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Tödlicher Mittsommer

Tödlicher Mittsommer

Titel: Tödlicher Mittsommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viveca Sten
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Haus war nicht groß. Es war falunrot gestrichen, wie so viele Häuser im Schärengarten. Mit weißen Eckpfosten und senkrechten Holzpaneelen. Auf dem Grundstück lag unbearbeitetes Holz gestapelt, hier und da standen ein paar heruntergekommene Bootsmotoren herum, die sicher irgendwann mal repariert werden sollten.
    Links und rechts neben der Tür standen zwei Töpfe mit prachtvollen Geranien. Eine Ampelschale mit einer großen lila Petunie hing an einer Birke im Garten.
    »Pflegst du die Blumen?«, fragte Thomas.
    »Nein, das macht Jonny«, antwortete Ellen. »Er hat einen grünen Daumen, ob du’s glaubst oder nicht. Er liest sogar diese Gartenzeitschriften, stell dir vor. Als erwachsener Mann.«
    Sie schüttelte leise den Kopf. Schwer zu sagen, ob aus Stolz auf ihren Sohn oder aus Sorge.
    Ellen öffnete die Tür und trat ein.
    »Jonny«, rief sie. »Jonny, bist du da?«
    Sie gingen weiter ins Haus hinein. Es war ein typisches Junggesellenhaus auf den Schären.
    Sand auf dem Fußboden in der Diele, Regenzeug, das an Wandhaken hing. In der Küche Fünfzigerjahre-Standard. Noch mehr schöne Geranien vor dem Fenster. Jonny konnte mit Blumen umgehen, so viel stand fest.
    Ein richtig großer Fernseher, bestimmt zweiundvierzig Zoll Bildschirmdiagonale, beherrschte das Wohnzimmer. Vermutlich als Zerstreuung an den langen dunklen Winterabenden, wenn Sandhamn leer und öde dalag und die Häuser der Sommergäste schon lange wieder verlassen waren, dachte Thomas. An den Wänden hingen mehrere schöne Aquarelle. Wahrscheinlich Jonnys eigene Werke, sie waren mit J.   A. signiert.
    Auf dem Wohnzimmertisch stand eine Batterie leerer Bierdosen und daneben ein Aschenbecher mit Zigarettenkippen. Thomas sah, dass mehrere der Kippen Lippenstiftspuren trugen.
    Im Haus roch es muffig und ungelüftet. Anscheinend hatte schon mehrere Tage lang niemand mehr ein Fenster geöffnet. Auf der Küchenspüle standen Bierflaschen, und in einer Papiertüte auf dem Fußboden neben dem Kühlschrank lagen noch mehr leere Bierbüchsen.
    Ellen verschwand in einem Raum neben der Küche.
    »Im Schlafzimmer ist er nicht«, sagte sie, als sie wieder zurückkam. »Dann ist er bestimmt in der Kneipe. Er ist oft da, wenn er nicht zu Hause ist. Hast du versucht, ihn auf seinem Handy anzurufen?«
    »Ich habe seine Nummer nicht, aber ich notiere sie mir gern.«
    Thomas holte seinen Block heraus, um die Nummer aufzuschreiben.
    »Hast du heute schon mit ihm gesprochen?«, fragte er.
    »Nein. Er fühlte sich nicht ganz auf dem Damm, und da wollte ich nicht stören.«
    Ellen wirkte etwas betreten, sie sprach zögernd und wandte den Blick ab.
    »Was meinst du mit ›nicht auf dem Damm‹?«
    Jonnys Mutter machte ein unglückliches Gesicht. Sie zog den Gürtel des Morgenmantels fester zu und steckte die Hände in die Taschen. Beschämt sagte sie mit leiser Stimme:
    »Er hatte getrunken, als ich neulich bei ihm anklopfte.«
    »Wann war das?«
    »Letzten Samstag.«
    »Um welche Uhrzeit?«
    »Das weiß ich nicht mehr genau. Es war wohl später Vormittag, so gegen zwölf vielleicht.«
    »Und da war er betrunken?«
    »Ja, wenn auch nicht sehr. Aber ein paar Biere hatte er schon intus.« Ellen schürzte plötzlich die Lippen. »Ich weiß, wie sie dann aussehen, die Kerle, wenn sie getrunken haben.«
    »Hat Jonny eine Freundin?«, fragte Thomas.
    »Nicht dass ich wüsste«, antwortete Ellen leise. »Er hat nicht gerade Schlag bei den Frauen. Er ist schüchtern, genau wie sein Vater.« Sie zögerte einen Moment. »Aber nett, sehr nett. Er könnte keiner Fliege was zuleide tun.«
    Thomas sah zur Wand in der Diele, an der eine weiße Jeansjacke mit glitzernden Nieten zwischen dem Regenzeug hing.
    »Ist das deine?«, fragte er wider besseres Wissen.
    »Na hör mal«, sagte Ellen und sah ihn gekränkt an. »Wie sollte das wohl aussehen, wenn ich in meinem Alter mit so was herumlaufen würde!«
    »Weißt du, wem sie gehört?«
    Sie blickte ihn ratlos an.
    »Keine Ahnung, ich hab die noch nie gesehen.«
    Thomas nahm die Jacke vom Haken und durchsuchte vorsichtig die Taschen. Vor sich sah er das Bild von Kicki Berggren, als er sie am Empfang der Polizeiwache abholte. Da hatte sie genau so eine weiße Jeansjacke angehabt.
    Das konnte kein Zufall sein.
    In einer der Tasche fand er eine halb leere Schachtel Prince. Mit einer Zigarettenschachtel dieser Marke hatte Kicki Berggren während ihres Gesprächs nervös gespielt. In der Brusttasche steckte ein Kammmit ein paar langen blonden

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