Tödlicher Mittsommer
und in der Meldestelle zu übernachten. Dann konnte er am nächsten Morgen gleich mit der ersten Fähre zurück in die Stadt fahren. Für Dienstagfrüh war eine Besprechung des Ermittlungsteams auf der Wache anberaumt worden.
Er öffnete die Haustür nach kurzem Klopfen und trat ein, ohne eine Antwort abzuwarten. Nora stand in der Küche und hatte alle Hände voll zu tun, das Abendessen vorzubereiten.
Sie schenkte ihm ein mattes Lächeln.
Nora und die Jungs hatten eben erst die Schwiegereltern zur Fähre gebracht. Henrik wurde erst spät von seinem Segelrennen zurückerwartet. Thomas war herzlich eingeladen, mit ihnen zu Abend zu essen, so konnte Nora sich bei ihm über ihre Schwiegermutter auslassen. Sie holte ihm ein kaltes Bier und goss sich selbst ein Glas Wein ein. Während Nora sich über Monica Linde beklagte, nahm er am Küchentisch Platz.
Als sie sich abreagiert hatte, gab sie ihm ein Blatt Papier mit einer Menge Namen darauf. Sie setzte sich neben Thomas und zeigte ihm, was sie gemacht hatte.
»Hier, diese Liste habe ich für dich zusammengestellt. Ich habe mir gestern das Telefonbuch von Sandhamn genommen und nach Einträgen mit den Initialen G und A gesucht. Denselben Initialen, die auf dem Netzholz standen. Von dem du gemeint hast, man könnte es keinem Besitzer zuordnen. Es sind insgesamt vierundfünfzig Personen, aber nur drei von ihnen haben beide Initialen.«
Thomas lächelte.
»Bist du jetzt unter die Detektive gegangen?«
Nora warf ihm einen gekränkten Blick zu.
»Ich wollte nur helfen.«
»Ich mache doch bloß Spaß«, versuchte er sie zu besänftigen. »Ichkann wirklich jede Hilfe gebrauchen. Margit macht Urlaub an der Westküste, sie leitet die Ermittlungen sozusagen auf Abruf. Die meisten Leute, mit denen ich reden müsste, sind schon im Urlaub, und Kalle und Erik haben alle Hände voll zu tun, nach Zeugen zu suchen. Ach komm, sei nicht sauer.«
Nora lächelte verlegen. Sie sah ein, dass sie überempfindlich reagiert hatte.
»Das Problem ist nur, die Telefonteilnehmer ausfindig zu machen«, sagte Nora und trank einen Schluck Wein. »Es gibt ja keine Adressen auf der Insel, die du den jeweiligen Namen zuordnen könntest.«
Thomas verschränkte die Hände hinter dem Kopf und dachte nach.
Noras Liste war eine gute Idee. Er hätte selbst darauf kommen können, anstatt das Netzholz sofort abzuschreiben. Besonders jetzt, wo eine Mordermittlung daraus geworden war. Die Frage war nur, wie er die Personen finden sollte, die sie herausgesucht hatte.
Die Bebauung von Sandhamn konzentrierte sich auf den Ort Sandhamn und auf die Ferienhaussiedlung Trouville an der Südostseite. Aber es gab auch eine Menge Häuser, die über den Rest der Insel verteilt waren. Kurz gesagt konnte man überall auf Immobilien stoßen, ohne dass gekennzeichnete Straßen zu den Grundstücken führten. Dagegen gab es viele unbenannte Wege und historische Bezeichnungen wie Mangelbacken oder Adolfs Torg, Orte, die oft nach jemandem benannt waren, der dort gewohnt oder gearbeitet hatte. Alles in allem bedeutete es, dass sie keine eindeutigen Adressen hatten, die sie aufsuchen konnten. Natürlich konnte man die Leute anrufen, aber dann entging ihnen die Möglichkeit, auch Kicki Berggrens Foto vorzuzeigen.
Thomas trank den Rest Bier aus. Er musste unbedingt etwas essen, bevor er weiter nachdenken konnte.
Ein paar Stunden später saßen sie im Garten beim Kaffee.
Sie hatten frische Pasta gegessen, unter die Nora geriebenen Parmesan, halbierte Kirschtomaten und Basilikum gemischt hatte. Ein selbst gebackenes Foccaciabrot mit schwarzen Oliven war nach fünf Minuten in der Mikrowelle wieder schön kross geworden. Der rote Riojawein hatte wunderbar dazu geschmeckt.
Adam und Simon waren sofort nach dem Essen eingeschlafen.
Die langen Tage voller Sonne und Schwimmen forderten am Abendihr Recht. Die Jungs hatten beteuert, kein bisschen müde zu sein, und waren unmittelbar darauf in Tiefschlaf gesunken. Es war nicht auszuschließen, dass die ständigen Ermahnungen der Großmutter, mit denen sie ihnen den ganzen Tag in den Ohren gelegen hatte, ihren Teil zur Erschöpfung beigetragen hatten.
Thomas hatte den Jungs noch eine Gutenachtgeschichte vorgelesen. Adam musste natürlich betonen, dass er das nur wegen Simon zu tun brauche. Er selbst sei schließlich schon zehn und könne sehr gut selbst lesen. Was ihn allerdings nicht daran hinderte, ebenfalls gespannt zuzuhören.
Seit Emilys Tod hatte Thomas mehr Zeit als früher mit
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