Tödlicher Puppenzauber
vor, aber Bing wich zurück. Er wollte Distanz lassen. »Könnte es nicht manchmal sein, daß Puppen so sind wie Menschen? Daß es da kaum Unterschiede gibt und sie so reagieren wie Menschen? Reden, gehen, sich bewegen…«
Bing hob die Hand. »Puppen als Menschen?«
»Ja!«
»Ich weiß nicht.«
Suko hatte ähnliche Worte auch bei seinen zurückliegenden Besuchen in den Puppenkliniken gewählt und war dort jedesmal ausgelacht und für einen Spinner oder Psychopathen gehalten worden. Mr. Bing allerdings reagierte anders, nachdenklicher.
»Wenn Sie so denken, Sir, könnten Sie damit nicht einmal so falsch liegen.«
»Tatsächlich?« Suko spielte den Aufgeregten. »Dann würde ich bei Ihnen auf Verständnis stoßen?«
»Natürlich. Ich habe für viele Dinge Verständnis. Man darf Puppen nicht wie leblose Gegenstände behandeln. Auch sie besitzen eine Seele, ein gewisses Leben. Man kann sich mit ihnen unterhalten, wenn man will. Ja, ich mache das.«
Suko fragte noch einmal nach. »Sie sprechen also mit den Puppen, Mr. Bing?«
»So ist es.«
»Antworten sie auch?«
»Ja.«
Suko räusperte sich. Er schien auf der richtigen Spur zu sein.
»Akustisch?«
»Nein, nicht direkt. Meine Puppen und ich haben ein eigenes Kommunikationssystem entwickelt, für Fremde eigentlich nicht durchschaubar, aber es klappt.«
»An so etwas bin ich interessiert.«
Bing hob den Kopf, so daß Suko jetzt direkt in sein Gesicht schauen konnte.
»Nein, das geht nicht. Auch wenn Sie sich für Puppen interessieren, Mister, aber so einfach ist es nicht. Sie müssen schon bereit sein, für sie alles zu opfern. Einen Teil ihrer Seele. Wenn sieden rüberkommen lassen, dann klappt alles.«
»Nun ja, ich weiß nicht.« Sukos Lächeln fiel verkrampft aus. Er kam dann zum Kern der Sache. »Noch etwas, Mr. Bing, eigentlich ist es der Hauptgrund, weshalb ich gekommen bin. Ich suche keine Puppe, mit der ich Kontakt aufnehmen kann…«
»Moment, Sie haben doch…«
»Ja, das stimmt schon und ist auch irgendwie richtig. Ich möchte eine Puppe haben, die wie ein Mensch ist. Die sich bewegen kann, die lebt wie ein Mensch…«
»Ach so…«
»Haben Sie das, Mr. Bing? Können Sie mir eine Puppe zeigen, die so aussieht, aber keine ist?«
Mr. Bing tauchte dermaßen weit weg, daß Suko sein Gesicht kaum noch erkennen konnte. »Was Sie verlangen, kann ich Ihnen nicht geben, Mister. Das ist unmöglich, das ist Phantasie. Ich gebe Ihnen einen Ratschlag. Sie müssen sich mit den Puppen beschäftigen. Sie müssen versuchen, ihre Augen zu spüren, und Sie müssen eine Beziehung zu ihnen aufbauen. Erst dann sind Sie soweit, daß Sie behaupten können, die Puppen leben. Das ist das Leben, das ich meine.«
»Nicht das andere?«
»Das kann es nicht geben!«
»Aber ja!«
Bing lachte ihn kalt an. »Wie wollen Sie das behaupten? Wie können Sie nur so etwas sagen?«
»Ganz einfach, weil ich an gewisse Dinge glaube, für die es auch einen Namen gibt.«
»Welchen?«
»Schwarze Magie!«
Suko hoffte, mit dieser Antwort Mr. Bing etwas geschockt zu haben. Es sah so aus, denn er tauchte noch weiter hinter seinen Verkaufstresen zurück. »Wie kommen Sie darauf?«
»Waren nicht die Puppenspieler früher so etwas Ähnliches wie Magier, Mr. Bing? Lassen Sie uns die Geschichte durchforschen. Puppen hatten schon immer etwas Magisches an sich. Auch heute ist es noch so. Fahren Sie zu den Naturvölkern, mischen Sie sich unter die Stämme. Sie werden immer wieder Puppen sehen, die man verehrt, anbetet, die man beschwören will. Muß ich Sie vielleicht an Voodoo erinnern? Bei dieser Magie spielen Puppen ebenfalls eine Rolle, eine sehr zentrale sogar. Deshalb ist mein Wunsch nach lebenden, schwarzmagischen Puppen gar nicht so ungewöhnlich, wie es scheint.«
Eine lange Rede hatte Suko gehalten. Er hoffte, Bing aus der Reserve locken zu können.
»Unsinn!« hörte er die Flüsterstimme des Mannes. »Das ist nicht wahr. Es gibt Magie, aber nicht so.«
»Ich glaube daran.«
»Haben Sie Beweise?«
»Die will ich mir suchen.«
Bing lachte ihn aus. »Ja, Mister, suchen Sie weiter. Nur nicht bei mir. Falls Sie etwas gefunden haben, lassen Sie es mich wissen. Für solche Neuigkeiten bin ich immer dankbar.«
Eine letzte Frage. »Und Sie können in dieser Hinsicht nichts für mich tun?«
»Nein!«
Suko holte tief Luft. »Es ist gut, Mr. Bing. Ich werde Ihre kostbare Zeit nicht länger in Anspruch nehmen.«
»Das hoffe ich.« Bing bewegte seine Handflächen schiebend auf
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