Tödlicher Mittsommer
Haaren darin. Völlig ausreichend für eine DNA – Analyse, falls sie eine brauchen sollten.
Er ging zur Haustür, drehte sich dann aber um und kehrte ins Wohnzimmer zurück. Irgendetwas dort hatte seine Aufmerksamkeit erregt. Nachdenklich ließ er den Blick über die Wände gleiten. Musterte das Sofa, den Fernseher, die Stereoanlage.
Dann kam er darauf, was es war.
Unter dem Wohnzimmerfenster war ein Heizkörper. Es war ein gewöhnlicher, hässlicher grauer Heizkörper derselben Art, wie es sie in Tausenden schwedischer Wohnzimmer gab. Rechteckig, mit einem Drehknopf oben rechts, um die Wärme zu regulieren. An der einen Ecke dieses Heizkörpers war ein verkrusteter bräunlicher Fleck.
Außerdem sah es so aus, als klebte ein blondes Haar an der braunen Kruste. Es war kein sehr großer Fleck, aber er war da.
Er achtete sorgfältig darauf, ihn nicht zu berühren.
»Ellen, ich muss die Spurensicherung holen, damit sie das gesamte Haus untersuchen. Du darfst es nicht mehr betreten, bis sie damit fertig sind.«
Ellen sah ihn erschrocken an.
»Was sagst du da? Was sollte denn die Polizei in Jonnys Haus zu suchen haben?«
Thomas fühlte Mitleid mit der älteren Frau. Sie hatte die Arme fest vor dem Oberkörper verschränkt, wie um sich vor etwas zu schützen, das sie nicht hören wollte. Ihre altersblassen Lippen waren kaum von ihrer Gesichtsfarbe zu unterscheiden, wenn sie den Mund zusammenkniff, um ihre Unruhe zu bändigen.
»Ich habe eine andere Frage«, fuhr Thomas fort. »Hast du oder hat Jonny noch welche von Georgs Netzen, die seine Initialen tragen?«
Ellen schien die Frage kaum zu verstehen.
»Netze?«, wiederholte sie mit dünner Stimme.
»Fischernetze meine ich, mit Netzhölzern, auf denen G A steht. Habt ihr noch welche davon?«
»Das kann gut sein«, sagte Ellen. »Aber ich habe keine Ahnung, wie viele. Da muss ich im Schuppen nachsehen.« Dann schlug sie sich die Hand vor den Mund, als sei ihr plötzlich ein Licht aufgegangen. »Du glaubst doch nicht etwa, dass Jonny etwas mit den beiden Leuten zu tun hat, die hier auf Sandhamn umgekommen sind?«
»Das kann ich dir im Moment nicht beantworten. Wir werden sehen. Falls Jonny nach Hause kommt oder dich anruft, richte ihm bitte aus, dass er sich sofort bei mir melden soll. Es ist sehr wichtig.«
Er legte den Arm um ihre Schultern und schob sie sanft, aber bestimmt zur Tür.
»Sei so nett und gib mir den Hausschlüssel. Den zum Bootshaus auch.«
Ellen reichte sie ihm mit zitternder Hand.
Sie sah einsam und verängstigt aus. Sie tat ihm leid, aber Thomas konnte es nicht ändern. Das Wichtigste war jetzt, so schnell wie möglich die Kriminaltechniker hierherzuholen, damit sie untersuchen konnten, ob Kicki Berggren sich in Jonnys Haus aufgehalten hatte.
Er war sich ziemlich sicher, dass die Antwort positiv ausfallen würde.
»Hast du Klebeband oder etwas Ähnliches, damit ich die Tür versiegeln kann, bis Verstärkung hier ist?«
Er sah Ellen fragend an, und sie nickte.
»In der Küche. In meiner Küche«, fügte sie hinzu und ging hinaus.
Thomas folgte ihr zu ihrem Haus.
Während sie Paketklebeband aus einer Schublade holte, wartete er in der Diele. Durch die Tür zum Wohnzimmer, das sicher »gute Stube« hieß wie in den meisten anderen alten Inselhäusern, entdeckte er eine Standuhr in einer Ecke. Die Möbel sahen dunkel und altmodisch aus.
Thomas unterdrückte mit Mühe ein Gähnen. Er war nach dem langen Arbeitstag ungeheuer müde. Es war kein aufmunternder Gedanke, morgen früh in die Stadt fahren zu müssen, aber die Situation ließ ihm keine andere Wahl.
»Geh schlafen, Ellen«, sagte er freundlich, als sie zurückkam. »Du wirst sehen, das kommt alles wieder in Ordnung.«
Er ging hinaus und machte die Haustür hinter sich zu. Dann zog er sein Handy aus der Hosentasche, um seine Dienststelle anzurufen. Mit ein bisschen Glück konnte er vielleicht erreichen, dass die Kriminaltechniker aus der Stadt per Hubschrauber hierhergeflogen wurden. Dann dauerte es nicht so lange.
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Kapitel 27
Dienstag, dritte Woche
Kapitel 27
Thomas starrte düster auf das vorläufige Obduktionsprotokoll aus der Gerichtsmedizin, das am Morgen auf der Wache eingetroffen war.
Es beschrieb eine Frauenleiche von mittlerer Größe und normaler Figur. Der Tod war irgendwann zwischen fünf und zehn Uhr am Samstagmorgen eingetreten.
Laut Protokoll hatte die Frau einen Schlag gegen die rechte Schläfe bekommen. Der Schlag hatte Gewebeblutungen im Bereich
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