Tödlicher Staub
nur einen Zweck habe, nämlich die Vernichtung Israels durch die islamischen Gegner. Er sparte auch nicht mit Vorwürfen und bezeichnete die europäischen Sicherheitsbehörden als zu sorglos und nicht schlagkräftig genug.
Der britische Geheimdienst teilte nüchtern mit, im Königreich habe man keine Erkenntnisse, daß Atomschmuggel auf englischem Gebiet stattfinde. England sei dafür auch völlig ungeeignet – es läge außerhalb der Schmuggelstraßen.
Der deutsche Bundesnachrichtendienst – BND – mauerte. Er bestätigte den Eingang des Berichtes aus Paris, weiter nichts. Kein Kommentar, keine Hinweise, keinen Erfahrungsaustausch.
Italien und Spanien reagierten impulsiv. Sie schickten Listen mit Namen von Mafiamitgliedern und Untergrundorganisationen, wie Nordspaniens Seperatistenorganisation ETA, und informierten über einige Funde von Uran- und Plutoniumproben, die man entdeckt hatte. Die verhafteten Personen – sogar eine Frau war darunter – schwiegen, wie nicht anders erwartet. Aber es hatte sich immer nur um wenige Gramm radioaktives Material gehandelt. Zweifellos Proben, um ins Geschäft zu kommen.
Am freundschaftlichsten antwortete des BKA. Oberrat Wallner teilte Ducoux alles mit, was er bisher in Erfahrung gebracht hatte. Er listete alle Funde auf, gab den Stand der Ermittlungen bekannt, die Protokolle der Verhöre und erläuterte die Zusammenarbeit mit dem BND. Wallner zog daraus den Schluß, daß es sich hier um einen großen und internationalen Atomschmuggel handeln müsse, bei dem Material für Atombomben geliefert wurde. Ein Milliardendeal. Obwohl man fast mit absoluter Sicherheit wisse, daß das Plutonium aus Rußland abfloß, könne man das noch nicht publizieren. Auch die Abnehmer seien bis heute nur vermutet. Reale Tatsache aber ist: Von den fünf offiziellen Nuklearmächten ist Rußland das einzige Land, das waffenfähiges Plutonium produziert und lagert.
Ducoux gab seinem Kollegen Wallner recht. Er hatte die gleichen Gedanken und erkannte, wenn er vor der großen Europakarte stand, auch den Weg der tödlichen Bedrohung: von Rußland über Deutschland, Polen oder Tschechien nach Frankreich und weiter von Marseille hinüber zu den arabischen Ländern und in die dritte Welt. Weg Nummer zwei: Rußland, Tschechien, Österreich, Italien, von dort per Schiff nach Nordafrika, Jemen, Syrien, Irak und Iran. Ein riesiger Umweg … aber ein sicherer. Je mehr man eine Ware hin und her verschiebt, um so besser kann man die Spuren verwischen. Weg Nummer drei: Rußland, Polen, Deutschland, Frankreich, Spanien und dann per Schiff weiter. Es gab in Marseille und in anderen Hafenstädten Kapitäne, die für den Transport eines Koffers einen guten Nebenverdienst kassierten und nicht fragten, was der Koffer enthielt. Vor allem Kapitäne, die mit eigenen Schiffen auf eigene Rechnung fuhren, widerstanden oft nicht der Versuchung, ein paar tausend Dollar nebenbei und ohne Buchführung in die Tasche zu stecken.
Ducoux mußte sich damit abfinden, daß Frankreich – neben Deutschland – die Hauptdrehscheibe für Nuklearschmuggel geworden war. Was in Deutschland nicht entdeckt wurde, wurde nach Frankreich gebracht. Und – auch darüber war sich Ducoux im klaren – es war ein ununterbrochener Transport, immer kleine Mengen … ein Ameisentransport, und am Ende stand die Atombombe, die Bedrohung der ganzen Welt.
Als letzter meldete sich das österreichische Sicherheitsbüro in Wien. Dort hatte man – wie in Deutschland – einschlägige Erfahrungen mit Atomschmuggel gemacht. Auch hier waren es immer nur kleine Mengen gewesen, aber erstaunlicherweise zum größten Teil minderwertige Ware, nicht vergleichbar mit den hochwertigen Funden in Deutschland und Frankreich. Diese Funde wurden nicht veröffentlicht, um die Bevölkerung nicht zu beunruhigen. Über die Herkunft der Ware ist nichts bekannt. Die festgenommenen Straftäter sind zwei Ungarn, drei Tschechen, ein Pole und zwei Kroaten. Alle aus dem ehemaligen ›Ostblock‹, was vermuten läßt, daß das Nuklearmaterial auch aus dem Osten stammt. Wahrscheinlich aus Rußland, dies ist aber unbewiesen. Die Straftäter schweigen.
Ducoux las noch einmal die Stellungnahme der CIA durch. Was ihm gar nicht gefiel, war die Mitteilung, daß ein Spezialist unterwegs nach Paris war. Was wollte er hier? War er klüger als die Sûreté? Brachte er Röntgenaugen mit?
Bei der nächsten Besprechung der Sonderabteilung drückte es Ducoux so aus:
»Washington schickt uns
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