Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tödlicher Mittsommer

Tödlicher Mittsommer

Titel: Tödlicher Mittsommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viveca Sten
Vom Netzwerk:
brachten ein wenig Farbe auf das ansonsten sandige Gelände, das ebenso wie der Rest von Sandhamn nur einige welke Grashalme zu bieten hatte.
    Die Haustür stand offen, und Thomas ging rasch die Treppe hinauf in den Eingangsbereich.
    Aus dem großen Saal drangen Schluchzer und aufgeregte Stimmen. Sein Blick fiel auf eine völlig aufgelöste, weinende Frau, die in einer Ecke auf einem Stuhl saß. Neben ihr stand eine ältere Frau, die beruhigend auf sie einzureden versuchte, obwohl auch sie weinte. Im Raum befand sich außerdem noch ein Polizist.
    Als Thomas hineinging, blickten die drei auf.
    »Unsere Anna hat die Leiche gefunden.« Die ältere Frau zeigte mit dramatischer Geste auf die Weinende. »Als sie in Nummer vier putzen wollte«, fügte sie hinzu.
    Thomas ging zu der Frau auf dem Stuhl, die sich vor und zurück wiegte. Man konnte sehen, dass sie schon eine ganze Weile geweint hatte; ihre Augen waren rot und verquollen. Er fragte sich, wie es möglich sein sollte, sie zu befragen. Vermutlich war aus ihr kaum etwas Sinnvolles herauszubekommen, solange sie sich nicht beruhigte.
    Er wandte sich der anderen Frau zu, die einen etwas gefassteren Eindruck machte.
    »Thomas Andreasson vom Polizeirevier Nacka. Sie arbeiten hier?«
    Die Frau nickte, während sie weiterhin der weinenden Frau tröstend über den Rücken strich.
    »Mein Name ist Krystyna, ich bin die Geschäftsführerin hier und leite das Haus«, sagte sie mit kräftigem slawischen Akzent, bevor ihre Stimme versagte. Ihre Unterlippe zitterte, aber sie atmete tief durch und fuhr gepresst fort: »Es war das Schlimmste, was ich jemals gesehen habe. Ganz furchtbar. Wie kann so etwas hier bei uns nur passieren?« Sie schlug die Hand vor den Mund und wandte sich ab.
    Thomas holte seinen Notizblock und einen Stift hervor. Das Schluchzen der Putzfrau ebbte ein wenig ab und ging in ein leises Murmeln über.
    »Können Sie mir sagen, wann die Tote gefunden wurde?«, fragte er die Leiterin.
    Sie drehte sich wieder zu ihm um und schaute unsicher zur Uhr, die an der Stirnwand des hellen Raumes hing.
    »Wir haben die Polizei gerufen, so schnell wir konnten«, sagte sie mit tränenerstickter Stimme. »Es kann nicht mehr als dreißig, vierzig Minuten her sein. Anna hatte schon mehrmals angeklopft, weil sie das Zimmer sauber machen wollte, aber nie eine Antwort erhalten. Also hat sie erst die anderen geputzt, bis nur noch Nummer vier übrig war.«
    »Die Tür war verschlossen?«, fragte Thomas.
    Die Putzfrau nickte.
    »Ja«, wimmerte sie. »Ich musste meinen eigenen Schlüssel benutzen.«
    »Haben Sie noch mehr Gäste?«
    Die Leiterin nickte ängstlich. »Wir sind voll belegt, aber im Moment ist niemand im Haus. Alle bleiben übers Wochenende, sie kommen heute Abend zurück.«
    Sie hatte eine bunt karierte Schürze um, es sah aus, als sei sie beim Brotbacken gestört worden, denn sie hatte Mehl an der Schürze und an beiden Armen. Am hinteren Ende des großen Saals konnte er durch eine halb offen stehende Tür mit massiver Klinke die Küche erahnen.
    Thomas beschloss, nach oben zu gehen und sich umzusehen, bevor er die Frauen weiter befragte. Besser, er brachte es gleich hinter sich. Er wandte sich an den Kollegen, der in den Dreißigern sein mochte.
    »Kannst du mir den Weg zum Zimmer zeigen?«
    Der Polizist ging vor, und Thomas folgte ihm die Treppe hinauf in einen schmalen Korridor, an dem die Gästezimmer lagen.
    Die Tür zu Nummer vier stand halb offen.
    Als er das Zimmer betrat, sah er den Rücken eines Menschen, der in unnatürlich regloser Stellung zusammengekauert lag. In der Luft hing ein unangenehmer, süßlicher Geruch nach Blut und Tod. Ein Geruch, der noch nicht in puren Gestank übergegangen war.
    Thomas sah sich in dem Raum um, der in einem altmodischen, romantischen Stil mit Holzwänden und Spitzengardinen eingerichtet war. Auf dem Schreibtisch stand eine kleine Vase mit Blumen, und an der einen Wand hing ein goldgerahmtes Gemälde mit einem Segelschiff.
    Die Sonne flutete durch das Fenster herein.
    Der Kontrast zwischen der anheimelnden Ferienpension und dem toten Körper im Bett hätte nicht größer sein können.
    Thomas trat an die Leiche heran und bemerkte eine große Beule an der rechten Schläfe, die Haut drumherum war kräftig verfärbt und wies blaue und rote Streifen auf. Über dem Ohr und in den Haaren war ein wenig getrocknetes Blut. Anschließend ging er um das Bett herum, um sich das Gesicht genauer anzusehen.
    Plötzlich erkannte er, wer das

Weitere Kostenlose Bücher