Toedlicher Sumpf
ich meinen Pontiac gut versteckt zwischen zwei riesigen Geländewagen, und als ich zu Hause ankomme, hat die Dämmerung sich über die Stadt gesenkt. Es ist Abend, und ich sehne mich nach innerer Ruhe, danach, mich zu fühlen wie jemand, der einen arbeitsreichen, produktiven Tag hinter sich hat und nun – ausgelaugt und leicht beduselt – wohlverdient entspannen kann. Aber es gelingt mir nicht. Meine Nerven sind zum Zerreißen gespannt. Ich tigere durch die Wohnung, kann nicht sitzen bleiben. Ich reiße den Kühlschrank auf, starre hinein, suche die Fächer ab, doch mein Blick bleibtan nichts haften. Was mich umtreibt, ist eine andere Art von Hunger.
Ich gehe in mein Zimmer, ziehe mich, ohne nachzudenken, aus und wühle im Kleiderschrank. Da: ein schwarzer Baumwollrock, weit, aber kurz. Ich schlüpfe hinein, ziehe den Reißverschluss hoch, lege den BH ab und greife mir ein blaues T-Shirt aus der Schublade. Das streife ich über, dann steige ich in die Bastsandalen mit den hohen Keilabsätzen und den Gummisohlen, mit denen es sich auf Gras gut geht.
Vor dem Badezimmerspiegel binde ich mein Haar zu einem hohen, asymmetrischen Pferdeschwanz und male mir die Lippen kastanienbraun. Es kostet mich Überwindung, mir in die Augen zu schauen. Sie flackern so merkwürdig. Schnell sehe ich wieder weg.
Als ich auf den Parkplatz am Deich rolle, sind im letzten Dämmerlicht immer noch zwei Mannschaften im Spiel. Ich nehme meine Handtasche und gehe hinüber zum Spielfeld. Die ausgelaugten Männer bewegen sich nur noch langsam, es kostet sie sichtlich Mühe. Wer gerade nicht in Ballnähe ist, der steht still und schöpft Atem. Und wenn sie laufen, sieht es aus, als befänden sie sich unter Wasser, als hätten die Wärme und die Luftfeuchtigkeit von New Orleans sich wie eine zähe Masse um sie gelegt, eine Art Gel, etwas Festes, das die Glieder schwer macht und die Bewegungen langsamer.
Ich gehe am Spielfeldrand entlang, erst in die eine, dann in die andere Richtung und wieder zurück. Die paar Latinas, die noch zuschauen, sind vollauf damit beschäftigt, Kleinkinder von der weißen Linie fernzuhalten. Einige unterhalten sich leise, andere stehen schweigend da, kümmern sich um ihre Kinder, sehen ihren Männern beim Spielen zu und beäugen mich argwöhnisch. Obwohl noch jung, sind die meisten von ihnen schon dicklich und auf dem besten Weg, fett zu werden.
Ich schlendere auf und ab. Es ist wie Angeln, als hätte ich die Schnur ausgeworfen und brauchte nur noch darauf zu warten, dass einer anbeißt. Mein gesamter köstlicher Körper strafftsich und pulst; meine Beine, die braun sind und immer noch glänzen, seit ich sie heute Morgen mit Kakaobutter eingerieben habe, berühren einander gleitend bei jedem Schritt, meine nackten Brüste wippen leicht unter dem T-Shirt. Die hohen Absätze machen einen wiegenden Gang, und der Baumwollrock schwingt hin und her.
Ein Spieler späht in meine Richtung, dann ein anderer. Und dann ist es wie eine Welle, die sich auf dem Feld ausbreitet: Sie straffen die Schultern, murmeln untereinander, schauen herüber. Einer rennt schneller als eben noch, ein anderer taucht, gleitet mit weit nach vorn gestrecktem Bein über den Rasen und erwischt den Ball im letzten Augenblick. Als er aufsteht und sich umschaut, sehe ich, dass er größer ist als die anderen. Ich bleibe stehen, richte meinen Körper so aus, dass ich ihm genau gegenüberstehe. Klatsche Beifall, lächle. Von da an rennt er noch schneller.
Das Spiel geht zu Ende, und der Große verabschiedet sich mit Handschlag von seinen Kollegen, wobei sie noch in schnellem Spanisch Absprachen für das nächste Mal treffen. Als die anderen, gefolgt von Frauen und Kindern, in einer großen Traube langsam zum Parkplatz hinübergehen, greift er sich seine graue Sporttasche und kommt auf mich zu. Seine braunen Augen sagen mir, dass er genau richtig ist: aufgeschlossen, aber nicht zu interessant. Nett, aber nicht brillant. Genau richtig eben.
» Hola «, sagt er. » ¿Cómo estás? «
» Bien, bien, gracias. « Ich lächle möglichst einladend. Manche Machos brauchen viel Ermutigung. Denen spuken ständig ihre Mama und die Heilige Jungfrau im Kopf herum.
Sein Lächeln fällt schüchtern aus. » ¿Te gustaría tomar un café conmigo? « Süß.
»Nein, vielen Dank. Y no hablo español .« An Kaffee und Konversation bin ich nicht interessiert. Er scheint enttäuscht, deshalb sage ich schnell: »Gutes Spiel.«
» Gracias. Gracias. « Er nickt. Da steht er
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