »Nandi sagt Nein.«
    Der Notarzt holte mich mit einem weiteren Hm aus meinen Gedanken zurück in den Rettungswagen.
    »Hmmm?«, erkundigte ich mich gereizt.
    Danner richtete sich auf. »Stimmt irgendwas nicht?«
    Sein Griff um meine Hand wurde so fest, dass es wehtat. Was bedeutete, dass mein Nervensystem sich langsam wieder zum Dienst meldete. Besser spät, als nie.
    »Hier in dem Bluterguss am Kiefer ist eine kleine Kante zu spüren«,

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