Tödlicher Mittsommer
hatte, die Stadt zu verlassen.
Thomas zeigte auf das kleinere Zimmer.
»Ich das Schlafzimmer und du das Wohnzimmer?«
»Okay. Soll ich nach etwas Besonderem suchen?«
»Nein, es ist nur so ein Gefühl, als ob wir etwas übersehen hätten. Einen Schlüssel zu einem Bankschließfach zum Beispiel, in dem er Schwarzgeld versteckt hat, oder etwas anderes, das ihn mit Sandhamnin Verbindung bringt.« Thomas zuckte entschuldigend die Achseln. »Genaueres kann ich leider auch nicht sagen.«
Carina zog die weißen Gummihandschuhe hervor, die sie von der Wache mitgenommen hatten, und reichte mit ernster Miene Thomas ein Paar. Man merkte, dass sie versuchte, professionell aufzutreten.
Methodisch begann er das Schlafzimmer noch einmal zu durchsuchen. Kippte jede Schublade der grauweißen Kommode auf dem Bett aus, durchsuchte den Inhalt und sortierte ihn. Nach der Kommode war der Kleiderschrank an der Reihe. Er enthielt nichts Besonderes. Ein paar schwarze Hosen, mehrere abgetragene Jeans, eine Windjacke mit dem Logo des Systembolaget auf dem Rücken.
Über die Schublade des Nachtschranks erging die gleiche Prozedur, ebenso über die Schrankfächer.
Unter dem Bett standen zwei Kisten voller Männermagazine. Die unterschiedlichsten Frauen, überwiegend Blondinen, posierten in diversen Stellungen, die kaum etwas der Fantasie überließen. Es wirkte eher traurig als aufreizend.
Nach einer Stunde hatte Thomas jeden einzelnen Gegenstand in dem kleinen Zimmer in der Hand gehabt und untersucht. Er hatte nichts Neues gefunden, aber was hatte er auch erwartet? Die Spurensicherung hatte ja schon alles auf den Kopf gestellt, erfolglos.
Seufzend machte er den Rücken gerade und ging ins Bad. Weder der weiße Badezimmerschrank noch die schmalen Nischen hinter der Badewanne, noch die Toilette boten Überraschendes. Kein Wunder. Dass Geheimpapiere an der Rückseite der Kloschüssel klebten, kam wohl nur in Fernsehkrimis vor.
Er massierte sich den Nacken und straffte die Schultern. Dann ging er zu Carina ins Wohnzimmer. Sie saß auf dem Fußboden und sah systematisch alles durch, was im Bücherregal gestanden hatte. Auf dem Schoß hatte sie ein Fotoalbum, eines von mehreren, die im untersten Regal standen. Die Videokassetten hatte sie schon überprüft, die stapelten sich nun auf dem Tisch. Die Regalschubladen waren herausgezogen und standen auf dem Sofa.
Thomas stellte eine der Schubladen, die allerlei Papiere und Kleinkram enthielt, vorsichtig zur Seite und setzte sich.
»Kommst du voran?«
»Geht so.«
»Wie sieht es mit seinen Finanzen aus?«
»Ich habe die Rechnungen der letzten Jahre durchgeblättert, aber da ist nichts Auffälliges. Seine Kontoauszüge hatten wir ja schon unter die Lupe genommen und keine merkwürdigen Ein- und Auszahlungen gefunden. Falls er Schwarzgeld angenommen haben sollte, hat er es nicht auf sein Bankkonto gebracht, so viel steht fest.«
»Deshalb nehme ich an, dass es einen Schlüssel zu einem Bankschließfach oder etwas Ähnlichem geben muss, den wir übersehen haben. Er war sicher schlau genug zu wissen, dass man schmutziges Geld nicht aufs Sparkonto legt.«
Carina zeigte auf einen Stapel Zeitschriften.
»Ich habe mehrere Dutzend Motorsportmagazine und haufenweise Reiseprospekte durchgesehen, ohne was zu finden.«
»Das sehe ich.«
Thomas nahm eine Ausgabe der »Motorsport« von 2004 und blätterte sie ziellos durch.
»Ich dachte, ich blättere noch mal seine Fotoalben durch. Sicherheitshalber. Du könntest dir vielleicht auch eins nehmen? Es sei denn, du willst mit der Küche weitermachen.« Sie zeigte fragend auf die Alben.
Thomas zog wortlos ein Fotoalbum aus dem Regal. Es sah nicht gerade neu aus. Die Seiten war angegilbt, und unter einigen Bildern hatte sich die Klebschicht gelöst. Lauter Fotos von der Frau, deren gerahmtes Porträt auf der Kommode stand. Mit säuberlicher Handschrift war jeweils das Aufnahmedatum vermerkt und wer auf den Fotos zu sehen war.
Das musste Kristers Mutter gemacht haben, denn es sah nach der Handschrift einer Frau aus. Außerdem war es schwer vorstellbar, dass Krister Berggren der Typ Mann gewesen sein sollte, der sorgsam Foto für Foto in ein Album klebte.
Wahrscheinlich hatte er die Sammlung von seiner Mutter geerbt.
Vorsichtig blätterte Thomas die Seiten um. Mehrere Fotos waren schon gelbstichig. Auf einem sah man Krister und Kicki Berggren in einem alten Volvo Amazon. Da es ein Schwarz-Weiß-Foto war, konnte man nicht sehen, welche Farbe das Auto
Weitere Kostenlose Bücher