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Tödlicher Kick

Tödlicher Kick

Titel: Tödlicher Kick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
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mit ihren mageren Fingerchen einen Bruch zustande gebracht haben. Und eine Blutung im Gehirn konnte noch Tage später tödlich enden, wenn die sich langsam anstauende Flüssigkeit im Schädelinneren allmählich das Hirn zerquetschte.
    In dem lächerlichen rosa Plüsch, mit blau geschlagenem Gesicht, nackten Beinen und strubbeliger, blonder Zottelfrisur sah ich aus, als würde ich schon eine ganze Weile im Esmeralda arbeiten.
    Ich verließ das Badezimmer und riss die Schubladen der Schminkkommode auf. Billiges Make-up, Lippenstifte, Kajal, Wimperntusche, Nagellack, Döschen und Fläschchen bildeten in der ersten Schublade ein wildes Durcheinander. Auf Kondome und Gleitgel stieß ich in der zweiten, dann ein Knäuel Reizwäsche, ausgelatschte High Heels, die vermutlich nie auf einer Straße getragen worden waren und – ein glänzend lackierter Holzdildo, der für alles, was ich mir vorstellen wollte, zu groß war.
    Ich drückte die Schubladen wieder zu.
    Meine Sachen blieben verschwunden.
    Verdammt.
    Vorsichtig bewegte ich die Klinke der Tür. Es war abgeschlossen. Ich rüttelte, doch die Tür war stabil und ziemlich dick.
    Als ich jetzt genau hinhörte, bemerkte ich Geräusche in der Wohnung: stumpfsinnige Dance-Rhythmen und Gekicher und Rauschen in den Wasserleitungen. Und irgendwo nicht allzu weit entfernt verrieten eindeutige Laute, dass im Esmeralda gearbeitet wurde.
    Ich wich von der Tür zurück.
    Auf einmal war es mir ganz recht, dass sie abgeschlossen war. Ich betrachtete das Bett. Auf der Matratze lagen mehrere große, aufgebauschte Kissen, deren Oberfläche bei näherer Betrachtung abwischbar war.
    Diesmal war ich mit Anlauf in die Scheiße gesprungen.
    Weil ich mich nicht wieder auf das Bett setzen wollte, kauerte ich mich schließlich in einer Zimmerecke auf den Fußboden, mit dem Rücken an der Wand. Meinen dröhnenden Kopf legte ich behutsam auf meinen Knien ab. Ich konnte nur hoffen, dass der Zimmerschlüssel nicht von außen im Schloss steckte.
    Ein Klacken ließ mich hochschrecken. Da war jemand an der Tür!
    Keine Ahnung, wie lange ich in der Ecke gehockt hatte. Meine nackten Beine waren steif gefroren und der Kopfschmerz hämmerte im Wechsel auf meinen Hinterkopf und meinen Kiefer ein.
    Nandi streckte ihren lackschwarzen Pferdeschwanz ins Zimmer.
    »Schschsch.« Sie legte einen Finger an die Lippen und ging neben mir in die Knie.
    »Alles gut. Alles gut«, redete sie auf mich ein wie auf ein verstörtes Kaninchen, das eben aus dem Maul des Fuchses entkommen war. »Ich dachte schon, Esmeralda hätte dir zu viel von den K.-o.-Tropfen gegeben. Sie ist weggefahren, zu Stani ins Krankenhaus. Ich soll solange aufpassen auf dich.«
    Das wertete ich mal als gute Nachricht.
    Ich packte Nandi am Plüschkragen ihres Bademantels: »Was habt ihr mit mir gemacht?«
    »Nichts!« Nandi schüttelte erschrocken den Kopf.
    »War hier irgendeiner im Zimmer, als ich bewusstlos war?«
    »Nein!« Sie schüttelte heftiger. »Esmeralda wusste nicht, was sie tun sollte. Also haben wir dir die Kleider weggenommen und dich eingesperrt, damit du nicht abhaust, bis Stani wieder zurück ist.«
    »Geduldig auf ihn warten werde ich hier jedenfalls bestimmt nicht!« Ich ließ ihren Kragen los und sprang auf. »Wo sind meine Sachen?«
    »Du kannst nicht gehen«, stellte Nandi klar. »Stani rastet aus, wenn wir dich laufen lassen.«
    Ich stürmte an Nandi vorbei durch die offene Tür, den Flur entlang in den Wohnbereich und – erstarrte.
    Der Raum war verwüstet. Als hätte ein außer Kontrolle geratener Abiturjahrgang seinen Abschluss gefeiert. Kissen lagen über den Boden verteilt und Dutzende leere Champagnerflaschen standen herum. Definitiv war in dieser Wohnung eine der berüchtigten Partys gefeiert worden, während ich unbekleidet und bewusstlos in einem der Zimmer gelegen hatte.
    Doch was mich erschaudern ließ, war der Esstisch. Die gestern noch blank polierte Glasplatte war mit angetrockneter, rotbrauner Flüssigkeit verschmiert, das Laminat unter dem Tisch bekleckert.
    Sah aus wie Blut.
    Was war hier heute Nacht geschehen?
    Romina lag schon wieder auf dem Sofa vor dem Fernseher und starrte wie hypnotisiert auf das Bild. Sie schien mich nicht zu bemerken.
    Das Frühstücksfernsehen lief. 6   :   47   Uhr, informierte mich eine große, rote Zeitanzeige unten im Bild.
    Die Brünette, bei der es sich vermutlich um Mirka handelte, sammelte lustlos ein paar Flaschen ein. Nandi tauchte hinter mir auf, wagte aber offenbar

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