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Tödlicher Kick

Tödlicher Kick

Titel: Tödlicher Kick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
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sprang beinahe fluchtartig vom Sofa und verschwand im Flur.
    Mysteriös. Die meisten Menschen, vor allem die in meinem Alter, blieben mir immer etwas fremd. Selbst bei meinen besten Freundinnen konnte ich das Alien-Gefühl nie ganz abstellen. Lena, Karo und Franzi gingen zur Schule, planten ihre Ausbildung und zankten mit ihren Eltern, während ich Danner vögelte und Verbrecher fing.
    Bei Curly war das anders. Keine Spur von kommunikativer Legasthenie, ich hatte das Gefühl zu verstehen, was in ihr vorging.
    »Was soll die Scheiße?«, zischte mich Danner an, als Curlys Mutter ihrer Tochter in deren altes Kinderzimmer folgte. »Wo willst du sie denn unterbringen?«
    »Sie kann auf dem Sofa pennen«, flüsterte ich zurück.
    »Meine Bude ist doch kein Obdachlosenasyl!« Danner tippte sich an die Stirn.
    »Aber meine«, erinnerte ich giftig an unsere neu geregelten Mietverhältnisse.
    Danner stutzte.
    »Sie ist eine Prostituierte, Lila«, protestierte er nicht mehr ganz überzeugend. »Und ihr letzter Freier ist zufällig tot.«
    »Dann lass besser deine Finger von ihr.«
    »Die hat uns ihr Märchen von der lustigen Frauen-WG erzählt und kein Wort darüber verloren, dass Stani die Miete kassiert! Die lügt wie gedruckt!«
    Ich sparte mir eine Antwort.
    »Und sie hat zugegeben, Oran Mongabadhi beklaut zu haben«, fiel Danner noch ein.
    »Was soll sie bei uns denn bitte stehlen?«
    Danner kapitulierte. »Bringt sie mich um, kriege ich die Fußballurne, verstanden?«
    30.
    »Was haben Sie gegen Ihre Großeltern, Moesha?«
    Ich fragte möglichst beiläufig, während ich einen frischen, dunkelblauen Bezug auf mein Daunenkissen zog.
    Curly deponierte ihre Reisetasche neben unserem zerschlissenen Sofa.
    Danner war im Erdgeschoss gleich in Richtung Kneipe abgebogen.
    »Sie haben nicht ausgesehen, als würden Sie sich über den Urlaub bei ihnen freuen.« Ich warf mein Kopfkissen auf das durchgesessene Polster.
    Curlys Lippen formten ein lautloses Wort, das verdächtig nach ›Fuck‹ aussah, während sie eine Kinderzahnbürste mit Prinzessinnenaufdruck aus ihrer Tasche kramte.
    »Ist Oma ein Drachen? Spuckt sie Feuer?«
    Curly zuckte die Schultern.
    »Oder frisst Opa kleine Kinder?«
    »Sie mögen mich einfach nicht«, erklärte Curly knapp.
    Ich ließ nicht locker: »Weil Sie Schlagzeilen machen und die Nachbarn komisch gucken könnten?«
    Curly ließ die Arme sinken und richtete sich auf. »Nee. Schon immer.«
    Ich musterte sie abschätzend. Hatte sie auch den Klavierunterricht und die Ballettstunden sabotiert, bis sie rausgeflogen war? Hatte sie ihre Haare lila gefärbt? Gekifft, geraucht, gesoffen und mit zwölf einen Punk mit Läuseproblem auf dem nagelneuen Sofa flachgelegt?
    Das mit dem Ballettunterricht bezweifelte ich.
    Curly seufzte: »Meine Mutter kam mit zweiundzwanzig schwanger von einem Karibikurlaub zurück. Als ich schwarz zur Welt kam, musste meine Großmutter mit Riechsalz wiederbelebt werden.«
    Ach so. Daher wehte der Wind.
    »Dabei kommt meine Großmutter selbst aus Schlesien«, setzte Curly verständnislos hinzu.
    »Was ist mit Opa?«, erkundigte ich mich.
    Curly zupfte an ihrem Kapuzenpullover. Heute war er grün, sauber und mit Baseballmotiv versehen. Und wieder zu groß.
    »Hat er zugeschlagen?«, riet ich.
    In den langen Ärmeln ballte Curly die Fäuste.
    »Gegrapscht?«
    »Wer hat dir das alles erzählt?«, explodierte Curly.
    Verdammt. Ich griff mir an die Stirn.
    Der Grund, aus dem ich mich ausgerechnet Curly so ungewohnt nah fühlte, lag auf der Hand: weil auch sie ein Opfer war. Scheiße.
    »Woher weißt du das alles über mich?« Ihre sonst angenehm raue Stimme verwandelte sich in ein heiseres Kreischen.
    »Bin ich Privatdetektivin oder nicht?« Höchste Zeit für den Themenwechsel. »Bist du eigentlich freiwillig für Stani anschaffen gegangen?«, erkundigte ich mich scharf. »So richtig mit Spaß an dem Beruf?«
    Treffer. Curly hatte meine Frage nicht kommen sehen. Vor Überraschung fiel ihr die Prinzessinnenzahnbürste aus der Hand.
    »Hättest du schon mal den ungewaschenen Schwanz eines Fremden im Mund gehabt, würdest du dir solche Fragen sparen«, schoss sie blitzartig zurück.
    Ihre Worte trafen mich wie eine Faust in die Magengrube.
    »Jetzt wirst du mal richtig durchgefickt!«
    Ich zähle die Halogenstrahler über meinem Bett, während der Typ auf mir herumrutscht. Wie war noch mal sein Name? Mein Blick wandert auf die verfilzten Dreadlocks, die er mit einem gammeligen Haargummi im

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