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Tödlicher Mittsommer

Tödlicher Mittsommer

Titel: Tödlicher Mittsommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viveca Sten
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Personalvermittlung namens Sandelin & Partner mit allen Kandidaten Bewerbungsgespräche führen würde. Falls Nora Interesse habe, werde die Firma sich bei ihr melden, um einen Termin zu vereinbaren.
    Sie überlegte, wie sie es Henrik erzählen sollte. Ein Umzug nach Malmö stand mit Sicherheit nicht ganz oben auf seiner Wunschliste. Andererseits hatte sie damals ihr Gerichtsreferendariat in Visby absolviert, weil er dort seinen Dienst als Arzt im Praktikum leisten musste. Außerdem hatte sie bei beiden Kindern die gesamte Elternzeit genommen, damit er seine Facharztausbildung abschließen konnte. Sie hatte das Gefühl, dass sie nun auch mal an der Reihe war.
    Nasser Tang klatschte gegen ihre Beine und riss Nora aus ihren Tagträumen.
    »Aufhören!«, kreischte sie. »Das ist eiskalt!«
    Simon lachte übers ganze Gesicht und bückte sich, um eine neue Ladung Tang aufzunehmen.
    Nora riss beide Arme hoch. Lieber gut kapituliert als schlecht gekämpft.
    »Ich ergebe mich, ich ergebe mich auf der Stelle«, flehte sie, während ihr Sohn den nächsten Wurf vorbereitete.
    Plötzlich hörte sie ein Motorengeräusch, das immer lauter wurde. Sie hielt schützend eine Hand über die Augen und blinzelte aufs Wasser hinaus. Das sah genauso aus wie Thomas’ Aluminiumboot, ein Buster. Als das Boot näher kam, erkannte sie auch ganz richtig Thomas am Steuer. Nach einer weiten Kurve verringerte er die Geschwindigkeit und drehte am Steg bei.
    »Tag«, sagte Henrik und streckte die Hand aus. »Na, schon wieder Sehnsucht nach uns?«
    »Du kommst genau richtig zum Kaffee«, ergänzte Nora. »Setz dich, ich hole schnell noch eine Tasse.«
    »Tut mir leid, ich kann nicht.«
    Thomas sah nicht froh aus.
    »Ich wollte fragen, ob ich mein Boot für ein paar Stunden bei euch lassen kann. Der Hafen ist voll, und an der Arztbrücke liegen schon das Polizei- und das Arztboot.«
    Nora musterte ihn genauer. Seine Augen waren ernst.
    »Was ist denn passiert?«
    »Man hat noch eine Leiche gefunden. Ich bin unterwegs dorthin, um mir die Sache anzusehen.«
    Nora durchlief es eiskalt.
    »Wo denn?«
    »Im Missionshaus. Die Putzfrau hat sie entdeckt, als sie das Zimmer in Ordnung bringen wollte. Die Leiche ist anscheinend ziemlich übel zugerichtet. Ist es okay, wenn ich das Boot so lange bei euch lasse? Ich weiß nicht genau, wann ich es wieder abholen kann.«
    »Natürlich. Du kannst immer bei uns anlegen, das weißt du doch.«
    Henriks und Noras Blicke begegneten sich. Fast gleichzeitig drehten sie sich zu den Kindern um, die am Ufer spielten. Nora konnte esnicht glauben. Zwei Todesfälle auf Sandhamn innerhalb einer Woche. Auf ihrer Sommerinsel. Es kam ihr unwirklich vor. Hier, wo sie noch nicht mal die Tür abschloss, wenn sie das Haus verließ.
    Nora wurde von einem plötzlichen Impuls gepackt, die Kinder an sich zu drücken und nie wieder loszulassen.
    Wo sollte das hinführen?

[Menü]
Kapitel 17
    Thomas ging mit schnellen Schritten die schmalen Gassen zum Missionshaus hinauf.
    Das weiße Gebäude lag neben der Schule, unterhalb des Hügels, auf dem Sandhamns Kapelle stand. Von Noras Bootssteg aus war es höchstens ein halber Kilometer bis dorthin, wenn überhaupt. Würden keine Häuser dazwischenstehen, hätte man das Missionshaus von ihrem Küchenfenster aus sehen können.
    Als Ende des neunzehnten Jahrhunderts die freikirchliche Welle über den Schärengarten schwappte, hatte man sich in dem kirchenähnlichen Haus zum Gottesdienst versammelt. Es war das erste geistliche Gebäude auf Sandhamn, da man der Inselbevölkerung den Wunsch nach einer eigenen Kirche schon seit dem achtzehnten Jahrhundert immer wieder abgeschlagen hatte. Meistens hatte die Gemeinde aus vierzehn oder höchstens fünfzehn enthusiastischen Mitgliedern bestanden.
    Seit einigen Jahren nutzte man das Missionshaus als Pension sowie als Veranstaltungslokal für die verschiedenen Konferenzen, die von »Sandhamns Värdshus« arrangiert wurden. Der große Gebetssaal war zum Frühstücksraum umfunktioniert worden und diente ab und zu auch als Festsaal. Es war ein schönes Haus, schlicht und doch stilvoll. Ein Gebäude geprägt von vergangenen Zeiten.
    Und jetzt lag eine Leiche im Obergeschoss.
    Thomas nickte den uniformierten Polizisten, die er kannte, kurz zu und öffnete die Pforte des weißen Lattenzauns, der das Eckgrundstück mit dem Missionshaus umrahmte. Am Fuß der Außentreppe standen mehrere Gartenstühle und – tische. Krüge mit gelben und blauen Stiefmütterchen

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