Tödlicher Mittsommer
die fünfunddreißig heraus. Er trug Jeans und einen Tennispullover mit Flecken, die verdächtig nach der grünen Farbe des kleinen Pavillons in der einen Ecke des Grundstücks aussahen. Auf dem Kopf hatte er eine Kappe mit dem Reklamelogo eines bekannten Sportgeschäfts.
Als Margit und Thomas sich dem Haus näherten, spielte Pieter Graaf Fußball mit einem kleinen Jungen, der um die drei Jahre alt sein musste. Der Kleine hatte nur ein T-Shirt an und war braun wie ein Pfefferkuchen. Er kiekste vor Begeisterung, wenn sein Vater absichtlich den Ball verfehlte.
Margit und Thomas stellten sich vor und erklärten, es gebe im Zusammenhang mit den jüngsten Todesfällen auf der Insel ein paar Fragen. Ob er wohl Zeit für ein kurzes Gespräch hätte?
Pieter Graaf machte ein verwundertes Gesicht. Er habe doch schon mit einem Polizisten gesprochen, der in der vergangenen Woche dagewesen sei, sagte er. Aber er unterbrach das Ballspiel und bat sie, Platz zu nehmen. Er erkundigte sich freundlich, ob sie etwas trinken wollten, und sagte, er werde ihre Fragen beantworten, so gut er könne.
Das Gespräch war kurz und nicht sehr ergiebig.
Pieter Graaf war Kicki Berggren nie begegnet. Er hatte sich zu der Zeit, als sie ermordet wurde, nicht mal auf der Insel aufgehalten. Er war nämlich für ein paar Tage nach Småland gefahren, um seine Schwiegereltern zu besuchen.
Kicki Berggrens Cousin hatte er auch nie getroffen. Er wusste nicht mehr über die beiden als das, was in den Zeitungen gestanden hatte.
Thomas musterte ihn nachdenklich.
Die Nachmittagssonne warf lange Schatten auf das Grundstück. Dort, wo Pieter Graaf saß, war schon fast keine Sonne mehr. Er wippte leicht auf dem Gartenstuhl, der im Takt mit den kaum wahrnehmbaren Bewegungen des Körpers federte. Ab und an fielen ein paar Kiefernnadeln in den Sand.
Der Mann machte einen netten, ehrlichen Eindruck. Er schien aufrichtig erstaunt darüber zu sein, dass die Polizei ihn noch einmal aufsuchte.
Aufgrund seiner langjährigen Erfahrung als Polizist wusste Thomas zwar, dass der erste Eindruck nicht immer Bestand hatte. Aber sein Bauchgefühl sagte ihm, dass er hier eher einen ganz normalen Familienvater vor sich hatte als einen kaltblütigen Mörder.
»Einen Tag, bevor Kicki Berggren starb, hat sie sich nach einem Mann mit einem ähnlichen Namen wie Ihrem erkundigt. Könnten Sie sich einen Grund vorstellen, warum sie mit Ihnen hätte sprechen wollen?«
Der Mann sah besorgt aus. Er senkte den Kopf und liebkoste mit den Lippen die Stirn seines Sohnes, der ihm auf den Schoß geklettert war und es sich dort bequem gemacht hatte. Der kleine braun gebrannte Junge mit den weißblonden Haaren sah aus wie das Kind auf den Streichholzschachteln, die man überall kaufen konnte.
»Nein, nicht einen einzigen. Ich habe absolut keine Ahnung, wer sie war oder was sie auf Sandhamn wollte.«
Er lächelte entwaffnend.
»Ich hoffe, Sie glauben mir, ich wüsste nämlich nicht, wie ich Ihnen das beweisen soll. Wie gesagt, ich habe das erste Mal von Kicki Berggren gehört, als ich in der Zeitung von dem Mord gelesen habe.« Er sah auf seine Armbanduhr mit der Datumsanzeige. »Das muss vor ungefähr zehn Tagen gewesen sein.«
»Und Sie sind absolut sicher, dass Sie ihr nie begegnet sind?«, fragte Thomas.
»So weit ich weiß, ja.«
»Sie wohnen nicht weit vom Missionshaus entfernt.«
»Das ist richtig. Aber das gilt auch für viele andere. Und ich war ja an dem betreffenden Wochenende gar nicht hier.«
»Wo waren Sie Ostern? Um die Zeit ist Krister Berggren verschwunden, ihr Cousin«, verdeutlichte Thomas.
»Da war ich in Åre, zum Skilaufen. Wir haben im Hotel Fjällgården gewohnt.«
Er sah Margit und Thomas bekümmert an.
»Ich habe mit diesen Leuten nie Kontakt gehabt. Das ist absolut sicher.«
»Sind Sie im Winter öfter hier?«, fragte Thomas.
»Nein, gar nicht. Wir machen das Haus im Oktober dicht und kommen erst Ende Mai wieder her. Wir sind nur in der hellen Jahreszeit auf der Insel.«
Margit räusperte sich.
»Kennen Sie jemanden, der im Systembolaget arbeitet?«, fragte sie.
»Niemand Spezielles. Wieso?«
Sie erklärte, dass Krister Berggren bis zu seinem Tod im Systembolaget gearbeitet hatte und dass sie an allem interessiert waren, was auf einen Zusammenhang zwischen ihm und Sandhamn hindeutete.
»Normalerweise gehe ich nur freitags zum Systembolaget«, sagte Pieter Graaf. »Da stehe ich dann wie alle anderen in der Schlange und ärgere mich, dass ich nicht an
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