Toedlicher Staub
an.
»Ich höre, du hast mir was zu sagen?«
»Nein. Ich hab was, das du dir anhören sollst.« Trincas drückte den Startknopf des Diktiergeräts.
Cannas’ Stimme war zu hören: »… Ceccarello, der hierhergekommen ist, um von Tore die Erlaubnis zu kriegen, dass er deinen Barkeeper um die Ecke bringt. Und mein Partner hat die Bedingung gestellt, dass die Tierärztin gleich mit beseitigt wird …«
»Und, willst du den Rest auch noch hören?«, fragte Sebastiano.
Tore Moi sackte auf einen Sessel. »Mit dem Zeug kannst du doch gar nichts anfangen«, versuchte er mit einer gewissen Unbekümmertheit zu sagen. »Bei Gericht wischen sie sich damit den Arsch ab.«
»Denk bloß nicht, das wüsste ich nicht«, entgegnete Sebastiano hart. »Das kriegt die Presse, außerdem Ceccarello, dessen Tätigkeiten unser Pierre mir ausführlich geschildert hat, ich geb es Deidda, deinen Ex-Kollegen und dem Metzger bei dir an der Ecke, und dann wollen wir mal sehen, was passiert.«
»Was willst du?«
»So einiges, Tore«, lautete die Antwort. »Erstens vernichtest du den Mitschnitt, mit dem du mich die ganze Zeit erpresst hast. Und dann sind da der Deserteur und die Tierärztin, denen dieser Franchino auf den Fersen ist …«
»In Ordnung. Ich brauch ein bisschen Zeit, um das zu organisieren.«
Moi schlug die Hände vors Gesicht. Er konnte nicht glauben, dass Mario derart unendlich dämlich sein konnte. Trincas aber ebenso. Er hatte zu viel verlangt, wie alle Dilettanten. Er wusste eben nicht, dass so eine Erpressung ein empfindlicher, auf einfachen Regeln basierender Mechanismus ist, zu denen gehört, dass man den anderen nie in die Enge treiben darf, sonst fängt der an zu agieren, statt zu erdulden. Und das war jetzt der Fall. Er tätigte den einzigen jetzt sinnvollen Anruf: Franchino.
Nina hatte im Bad eine kleine Schere und eine Pinzette gefunden und sterilisierte sie in einem Töpfchen mit kochendem Wasser. Dann zog sie Pierre die Fäden an den Wunden im Gesicht.
»Verdammte Scheiße«, stammelte er, als er sich das erste Mal seit dem Überfall im Spiegel sah.
»Ja, du siehst dir wirklich nicht mehr ähnlich, aber warte, bis die Schwellungen ganz und gar abgeklungen sind.«
Nazzari seufzte. »Mir tut das alles so leid. Ich möchte wirklich, dass du verstehst: Es gab keinen anderen Ausweg, ich musste …«
»Ruhe«, gebot sie ihm. »Die einzige Art, mir zu zeigen, dass es dir wirklich leid tut, ist, dass du dich umbringst. Dann begrabe ich dich im Garten und verzeihe dir. Da du das nicht tun wirst, versuch wenigstens, keinen Scheiß zu reden.«
»Ich begreife dich nicht«, protestierte er. »Erst ziehst du mir die Fäden, und hinterher redest du so mit mir. Du weißt wohl nicht, wo dir der Kopf steht.«
»Ja, da hast du recht«, gab sie zu. »Aber mit gutem Grund. Ich bin gezwungen, mich hier mit dir zu verkriechen, um meine Haut zu retten, da ziehe ich dir die Fäden doch lieber selbst, als das in irgendeiner Untergrundpraxis machen zu lassen, wo jederzeit die Polizei auftauchen kann.«
Der Deserteur ging hinaus ins Freie. Dass sie so gar nicht begreifen konnte, was er getan hatte! Vielleicht brauchte sie einfach nur Zeit. Egal wie, jetzt war er endlich wieder auf den Beinen, und bald würde er nach Marseille abhauen.
Kurz darauf kam Sebastiano Trincas mit einem strahlenden Lächeln an, eine Packung Pasta und eine Flasche Champagner in der Hand. Er wäre sogar noch früher gekommen, hätte er nicht eine Runde bei den Handwerkern gemacht, die er mit dem Wiederaufbau seiner Bar beauftragen wollte. Er hatte beschlossen, dass sie jetzt einen anderen Namen tragen sollte. Er wollte sie Gloria nennen.
Er berichtete Nina und Pierre die letzten Neuigkeiten. Sie fiel ihm weinend um den Hals.
»Immer mit der Ruhe«, meinte er verlegen. »Wir müssen noch genau sehen, wie wir das alles regeln.«
»Ich will nur, dass mich niemand mehr verfolgt«, sagte Nazzari. »Mit allem anderen komme ich schon klar.«
Nina wischte sich die Tränen weg. »Und ich will mich nicht mehr verstecken«, murmelte sie. »Ich will zurück nach Belgien, und zwar sofort.«
»Da wirst du warten müssen, bis Tore Franchino und den anderen Söldner weggeschickt hat. Nur noch eine Frage von ein paar Tagen.«
»Dreizehn Euro fünfzig«, überlegte die Tierärztin. »Du hast diese Arschlöcher mit einem Diktiergerät zu dreizehn fünfzig drangekriegt.«
Mario holte Moi zu Hause ab.
»Mit Trincas alles in Ordnung?«, fragte er.
»Ja. Er hat mir
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