Tödlicher Mittsommer
war.
Vor ihm lag Kicki Berggren, Krister Berggrens Cousine.
Er beugte sich hinunter. Ihre Augen starrten ihn glasig an. Bis auf einen roten Slip war sie vollkommen nackt. Ihre Brüste lagen schlaff auf der Matratze. Die Bettdecke war zur Seite geschoben, und die Kleider lagen im Zimmer verstreut. Es gab keine Spuren, die darauf hindeuteten, dass sich eine weitere Person in dem Zimmer aufgehalten oder es bewohnt hatte.
In der Handtasche aus Jeansstoff, die auf dem Boden lag, fand er eine Brieftasche mit Führerschein, der die Tote als Kicki Berggren auswies.
Er griff nach seinem Handy und wählte die Nummer seiner Dienststelle.
»Thomas hier. Ich habe mir die Leiche angesehen. Sorgt dafür, dass die Gerichtsmedizin diesen Fall vorzieht. Wir müssen uns wohl doch noch mal Gedanken über Krister Berggrens Tod machen. Das hier ist seine Cousine. Und sie wurde grob misshandelt.«
Als das Team der Spurensicherung im Missionshaus eintraf, war es bereits Mittag. In der Zwischenzeit war die Umgebung nach allen Regeln der Kunst abgesperrt worden. Von der Leiterin hatte er eine Liste mit den Namen der anderen Gäste bekommen. Es war ihm sogar gelungen, einige von ihnen zu erreichen und kurz zu befragen. Niemand hatte ihm etwas Nennenswertes zu berichten.
Die Leiterin war nicht erfreut, als er ihr mitteilte, dass das gesamte Missionshaus nun als Tatort gelte und sorgfältig untersucht werden müsse. Sie dürfe nichts anfassen und das Zimmer, in dem Kicki Berggren gefunden wurde, auf gar keinen Fall sauber machen.
Seitdem war der Tag in rasendem Tempo vergangen. Die Kriminaltechniker hatten ihr Bestes getan, um so viele Spuren wie möglich zu sichern. Da die Zimmertür verschlossen gewesen war, als die Leiche entdeckt wurde, und es keine Anzeichen dafür gab, dass in dem Zimmer eine Auseinandersetzung stattgefunden hatte, taten sich jede Menge Fragen auf. Es konnte unter anderem bedeuten, dass der Fundort nicht der Tatort war, aber Thomas hütete sich, voreilige Schlüsse zu ziehen.
Er hatte mit dem Chef der örtlichen Polizeimeldestelle gesprochen, und sie hatten vereinbart, dass er ihren Besprechungsraum nutzenkonnte, um ein provisorisches Ermittlungsquartier einzurichten. Es lag auf der Hand, dass sie für die weitere Arbeit einen festen Standort auf Sandhamn brauchten. Die Ermittlungen hatten eine völlig neue Dimension erreicht.
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Kapitel 18
Himmel, Arsch und Wolkenbruch, dachte Jonny Almhult. Das hartnäckige Klopfen an der Haustür hörte einfach nicht auf. Sein Kopf fühlte sich an wie ein Ziegelstein, und mit seiner Zunge hätte er Mutters alten Kahn abschleifen können.
Er lag auf dem Bett, immer noch in denselben Klamotten wie gestern. Es war eine Qual, den Kopf vom Kissen zu heben. Keine Ahnung, welche Tageszeit es war, er wusste ja kaum, wo er sich befand.
Als er den Arm ausstreckte und nach dem Wecker tastete, stieß er eine halb volle Bierflasche um. Die braungelbe Flüssigkeit lief auf den Fußboden und wurde sofort vom Flickenteppich aufgesogen. Er fluchte wieder und sank aufs Kopfkissen zurück.
Das unbarmherzige Klopfen hielt unvermindert an.
»Aufhören. Ich komm ja schon.«
Die Worte klangen wie ein Krächzen.
»Jonny. Jonny!« Das war die Stimme seiner Mutter. »Bist du zu Hause?«
»Ja, Mama. Moment.«
Stöhnend setzte er sich auf und schwang die Beine über die Bettkante. Erhob sich unsicher und schwankte zur Haustür. Er öffnete und traf auf den forschenden Blick seiner Mutter. Unwillkürlich fuhr er sich verlegen mit der Hand über die Bartstoppeln.
»Wieso machst du nicht auf? Ich klopfe schon eine halbe Ewigkeit!«
Bevor Jonny antworten konnte, fuhr sie fort:
»Sag mal, weißt du eigentlich, wie spät es ist? Schon nach zwei! Ich begreife nicht, wie du um diese Tageszeit schlafen kannst. Die ganze Insel steht Kopf.«
Jonny starrte sie mit glasigem Blick an. Er hatte keine Ahnung, wovon sie redete. Er wollte nur eins: sich wieder hinlegen.
Ellen Almhult redete mit aufgeregter Stimme auf ihn ein.
»Hast du nicht gehört? Sie haben noch eine Leiche gefunden. Eine Frau, im Missionshaus.«
Jonny schluckte. Wenn bloß sein Kopf nicht so verflucht wehtunwürde. Er stützte sich am Türrahmen ab, um nicht zu schwanken, und spürte den Schmerz im Nacken hochkriechen.
»Wie sieht sie aus?«
Seine Stimme war heiser und rau.
»Ich habe mich kurz mit Krystyna unterhalten, du weißt, die Neue, die das Missionshaus im Frühjahr übernommen hat. Sie war völlig fertig.«
Jonny
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