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Tödlicher Steilhang

Tödlicher Steilhang

Titel: Tödlicher Steilhang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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ihrer Worte nach.
    Er war wieder überrascht, dass es keinen Bürgersteig gab, dass sich eine zur Straßenmitte hin leicht geneigte Fläche von Haus zu Haus ergab. Als er aufschaute, hatte er das Haus mit der grünen Tür vor Augen, das grüne Tor stand offen, von dort hallten Stimmen, auch die von Kindern. Waren es die Jungen, die er heute gesehen hatte?
    Der Kleine hatte ihm gefallen, ein kleiner Nachbar, dachte er und erinnerte sich an die Bewohner der umliegenden Villenin Waldheim, mit denen er selten ein Wort gewechselt hatte, höchstens am Wochenende beim Rasenmähen, wenn das nicht der Gärtner erledigte.
    Er lächelte bei dem Gedanken an den Jungen. Erinnerte er ihn daran, dass er sich nach den beiden Mädchen einen Sohn gewünscht hatte, jemanden, der seiner männlichen Welt näher stand als seine beiden Töchter? Ihre Mutter war in ihrer Ausdrucksweise irgendwann von »unsere Kinder« zu »meine Töchter« gewechselt, nur wann der Wechsel stattgefunden hatte, war ihm entgangen. Er hatte mal wieder nicht hingehört, die Zeichen nicht erkannt, sie nicht ernst genommen, wie so oft. Und weshalb stand er jetzt hier und schaute hinüber?
    Im Augenblick schien ihm dieser Junge der einzige Mensch, der nicht bedrohlich wirkte. Alle anderen stellten Fragen, in denen er sich verfangen konnte, bei deren Beantwortung er fürchtete, sich bloßzustellen, besonders vor sich selbst. Nur was würde dann offensichtlich? Dass er nicht die geringste Vorstellung davon hatte, wie sein Leben weitergehen sollte?
    Andere schienen ein ganz anderes Bild von ihm zu haben. Seine früheren Arbeitgeber hielten ihn für einen Feind. Sie hatten es äußerst eindrucksvoll beim letzten Gespräch demonstriert. Der Begriff der Sabotage war gefallen. Als er anderntags auf den Empfang zugegangen war, hatte ihm der Pförtner, den er selbst eingestellt hatte, den Zugang verweigert. Es tue ihm leid, aber die Anordnung komme von »ganz oben«, und er drückte ihm den Brief mit der fristlosen Kündigung in die Hand und schaute weg.
    Bei nüchterner Betrachtung hatte Georg eigentlich damit gerechnet, die Auseinandersetzungen waren nach der Übernahme durch COS, den US-Konzern mit dem irreführenden Namen Customer Overseas Services, schärfer geworden. Seinen Anwalt hatten sie mit der Behauptung konfrontiert, dass er kompromittierendes Material über sie in seinen Besitzgebracht habe. Er hatte die Unterlagen außerhalb der Firma fotokopiert, denn Jason hatte alle Kopierer so umrüsten lassen, dass ein Film des kopierten Materials erstellt wurde.
    Es gab nur einen Menschen, der sie über die gezogenen Kopien informiert haben konnte: Miriam! Sie hatte an der Tür gestanden, als er die Angelegenheit mit seinem Anwalt besprochen hatte. Ob er sich von dem Schock, dass ihn seine Frau an den feindlichen Arbeitgeber verraten hatte, je erholen würde? Für welchen Preis hatte sie ihn verkauft? Wem würde er je wieder vertrauen können? Pepe! Der hielt dicht, dem konnte man die Beine ausreißen, er würde einen Freund niemals verraten.
    Wenn die Leute von COS das waren, was er vermutete, nämlich skrupellos, sich einen Dreck um Legalität scherend (»wir müssen eben besser sein als staatliche Organe«), sich im rechtsfreien Raum wähnend, in dem jeder Zweck jedwedes Mittel heiligte, würden sie alles tun, um das Material zurückzubekommen. Sie mussten wissen, wo er war, was er tat, mit wem er in Kontakt stand, sie besaßen alle Möglichkeiten, es in Erfahrung zu bringen. Sie hatten eine Sicherheitsfirma gekauft und bauten sie, wie in allen europäischen Ländern, zu einem privaten Spionageunternehmen um, wie die britische Hakluyt & Company.
    Georg hatte sich mit der Geschichte der Pinkerton-Detektive beschäftigt, in Filmen romantisch verklärt, als gut und edel, doch bereits im amerikanischen Bürgerkrieg hatten sie einen militärischen Geheimdienst aufgebaut, später unterdrückten sie Streiks und terrorisierten die Arbeiter beim Bau der Eisenbahnen nach Westen. Heute nannten sie sich Pinkerton Government Services.
    Er hatte sich Literatur über die Arbeit des CIA und FBI beschafft, ernst zu nehmende Gegner im Vergleich mit Verfassungsschutz und Bundesnachrichtendienst. Auch die Direction Générale de la Sécurité Extérieure (DGSE) war ernst zunehmen, allerdings nur wegen ihrer Technik, nicht der Ziele wegen.
    Wie weit würde COS gehen? Waren Baxters Männer ihm hierher gefolgt? Er war überzeugt, dass sie seinen Laptop geortet hatten.
    Jetzt musste er sich

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