Tödlicher Puppenzauber
der Unterlage hin und her, ohne allerdings die daraufliegende Puppe nur zu streifen.
Suko nickte ab. Es war sein Abschiedsgruß. Worte an Bing zu richten, sparte er sich.
Als er durch den Laden schritt, hatte er das Gefühl, die Blicke würden auf seinem Kücken brennen. Er ging vorbei an den Puppen. Im schwachen Licht wirkten die Gesichter so, als würden sie ihn auslachen. Das Bimmeln der Glocke begleitete ihn bis auf den Gehsteig, wo er stehenblieb und die frische Luft tief einatmete.
Es war noch nicht völlig dunkel geworden, doch die winterliche Dämmerung hatte bereits ihr graues Tuch über London gelegt. In den Wohnungen brannten die Lampen und füllten mit ihrem Schein die meisten Fenster aus. Auch auf der Straße war es ruhiger geworden. Suko sah weder spielende Kinder, noch Erwachsene.
Er dachte über diesen Mr. Bing nach. Hatte er ihn durch sein Erscheinen nervös gemacht?
Ja, die Antwort gab er sich selbst. Mochten die Puppenladenbesitzer auch noch so komische Kauze sein, an Bing reichten sie nicht heran. Der war die absolute Spitze. Zudem hatte er ein ganz besonderes Verhältnis zu seinen Lieblingen. Suko glaubte fest daran, daß er angelogen worden war, als er nach den lebenden Puppen gefragt hatte. Bing wußte genau, was der Besucher suchte.
Jedenfalls würde er sich den Laden näher anschauen, aber erst wenn die meisten Menschen schliefen.
Erging zu seinem diamantschwarzen BMW535i und wunderte sich darüber, daß die beiden Aufpasser nicht mehr auf dem Geländer saßen. Innen blinkte in Intervallen die kleine Lampe der Alarmanlage rot auf. Es schien sich niemand an dem Fahrzeug zu schaffen gemacht haben. Suko steuerte das Geländer an, auf dem die beiden Aufpasser gesessen hatten. Dahinter befand sich eine Treppe, die hinunter zu einer Kellerwohnung führte.
Sie besaß auch Fenster, die in den Treppenschacht hinwiesen, aber es war kein Licht hinter den Scheiben zu sehen.
Seltsam…
Suko beugte sich über das Geländer hinweg — und sah die beiden Schatten.
Sie lagen nicht auf den Stufen, sondern vor der Tür, verkrümmt und regungslos.
In Sukos Hirn schlug eine Alarmglocke an. Auf der Stelle drehte er sich und suchte nach irgendwelchen Gegnern.
Straßen und Gehsteige wirkten wie leergefegt, als hätten sich die Leute bewußt zurückgezogen.
Der Inspektor wußte nicht, was mit den beiden jungen Leuten passiert war und wer sie in diese fatale Lage gebracht hatte. Er mußte feststellen, ob sie noch lebten.
Mit langen Schritten huschte er die Steintreppe hinab. Neben den beiden kniete er sich hin. Es war zu dunkel für eine genaue Analyse. Deshalb setzte Suko die kleine Lampe ab.
Der Schein huschte über bleiche Gesichter und auch über das Blut, das aus zwei Wunden an den Köpfen der beiden rann. Wer so fiel, der konnte sich auch tödlich verletzen.
Diese beiden hier hatten Glück gehabt. Suko forschte nach und stellte fest, daß sie nur bewußtlos waren. Da hatten sie noch einmal Glück im Unglück gehabt.
Trotzdem brauchten sie eine ärztliche Behandlung. Suko lief die Stufen wieder hoch. Von seinem BMW aus wollte er telefonieren. Er hatte sich dem Wagen bis auf zwei Schritte genähert, als ihm etwas auffiel. Das Fahrzeug stand nicht mehr so, wie es eigentlich hätte stehen müssen. Es war nach links eingesackt, regelrecht weggekippt. Das lag allein daran, daß der linke Vorderreifen platt war.
Hatte ihn jemand zerstochen?
Bevor er sich bückte, um nach dem Reifen zu sehen, schaute sich Suko zunächst vorsichtig um, ohne allerdings einen Feind entdecken zu können.
Es blieb verdächtig still.
Schritte schreckten ihn auf. Fine junge Frau hatte ihr Haus verlassen und lief schnell in die entgegengesetzte Richtu ng.
Der Inspektor glaubte fest daran, daß man ihm eine Falle gestellt hatte. Sie war bereits zugeschnappt. Doch wer steckte dahinter?
Da Suko keine verdächtigen Gestalten hatte entdecken können, riskierte er es, ging neben dem Reifen in die Knie, um herauszufinden, weshalb er so platt war.
Etwas steckte darin. Ein kleines Messer war bis auf den Griff in dem Autoreifen verschwunden.
Also doch!
Suko wollte aufstehen und spürte den Aufprall am Rücken. Etwas krallte sich an ihm fest. Eine Ratte war es bestimmt nicht. Suko dachte sofort an eine bewaffnete Puppe.
Er schlug um sich, war aber zu langsam, denn die Puppe stach mit ihrem Messer zu!
***
Mit den Augen war die Bewegung kaum zu verfolgen, als die Puppe ihren linken Arm hob und den Zylinder vom Kopf riß. Ich
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