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Tödlicher Steilhang

Tödlicher Steilhang

Titel: Tödlicher Steilhang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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kooperieren, es könnte günstig sein, einer Organisation zur gemeinsamen Vermarktung beizutreten, wie dem Bernkasteler Ring. Da sind auch so Leute wie Molitor drin, da kann ich nie mithalten, aber es wäre ein gewaltiger Ansporn. Wenn ich allein weitermache, wird Kilian nie zu seinem Weingut kommen, höchstens als Angestellter des neuen Besitzers. Das will ich nicht.«
    »Worum geht es im Einzelnen?«
    »Bei einem maximalen Investitionsvolumen von dreißigtausend Euro gibt uns die Europäische Union momentan zwanzig Prozent hinzu, um die Wettbewerbsfähigkeit zu fördern. Das ist Geld für Kellertechnik, also für alle Maschinen, die wir im Keller einsetzen. Und weil wir uns in den engenDörfern wegen der Bausubstanz nicht ausbreiten können, fördert sie große Investitionen. Es gibt auch Hilfen, damit wir von Einzelstockziehung, wie bei Menges, auf Drahtrahmen wie bei euch umstellen.«
    »Was ist der Grund dafür?« Georg wusste, dass es keine Förderung aus bloßer Menschenfreundlichkeit gab.
    »Es fehlen Arbeitskräfte … man will Maschinen einsetzen, die Weinberge maschinentauglich machen …«
    Georg schüttelte den Kopf. »Da stimmt was nicht, grundsätzlich. Wir haben immer mehr Menschen. Immer mehr verdienen immer weniger, Millionen kriegen Sozialhilfe …«
    »Die Leute wollen nicht arbeiten, jedenfalls nicht zu diesen Löhnen und schon gar nicht im Steilhang. Das würde ich auch nicht wollen. Wenn wir vernünftige Löhne zahlen, wird der Wein teurer, den zahlt niemand mehr in einer Gesellschaft, die andauernd auf billig setzt und wo gleichzeitig die Preise steigen.«
    »Da wird auch der Mensch auf billig gepolt …«
    »In Zukunft machen uns die Weinfabriken kaputt. Die fahren mit dem Vollernter durch die Flachlage, sind in einer Nacht mit der Lese fertig und verkaufen die Flasche später für zwei neunundneunzig. Was dem Wein an Geschmack fehlt, wird durch Chemie ausgeglichen. Die EU wird die Pflanzrechte abschaffen und die Flächen freigeben, damit die Konzerne wachsen und noch mehr verdienen – und wir so wenig wie chinesische Wanderarbeiter. Davon träumen sie in Brüssel. Selbst haben sie ja genug! Zehntausend Euro im Monat!«
    »Ein Albtraum«, sagte Georg und dachte an die von Baxter festgesetzte Lohn-Obergrenze für Wachleute. Er hatte zu Hause ihre Putzfrau besser bezahlt. Er stutzte bei dem Gedanken. Zu Hause? Wo war das eigentlich?

17
    Es war ein Albtraum: Baxter und Miriam kamen Arm in Arm auf ihn zu, Miriam hielt natürlich Jasmin an der Hand, Baxter zerrte Rose hinter sich her. Er selbst saß in seinem Fluchtfahrzeug, die Türen waren verriegelt, auch die Fensterheber funktionierten nicht, er schrie, so laut er konnte, aber kein Laut drang nach außen, er hörte nicht einmal sich selbst. Seine Füße steckten fest, weder Gaspedal noch Kupplung ließen sich treten. Die Hitze im Wagen nahm zu.
    Dann wachte er in Schweiß gebadet auf und schnappte nach Luft. Er trat ans Fenster, er hatte vergessen, es zu öffnen, der Morgen graute, über dem Bergkamm lag der erste Schimmer eines neuen Tages, vielleicht war er besser als die letzten, obwohl sie schon bedeutend besser gewesen waren als die ganz schlechten davor.
    Georg hatte das Gefühl, auf der Stelle zu treten, er kam nicht voran, weder in seinem Umfeld noch mit sich selbst. War das falsch? War das richtig? Es war das Entweder-Oder, mit dem er sich fertigmachte, dass er nichts entschied, dass ihm die Linie fehlte, die Zielsetzung. Er schlurfte wie immer durch die Gegend, durchs Leben und empfand es bereits als Fortschritt, dass er das einsah. Einsicht ist der erste Weg zur …
    Verdammter Unsinn, dachte er, das sagen sich die Zauderer immer, damit sie sich vor dem Handeln drücken können. Einen so schrecklichen Albtraum wie eben wollte er nie wiederhaben. Es war der »Highway to Hell«. Nur er konnte dafür sorgen, dass er die richtige Abzweigung fand, runter vom Highway, jeder Feldweg war besser. Er wusste, was er nicht wollte, aber er konnte nicht sagen, was genau er wollte.
    Er setzte sich mit Papier und Füllhalter ans Fenster, bemerkte den Silberstreif am Horizont, eine klare Linie, und er schrieb alles auf, was er gern tat, was ihm Freude machte, was ihm gefiel, und erstaunt stellte er fest, dass einiges zusammenkam. Er nahm eine zweite Seite und schrieb weiter, schrieb das auf, was ihm nicht passte, an sich selbst, bei anderen …
    Draußen wurde es heller, die Häuser gewannen Konturen, in einigen Fenstern ging das Licht an, er

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