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Tödlicher Kick

Tödlicher Kick

Titel: Tödlicher Kick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
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wissen.
    Der Arzt wiegte den Kopf hin und her. »Wenn er es bis ins Krankenhaus schafft und die Notoperation übersteht, vielleicht. Es kommt natürlich auch drauf an, wie schnell Sie mit der Herzdruckmassage anfangen konnten. Wenn sein Kreislauf länger als vier Minuten stillgestanden hat, ist das Gehirn irreparabel geschädigt.«
    Vier Minuten. War der Angreifer tatsächlich noch im Haus gewesen, als wir das Treppenhaus betreten hatten? Ich versuchte zu schätzen, wie lange wir gebraucht hatten, um die richtige Wohnung zu finden.
    Im Nachhinein kam es mir ewig vor.
    Ganz sicher länger als vier Minuten.
    Danner griff sich an die Glatze, wo seine Finger rote Abdrücke hinterließen. Der Notarzt hielt ihm einige in Plastik verpackte Desinfektionstücher hin.
    Nachdenklich sah ich mich in Serkan Göcays Wohnung um. Es war eine Mischung aus Jugendzimmer und Bruchbude mit Relikten einer muslimischen Kindheit.
    Muckis, Goldkettchen und ein Gebetsteppich.
    Hatte der Junge den Macho gespielt und das mit der Muttermilch aufgesaugte Patriarchat einfach nicht abschütteln können?
    Oder hatte er es gezielt benutzt, um zu vertuschen, dass er in Wirklichkeit Männer liebte?
    Oder eine Mischung aus beidem? Konnten sich Homosexuelle nicht wie andere Menschen auch für Kraftsport, Fußball und Bushido begeistern?
    Na ja, zumindest für Fußball und Kraftsport?
    »Ihr Kumpel Staschek hält seine schützende Hand nicht mehr über Sie, Danner«, frohlockte die Wegner gehässig. »Der braucht im Augenblick selbst Hilfe von höherer Stelle.«
    Die hagere Kriminalkommissarin versprühte mal wieder den Charme einer Hyäne.
    »Göcay hat im gleichen Fitnessstudio wie Oran Mongabadhi trainiert.« Danner zupfte ein Reinigungstuch aus der Verpackung. »Wenn Sie rausfinden, was er mit dem Mord zu tun hat, können Sie gern bei uns vorbeikommen und Bericht erstatten. Wir geben Ihnen auch ein Bier aus.«
    Die Wegner schnaufte verächtlich.
    Der Sänger auf dem Poster beobachtete uns mit Gangsterblick.
    Oran Mongabadhi war ziemlich geschickt darin gewesen, seine sexuelle Identität zu verbergen. Warum sollte Serkan das nicht auch gelingen?
    Das Poster eines Gangsterrappers war zur Verschleierung ebenso gut geeignet wie die Affäre mit einer Prostituierten.
    37.
    Es war beinahe dunkel, als wir zu Hause ankamen.
    Danner blieb einen Augenblick lang in der Tür stehen und ich fragte mich, ob er in diesem Moment auch mitten im Mai das Gefühl hatte, aus einer klirrend kalten Winternacht an ein knisterndes Feuer zu treten.
    Molle stand hinter der Zapfanlage und schob die Biergläser auf die Theke, während Curly und Danners Mutter die Gäste bedienten. Zu meinem Erstaunen schien das Kellnern auf beide Frauen den Effekt eines Wellnesswochenendes auszuüben.
    Gitta trug jetzt einen aquamarinblauen Wickelrock zu einer Flatterbluse, Curly hatte eine von Molles Schürzen um ihren weiten Kapuzenpulli gewickelt.
    Der Dicke zwinkerte mir zu und gab Danners Mutter ein Zeichen. Kaum sanken Danner und ich erschöpft an den Tisch an der Theke, schob Gitta uns bereits dampfend heiße Teetassen unter die Nase.
    »Kein Alkohol?«, erkundigte sie sich mit Blick auf Danners Kamillengetränk.
    Danner warf ihr einen verständnislosen Blick zu. »Das Zeug ist pures Gift, Mutter. Gerade du solltest das eigentlich wissen.«
    Unsere Blicke trafen sich. Das belustigte Glitzern seiner grauen Augen verursachte ein Kribbeln in meiner Brust.
    »Schön, dass du so vernünftig bist«, nickte Gitta anerkennend und verschwand mit drei Jägerschnitzeln in Richtung VfL -Stammtisch.
    Danner legte die Hände um seine Teetasse, als müsste er sich wärmen.
    »Meinst du, auf Serkan ist geschossen worden, weil wir ihn befragen wollten?«, sprach ich aus, was ich schon die ganze Zeit befürchtete. »Oder war das nur ein schiefgegangener Einbruch?«
    »Detektivregel Nummer fünf: Zufälle sind seltener, als man glaubt«, murmelte Danner. »Der Täter ist gezielt in Serkans Wohnung gegangen und hat ihn niedergeschossen.«
    »Ein Mordversuch? Um vier Uhr nachmittags in einem Mehrfamilienhaus?«
    »Mit Schalldämpfer und bei dem Kinderlärm nebenan möglich, wie man sieht. Allerdings muss der Täter extrem abgebrüht sein.«
    »Denkst du, jemand wollte verhindern, dass wir mit Serkan sprechen?«, wiederholte ich meine Frage. »Niemand wusste, dass wir ihn besuchen wollten. Außer …«
    »Dietmar Wöhler«, nickte Danner. »Hab ich auch schon dran gedacht. Aber wieso sollte er uns erst den Tipp

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