Tödlicher Kick
er mit einem Blick in ihren dekorativ präsentierten Ausschnitt fest.
Sie richtete sich auf und rückte mit einem anzüglichen Grinsen ihren BH zurecht. Mir warf sie einen triumphierenden Blick zu, den ersten überhaupt.
Tusse!
Doch ihr Seitenhieb saß. Der Hexe konnte ich nicht das Wasser reichen. Die war giftig wie eine Feuerqualle, bloßes Berühren führte bereits zu Hautausschlag und Erbrechen. Sie flachzulegen, wäre für einen Adrenalinjunkie bestimmt ein ähnlicher Nervenkitzel, wie ungesichert den Förderturm des Bergbaumuseums hochzuklettern. Oder?
»Lenny hat ein Mal zu viele Interna ausgequatscht«, stellte Klara fest. »Ich schicke dir seinen Kopf als Paket mit Schleifchen. Verlass dich drauf.«
Sie wandte sich ab.
»Weißt du, was dein Problem ist, Klara?«, rief Danner ihr nach. »Du kannst die echten Arschkriecher noch immer nicht von denen unterscheiden, die nur deine Füße küssen, weil sie dabei so bequem an deinem Stuhl sägen können.«
36.
Der Eingang zu dem Mietshaus, in dem Serkan Göcay wohnte, lag in einem Hinterhof. Ein Hinterhof von der mit Graffiti beschmierten Sorte, mit Unkraut in Blumenkübeln und überquellenden Mülltonnen.
Auf einem Balkon ziemlich weit oben entdeckte ich eine dicke, rauchende Frau und irgendwo weit entfernt terrorisierte ein Kind die Nachbarn mit einem Wutanfall.
Ich warf einen Blick auf die neben der Tür aufgereihten Klingelschilder. Einige waren gar nicht erst beschriftet worden, andere unleserlich. S. Göcay stand auf einem von Wasser durchweichten Einlegeblättchen ziemlich weit unten.
Ich drückte die Klingel, während Danner sich bückte und nachdenklich das Türschloss betrachtete.
Die Tür war so alt wie das Haus, braunes Holz, das schon vor längerer Zeit einen Anstrich nötig gehabt hätte. Auf Höhe des Schlosses war das Holz ausgebrochen und zersplittert, als hätte sich jemand mit einer Brechstange daran zu schaffen gemacht. Die Spuren sahen ziemlich frisch aus, denn die zersplitterten Stellen waren noch nicht nachgedunkelt.
Ich klingelte noch einmal, während Danner sein Portemonnaie aus der Tasche zog und seine EC-Karte betrachtete. Ich holte meine eigene Geldbörse hervor, fummelte eine Kundenkarte vom Klamottendiscounter heraus und hielt sie ihm hin.
Danner schob die Plastikkarte zwischen Türblatt und Rahmen. Es klackte, als er mühelos die Falle aus dem Schloss drückte und die Tür entriegelte.
Mein Blick wanderte automatisch zu der Frau auf dem Balkon hinauf. Doch da oben konnte sie unmöglich was mitbekommen haben.
Ich spähte in den schmalen Hausflur. Er war düster und unbeleuchtet, das schwarz-weiße Muster der gefliesten Treppenstufen war abgetreten, die grauen Wände beschmiert. Ein etwa hüfthoher, gelbbrauner Fleck sah aus, als hätte sich jemand den Weg zur Toilette erspart. Und wenn ich ehrlich war, sprach nicht einmal der Geruch gegen diese Theorie.
Hier wohnte Serkan?
Im Fitnessstudio hatte der junge Mann mit dem lackschwarzen Pferdeschwanz, dem lang gezogenen Kinn und dem athletischen Körper einen durchaus gepflegten Eindruck auf mich gemacht.
Im Flur herrschte eine geradezu gespenstische Ruhe.
Als wir die vier Wohnungstüren auf dem ersten Treppenabsatz erreichten, erklärte sich die Stille: Von vier Parteien war nur eine bewohnt. Ich bemerkte einen weiteren Fleck, einen ziemlich großen, diesmal an der Flurdecke. Der Putz hatte sich dunkel verfärbt, die graue Stelle zog sich an der Wand herunter. Sah nach einem alten Wasserschaden aus.
Weiter oben wurde wieder Kinderlärm laut.
Wir stiegen die Stufen hinauf. Ich überflog die Klingelschilder im zweiten Stock auf der Suche nach S. Göcay, als unter uns plötzlich Bewegung im Treppenhaus zu hören war. Jemand rannte, dann fiel die Haustür krachend zu, sie schloss nicht und sprang wieder auf.
Danner war ans Treppengeländer gehechtet und sah hinunter.
Mich beschlich ein mulmiges Gefühl, das sich zwischen meinen Schulterblättern festkrallte.
»Vielleicht ist der Schaden an der Haustür frischer als gedacht?« Ich flüsterte automatisch.
Danner schüttelte den Kopf: »Welcher intellektuelle Tiefflieger bricht denn am Spätnachmittag ein?«
Obwohl Danner natürlich recht hatte, beschleunigte sich mein Herzschlag, als wir weiter die Treppe hochliefen. Das Kindergeschrei wurde lauter. Eine Mutter versuchte für Ruhe zu sorgen, indem sie die kreischenden Kleinen übertönte. Die Quelle des Lärms war leicht zu identifizieren: Vor der Wohnungstür
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