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Tödlicher Steilhang

Tödlicher Steilhang

Titel: Tödlicher Steilhang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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Schatten waren länger geworden. So, wie er die Anstrengung beim Heraufkommen genossen hatte, erfreute er sich an der Leichtigkeit des Abstiegs. Als er unter sich auf der Uferstraße Wagen mit Blaulicht vorbeijagen sah, musste er an den ertrunkenen Winzer und an den Campingplatz von Pünderich denken. Wieso war Menges auf die Idee gekommen, dass Sauter ihn für Ermittlungen hergeholt hatte? Hatte Klaus gequatscht oder wusste Menges mehr über Albers und Sauter? Hielt er Georgs Rolle als Praktikant für Tarnung? Anders war seine Reaktion kaum zu erklären. Sicher gab es hier Dinge, von denen Georg nichts wusste. Ich werde mich mehr um Albers kümmern, nahm er sich vor.

    Als er seinen Wagen wieder erreicht hatte, fuhr er auf der Eifelseite, überquerte bei Traben-Trarbach den Fluss und gelangtedrüben auf die Straße nach Pünderich. Es gab sicher eine schnellere Strecke, er kannte sie leider nicht, hier waren die Campinggespanne Legion, und sie vereitelten jeden Überholversuch. Den Weg durch den Ort zum Ufer fand er auf Anhieb, nur Parkplätze waren knapp. Wo sollten die zusätzlichen Autos nach dem Brückenbau abgestellt werden, wenn jetzt schon kein Platz mehr vorhanden war?
    Irgendwo im Ort gab jemand eine Parklücke frei. Er musste nur der Nase nach gehen, sich am Geruch von Pommes frites orientieren, um zum Campingplatz zu kommen. Zu seiner Erleichterung blies der Wind den Odem verbrannter Kohlehydrate an der »Goldenen Gans« vorbei, und als auf der Terrasse ein Pärchen zahlte, war er schneller am freien Tisch als seine Konkurrenten.
    Er bestellte eine Riesling-Kräutersuppe und verließ sich auf die Empfehlung des jungen Kellners, eine halbtrockene Spätlese zu nehmen. Die passte nicht zum gebratenen Zander danach, der Kellner empfahl den feinherben, reifen Riesling des Hauses, was sich als guter Tipp herausstellte. Der Kellner hieß Patrick, und zu Georgs Überraschung stellte sich heraus, dass es ein Sohn des ertrunkenen Winzers war. Diese familiäre Verbindung offenbarte sich, als auf der Terrasse ein Mann, der im Muskelshirt seine trainierten Oberarme zeigte und in knielangen Hosen die kräftigen Waden, lautstark nach »Dorothea« verlangte. An der Tür zur Gaststube verstellte er dem Personal den Weg.
    »Meine Mutter will nicht mit dir sprechen, Tille«, sagte der junge Kellner, als er aus der Tür trat. Er wagte als Einziger, dem Mann entgegenzutreten. Die beiden anderen Kellnerinnen drückten sich ängstlich an ihm vorbei. Als der junge den älteren Mann am Arm fasste und von der Tür wegziehen wollte, fuhr der ihn an:
    »Misch dich nicht ein, Junge! Besser für dich.«
    Dann schlug er nach der Hand, die rechtzeitig zurückzuckte. Sekunden später erschien die Frau des Hauses. DieÄhnlichkeit zwischen Mutter und Sohn war unverkennbar, aber der Muskelmann war ein gänzlich anderer Typ. War das der Schwager vom Campingplatz, von dem Klaus gesprochen hatte? Bevor der rüde Besucher weiter für Unmut sorgte, schob Frau Albers ihn resolut die Stufen hinunter und blieb auf der anderen Straßenseite zwischen den geparkten Wagen stehen.
    Angriffslustig  – nein, streitsüchtig begann der Muskelmann auf Frau Albers einzureden, fuchtelte mit ausgestrecktem Zeigefinger vor ihrem Gesicht herum und ballte die Faust. Von dem Gespräch schwirrten nur zusammenhanglose Fetzen herüber, die Körperhaltung der Kontrahenten und ihre Gesten ließen auf ein tiefes Zerwürfnis schließen.
    Frau Albers, ganz in Schwarz und bedeutend kleiner als ihr Schwager, wehrte das Gesagte hocherhobenen Hauptes ab, schüttelte langsam den Kopf und schwieg. Ihr Gegenüber streckte die Hände aus, als würde er etwas erklären wollen, eindringlich und gleichzeitig verkniffen; er rechnete etwas vor, wobei er nacheinander einzelne Finger hochhielt und mit dem Zeigefinger wütend in die offene Handfläche tippte. Dann breitete er entschuldigend die Arme aus, was Georg, der darüber sein Essen vergaß, so interpretierte, als garantiere der Mann für nichts.
    Der junge Albers vergaß das Bedienen und starrte hinüber, ging auf die Streitenden zu, wurde aber von der Mutter weggeschickt. Er zog sich bis zum Fuß der Treppe zurück, und erst als ihre Gestik eindringlich wurde, kehrte er auf die Terrasse zurück.
    Aber der Streit ging weiter. Der Schwager schien zu drohen, woraufhin Frau Albers lachte, was ihn weiter in Rage versetzte. Dann tat sie mitleidig, was ihn noch wütender machte, er sah sich um, als suche er nach einem Gegenstand, mit

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