Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Toedlicher Sumpf

Toedlicher Sumpf

Titel: Toedlicher Sumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Castro
Vom Netzwerk:
mit seiner Sporttascheüber der Schulter, neugierig, etwas aus dem Konzept, den Kopf schräg gelegt wie ein deutscher Schäferhund. Hier werde ich die Führung übernehmen müssen.
    Immer noch lächelnd greife ich nach seiner Hand. Seine Brauen schnellen in die Höhe; jetzt scheint er zu verstehen. Er grinst, als hätte er gerade auf einem Rubbellos eine Gewinnzahl freigekratzt. Während er nickt und zu dem grasbewachsenen Abhang und den dunklen Bäumen hinüberzeigt, nimmt er mich beim Arm und will mich vorwärtsziehen. Sehr gelehrig. Im Park ist niemand mehr. Ich nicke.
    Schweigend gehen wir in die Dunkelheit. Bald packt er mich um die Taille, befühlt meinen Hintern, schiebt eine Hand unter mein T-Shirt. Er legt mir den Arm um den Hals, greift mir in den Ausschnitt und umfasst eine Brust. Hier geht’s nicht um Raffinesse; der Kerl ist gierig. Aber das gefällt mir. Auf Raffinesse war ich nicht aus. In diesen Sandalen komme ich auf dem unebenen Grund etwas ins Schlingern; ich drücke die Handtasche fest an mich. Der Boden ist warm und trocken; noch gibt es keinen nächtlichen Tau.
    Er ist vielleicht nicht feinfühlig, aber als wir eine gute Stelle gefunden haben – dunkel und weit weg von sämtlichen Lichtern oder Leuten –, stößt er mich ins Gras, wie ich es mag, und mein Denken setzt aus. Er küsst mich heftig, wild, und ich recke mich ihm entgegen, presse mich an ihn. In mir lockert sich etwas, wird weich und geschmeidig; eine furchtbare Anspannung löst sich. Ich lege die Arme um ihn, schlinge die Beine um seine Beine. Seine Hand gleitet kurz unter mein Shirt, streichelt, presst. Unter dem Drängen seiner Zunge öffne ich den Mund. Dann schiebt er meinen Rock hoch und umfasst meinen Hintern. Ich bin nass. Seine Finger dringen in mich ein, und in einer Mischung aus Küssen und Beißen gleitet sein Mund über mein Kinn, den Hals, das Schlüsselbein. Mein Kopf ist wie leer gefegt.
    Deshalb bin ich hier; das ist es, was ich wollte. Dieses Schweigen. Dass die Stimmen in meinem Kopf endlich verstummen.Dass der nicht abreißende Strom aus Gedanken und Worten einmal gestoppt wird, dass die unterschwellige Angst, die ich permanent spüre, aufhört. Stummes Sich-Wälzen gieriger, ineinander verschlungener Leiber auf dem nackten Boden, das ist alles, was ich will.
    Mit seiner freien Hand umklammert er meine Handgelenke, führt sie über meinen Kopf und drückt sie in das trockene Gras. Stöhnend biege ich mich ihm entgegen.
    Der Laut lässt ihn stutzen, er fährt zurück. Doch dann sehe ich ihn im Dunkeln lächeln.
    »Du magst es hart, was?«, murmelt er. »Dreckige kleine puta . Du magst ein bisschen susto , stimmt’s?«
    Susto . Angst. Der Windstoß, der dir den Atem nimmt – und die Seele.
    Er lacht leise, ein Geräusch, das mir den Magen umdreht. Er lässt meine Handgelenke los und fängt an, in seiner Sporttasche zu wühlen. »Ich hab susto für dich. Genau das Richtige für solche verfickten putas wie dich.«
    Und dann fließt die ganze Welt in einem winzigen Punkt zusammen: der silbern funkelnden Spitze einer Klinge genau über mir. Ich sehe sein Messer, sein Grinsen, und plötzlich steht es unabweisbar vor mir, so als hätte sich eine Tür geöffnet und den Blick darauf freigegeben: auf das, wonach ich gesucht habe. Nicht Sex, sondern etwas anderes. Bitte für uns Sünder jetzt und in der Stunde unseres Todes.
    Eine schreckliche Kälte macht sich in mir breit, ein Wissen, das mir Knie, Bauch und Zunge gefrieren lässt. Er hebt mit der Klinge mein T-Shirt an, lässt sie an der Brust entlanggleiten. Ich schaue nicht hin, während er sich gar nicht daran sattsehen kann, an dem Metall auf meiner Haut. Die Messerspitze stößt gegen die Brustwarze. »Ich geb dir was, woran du dich erinnern kannst«, keucht er.
    Sekundenlang denke ich: Warum nicht? Frieden. Schluss mit allem. Vielleicht ist es das, was ich immer suche. Ein bisschen Blut, ein bisschen Schmerz und dann Schlaf.
    Es ist wie eine Welle, die über mich hinweggeht, und ich bin entsetzt. Bis zu diesem Augenblick bin ich nie auf die Idee gekommen, dass ich insgeheim den Tod herbeisehne, dass tief in mir dieser Wunsch lauern könnte. Und doch ist er da. Ein Drang, ein heftiges Verlangen danach, dass alles ein Ende hat.
    Aber ich will nicht sterben. Und ich habe kein Interesse an Schmerz und Qualen; auf sadistische Spielchen fahre ich nicht ab. Während er wahrscheinlich glaubt, dies sei seine große Stunde, weil er endlich eine Gleichgesinnte gefunden

Weitere Kostenlose Bücher