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Toedlicher Sumpf

Toedlicher Sumpf

Titel: Toedlicher Sumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Castro
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ist.«
    »Oho. Mr. Verschwiegen.«
    Er zieht die Brauen hoch. »Du gerade!«
    »Aber wozu überhaupt einen Roman schreiben? Wenn du was zu sagen hast, warum hältst du dich nicht an die Tatsachen?Ich meine, nicht, dass ich wie eine Journalistin klingen will oder so.«
    »Manche Geschichten sind mit einem kleinen Dreh einfach besser.« Er grinst. »Nicht, dass ich wie ein Barkeeper klingen will. Ich habe Hunger. Möchtest du noch ein paar Chips?«
    »Nein.«
    »Okay, aber ich möchte noch ein paar Chips.« Er verschwindet noch einmal in der Küche, und ich höre es klappern, als Chips in die Schale fallen. Dann taucht er wieder auf und platziert den Berg aus geröstetem, gesalzenem Maismehl auf dem niedrigen Tisch. »Und«, fragt er, ohne mich anzusehen, »was hast du neulich Nacht geträumt?«
    »Neulich Nacht?« Ich starre ihn an. »Oh Gott, ja. Das hätte ich fast vergessen.« Daran hatte ich keinen Moment mehr gedacht. »Ja, das war verrückt.«
    Er setzt sich und trinkt einen Schluck. »Was hast du denn nun geträumt?«
    »Keine Ahnung.«
    »Du kannst dich nicht daran erinnern?«
    »Ich erinnere mich nie an Träume.«
    »Nie?«
    »Nie. Na und, was ist schon dabei?«
    Er runzelt die Stirn. »Ehrlich? Das hat sich jedenfalls nach einem richtig üblen Traum angehört.«
    Plötzlich empfinde ich seine Besorgtheit als erdrückend. »Es war ein Traum, weiter nichts, okay? Ich schlafe, ich wache auf, und alles ist gut.«
    Er mustert mich aufmerksam, während er einen Chip knabbert. Was er als Nächstes sagt, ist so neutral formuliert, dass es klingt wie einstudiert. »Hast du schon mal daran gedacht«, fragt er und schaut aus dem Fenster, »mit jemandem zu reden?«
    Eine lange Pause. Zu hören ist nur der Regen, der auf den Balkon klatscht.
    Ich stehe auf. »Haben wir noch Salsa?«
    »Das heißt wohl nein?«
    »Ach hör doch auf. Ich hab einfach Hunger.«
    »Gut. Es kann dir nicht schaden, ein bisschen mehr zu essen.«
    Im Kühlschrank steht noch eine Flasche V8, die nehme ich mit ins Wohnzimmer. Der Dielenboden fühlt sich kalt an unter meinen nackten Füßen. Die Halbzeit ist zu Ende. »Musst du nicht an einem Roman arbeiten?«
    »Psst! Das hier muss ich noch sehen.« Er beugt sich vor, um den Ton wieder einzuschalten.
    Ich lehne mich zurück und dränge meine Schulter an ihn, bis er den wärmenden Arm wieder um mich legt. Roux kommt herüber, stößt einen tiefen Hundeseufzer aus und sackt zu Uris Füßen zusammen. Draußen regnet es immer noch; alles ist grau.
    Mit jemandem reden? Mir geht’s gut. Ein schlechter Traum, ein bisschen Angst – was gibt’s da zu reden?
    Roux grunzt zufrieden, und wir versenken uns in die zweite Spielhälfte – mit dem Gedröhne des Reporters und einem gelegentlichen Donnergrollen im Hintergrund. So ist es gemütlich: Uri und ich auf dem Sofa, dazu Roux und der Regen und das Spiel.

16
    Als ich am Montagmorgen in die Redaktion komme, klebt auf meinem Schreibtisch ein gelber Zettel von Bailey. @ Nola: Dienstag, 8.00 Uhr in meinem Büro. Betr.: Sexualstraftäter-Story .
    Das ist komisch – warum schickt er mir nicht einfach eine Mail? Ich checke meine Mails ständig, egal, ob ich im Büro bin oder nicht. Will er testen, ob ich regelmäßig im Ressort auftauche?
    Okay, jetzt bin ich da. Ich schicke ihm eine Mail, in der steht, klar, morgen früh um acht bin ich da. Kein Problem, Chef.
    Noch während ich das schreibe, stolziert Claire an meinem Tisch vorbei.
    Den Vormittag bringe ich damit zu, ein paar kleine Texte zum Jazz Fest zusammenzustellen: wer auf der Congo-Square-Bühne spielt, wer auf der Ray-Ban-Bühne, wer auf der Fais-Do-Do-Bühne und so weiter. Reine Routine, die keinerlei Nachdenken erfordert.
    Mittag ist schon eine Weile vorbei, als ich Lust auf plátanos bekomme, und ich gehe ins »Cubaney« im Central Business District. Das kleine neue Lokal an der Chartres Street ist sehr karg eingerichtet, was entweder bedeutet, dass der Besitzer mit praktisch nichts angefangen hat oder dass er verrückterweise für seinen kubanischen Laden ein Ambiente im skandinavischen Stil wollte.
    Ich bin gern hier. Sie brauchen auch in der Mittagszeit nie lange für die Bestellungen, und die Preise sind vernünftig. Aus der kleinen Küche dringen herrliche Schweinefleisch-Knoblauch-Düfte herüber, und die Frauen, die hier arbeiten, sprechen alle mit dem gleichen Akzent wie Mamá. Sie bringen mireine papa rellena , eine Ofenkartoffel, die mit einer Mischung aus deftig gewürztem Hack, dem

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