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Tödlicher Steilhang

Tödlicher Steilhang

Titel: Tödlicher Steilhang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
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Rebstöcke bis an die Senkrechte wuchsen. Für jemanden, der gestoßen wurde, war es unmöglich, sich festzuhalten. Genau davon hatte er sich überzeugen wollen.
    »Beides denkbar«, sagte er zu Klaus, der ihm, von seinem ersten Interview total begeistert, hinterhergestiegen war, kurz bevor er ihn erreichte, ausrutschte und Georg vorwurfsvoll ansah.
    »Ich halte jetzt auch die andere Möglichkeit für wahrscheinlich. Ein Mord ließe sich bestimmt gut in eure Strategie einbauen. Aber den Gefallen, einen Märtyrer zu schaffen, tut euch der Gegner nicht.«
    »Und was wäre dann das Motiv?«
    »Wofür?«, fragte Georg. »Für einen Unfall oder für Mord?«
    »Sie soll einer verstehen.«
    »Habe ich das verlangt?« Georg verstand sich ja selbst nicht. Menges hatte ihm Geld geboten, zumindest nach seinem Honorar gefragt. Das hatte er abgelehnt. Jetzt arbeiteteer umsonst, da konnte er vorgehen, wie er wollte, und war nicht vom Gedanken ans Geldverdienen eingeschränkt. Seine eigene Motivation war weitaus Erfolg versprechender als jeder Bonus. Aber der Malus war, dass er sich quasi im Vorbeigehen zwei Fälle aufgehalst hatte.
    Nachdem er zu Sauter zurückgefahren war und Klaus an seinem Motorrad abgesetzt hatte, erkannte er in Sichtweite des Eingangs zu seinem Apartment die Späher von COS. Es war derselbe Wagen wie neulich, die Nummer stimmte. Wollten sie ihm zeigen, dass sie an ihm dran waren, ihm Angst machen, ihn zermürben, bis er die Unterlagen rausrückte, um seine Ruhe zu haben? Terror nannte man das, Terror ausüben, weichklopfen oder -kochen. Wir wissen, was du machst, wo du bist, mit wem du dich triffst, wer zu dir kommt … Georg fiel ein, dass er sich weder um einen neuen Laptop noch um einen anderen Wagen gekümmert hatte. Beides hatte er bis jetzt nicht gebraucht. Erst für die Fahrt nach Hannover benötigte er einen anderen Wagen, einen schnellen. Für die Recherchen allerdings war ein neuer Laptop unabdingbar.

    Sah der Mann in dem Fahrzeug von COS nur nach vorn, oder beobachtete er auch die Umgebung, wie es Vorschrift war, um vor plötzlichen Überraschungen gefeit zu sein? Es war dunkel geworden, Georg grinste bei dem Gedanken an das, was er vorhatte. Es war albern, aber es machte ihm Spaß, und er schlich sich im Schatten einer Hauswand an den Wagen heran, war mit zwei schnellen Schritten neben der Beifahrertür und schlug mit aller Kraft mit der ausgestreckten Hand aufs Dach. Irgendwie musste seine Wut raus.
    Es gab einen fürchterlichen Knall, der den Fahrer zusammenzucken ließ. Georg bückte sich und sah durchs Fenster: Der Fahrer starrte ihn entsetzt an und hatte eine Hand unter der Jacke stecken. War sein Bewacher bewaffnet? In dem Fall war der Krieg mit COS in ein neues Stadium getreten.Als Georg die Tür zum Apartment öffnete, bemerkte er sofort den fremden, süßlichen und äußerst angenehmen Duft. Welche Frau war hier gewesen? Da sah er den Blumenstrauß auf dem Wohnzimmertisch. Er lächelte gerührt über Frau Ludwigs Geste und ergriff die Schlegelflasche daneben. Spätlese, Feinherb, 2007, stand auf dem in Grün und Gelb gehaltenen Etikett. Georg stutzte. Das war keiner aus Sauters Kollektion  – erst jetzt las er den Namen des Weingutes: Berthold & Söhne. Dann stammte der Wein von der Nachbarin?
    Beim zweiten Blick auf den Strauß sah er, dass es die gleichen Blumen waren wie auf ihrem Küchentisch, und er begann, nervös seine Finger zu kneten. Das Gefühl, das sich in seinem Magen ausbreitete, ähnelte dem an der Bruchkante des Berghangs. Er freute sich, ja, aber es machte ihm auch Angst. Scheiß drauf, dachte er, vielleicht hilft der Riesling gegen die Angst. Er stellte den Wein ins Tiefkühlfach, um ihn schnell herunterzukühlen. Es war schlechter Stil, strengstens verboten, doch vielleicht half der Riesling gegen dieses Gefühl von – nein, es war keine Angst. Dass es freudige Überraschung sein konnte, wollte er sich nicht eingestehen und griff nach der von einem Gummiband zusammengehaltenen Rolle, einem Zeichenkarton.
    Das Gummiband riss, als Georg es abrollen wollte, und er strich das sich immer wieder zusammenrollende Papier auf dem Tisch glatt. Es war eine Bleistiftzeichnung: Popeye fuhr mit einem Gabelstapler auf einen Stapel Paletten zu – dahinter ein Dachfirst mit dem Namenszug »Berthold«. Erst jetzt begriff Georg, dass er das sein sollte, denn Popeye hatte keine Pfeife im Mund, in die er Spinat hineinschüttete, wohl aber trug dieser Popeye Schnürstiefel, wie er sie

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