Tödlicher Kick
pennen lassen, ohne eine Gegenleistung zu verlangen«, erinnerte ich.
»Aber nicht besonders lange«, grinste Danner.
Ich zog eine Augenbraue hoch: »Wenn mich mein Gedächtnis nicht täuscht, hab ich dich flachgelegt.«
»Eins zu null«, gab Danner sich geschlagen und griff nach seinem Kamillentee. »Du meinst also, Oran hatte seine soziale Ader entdeckt?«
»Ich habe nicht gesagt, dass ihm die ganze Sache nichts gebracht hat«, korrigierte ich. »Immerhin hat er sich mit der gefakten Beziehung ein überzeugendes Machoimage verpasst.«
»Damit Sophie Meister aufhört, ihm nachzulaufen?« Danner runzelte skeptisch die Stirn.
»Quatsch. Entweder wollte er wirklich als Jungfrau in die Ehe gehen, aber vor den Jungs nicht als Frauenversteher dastehen«, überlegte ich laut. »Oder …«
Danner ließ interessiert die Teetasse sinken.
»Du als Mann«, begann ich anders. »Was denkst du über einen Neunzehnjährigen, der nicht mit Frauen schläft und sich für die Interessen lesbischer Fans einsetzt?«
»Schwul«, kam die Antwort prompt. Danners Tasse klirrte auf den Tisch. »Dass er das mit seinem Superstecherimage vertuschen wollte, wäre logisch.«
»Wer stand Oran nah genug, um uns zu sagen, ob da was dran sein könnte?«, fragte ich mich.
»Dietmar Wöhler?«, schlug Danner vor.
»Stiernacken-Wöhler mit seiner Schwitz-oder-Stirb-Macke?« Ich schüttelte den Kopf.
»Sophie Meister hat wohl auch nichts geahnt, denn für sie wäre seine Homosexualität vielleicht tröstlicher gewesen, als gegen eine Prostituierte ausgetauscht zu werden.«
»Wir könnten seine Familie fragen«, meinte ich. »Die haben schließlich mit ihm zusammengelebt.«
Danner stützte die Stirn in die Hände. »Wenn da was dran ist, hat Curlys Stiefvater Oran Mongabadhi womöglich für etwas umgebracht, was er gar nicht getan hat«, sagte er bitter.
31.
VATER LÄUFT AMOK –
WURDE ORAN MONGABADHI SEIN VERHÄLTNIS ZU EINER PROSTITUIERTEN ZUM VERHÄNGNIS?
Unwillkürlich sah ich mich nach Curly um, als ich die Schlagzeile las. Doch am frühen Morgen war ich mit Danner allein in der Kneipe. Curly schlief wahrscheinlich noch zusammengerollt wie ein Baby auf unserem Sofa. Und Molle hantierte in der Küche.
Danners Handy kündigte eine SMS an.
Von seiner Benommenheit war heute nichts mehr zu spüren. Im Gegenteil, die Lethargie schlug in Arbeitseifer um. Während ich Zeitung las und Molle in der Küche Kaffee aufsetzte und die Brötchen in den Ofen schob, stellte Danner Marmelade, Nutella, Schinken und Käse auf den Tisch.
Glücklicherweise war Arbeitseifer nicht ansteckend. Ich ließ meine Füße auf dem leeren Stuhl liegen.
Auf einem der Fotos zum Artikel erkannte ich Ralfi Schmidtmüller trotz seines gepixelten Gesichts. Ein größeres, ansprechendes Bild zeigte den Chef der Mordkommission, Lennart Staschek, im Gespräch mit Polizeipräsidentin Klara Peters. Auf der Lieblingsmotivhitliste der Presse standen die beiden mittlerweile gleich hinter Heino und Hannelore.
Dringend tatverdächtig, den Fußballspieler Oran Mongabadhi getötet zu haben, ist seit gestern Ralf S. Bei S. handelt es sich um den Vater, der als ›Curly‹ bekannten Prostituierten, mit der Mongabadhi seit Monaten ein Verhältnis unterhielt. S. hat offenbar gestanden, Mongabadhi nach dem Fußballspiel am Samstagabend auf dem Parkplatz des Rewirpowerstadions getötet zu haben.
Ich seufzte.
Kriminalkommissar Lennart Staschek, Leiter der Mordkommission, und seine Chefin, Polizeipräsidentin Klara Peters, arbeiten wie immer Hand in Hand. Das neue Dreamteam scheint den Fall im Rekordtempo gelöst zu haben.
Hand in Hand!
Das hatte Lenny davon. Inzwischen existierten mehr Fotos von ihm und der Schlampe als von ihm mit seiner Frau. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis die ersten kreativen Journalisten ihm eine Affäre mit seiner Klara andichteten.
Molle schob einen Brötchenkorb auf den Tisch und verschwand gleich wieder, um den Kaffee zu holen.
»Es gibt zwei Möglichkeiten«, erklärte ich Danner.
Der hatte sich inzwischen neben mir niedergelassen und tickerte auf seinem Telefon herum.
Ich sprach trotzdem weiter: »Entweder lügt Ralfi Schmidtmüller, weil er glaubt, dass Curly die Mörderin ist, und er sie schützen will. Dann läuft der Mörder noch frei herum.«
»Oder?«, brummte Danner, ohne aufzusehen.
»Er sagt die Wahrheit. Dann war Mongabadhis Tod ein tragisches Missverständnis und wir ermitteln umsonst.«
Danner hatte das Handy sinken lassen und
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