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Toedlicher Sumpf

Toedlicher Sumpf

Titel: Toedlicher Sumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Castro
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diesen Braten wieder warm kriegen«, sagt sie und schiebt den Bräter in den Ofen.
    Unglaublich. Meine Mutter ist gegen die Superhausfrau Betty Crocker vertauscht worden. Ich schaue in den Kühlschrank und finde nur eine große Plastikdose vorn im obersten Fach. Die schwarzen Bohnen und der Reis darin bestehen meinen Geruchstest mit Leichtigkeit.
    »Die sind frisch«, sagt sie. »Für heute. Ledia wird bald hier sein.« Sie schwirrt herum, gießt Wasser in die drei Gläser auf dem Tisch, gibt Apfelmus in eine Servierschale, lockert den Salat, stellt eine Platte mit Guavenpaste und Frischkäse hin.
    »Kann ich dir helfen?«
    » Sí, sí . Stell los moros y cristianos in die Mikrowelle.«
    Als es an der Tür klopft, bin ich noch damit beschäftigt, Bohnen und Reis auf einer Glasplatte anzurichten.
    » Ay, dios mío .« Mamá bekreuzigt sich und legt die Schürze ab.
    »Ich bin gleich da«, sage ich und überlege noch, wie lange Reis und Bohnen brauchen werden.
    Als ich mich umdrehe, sehe ich meine Mutter neben einer großen dunklen Frau stehen. Schlank, mit freundlichen Augen.
    »Das ist Ledia«, sagt Mamá. Die Frau lächelt. »Ledia, esto es mi hija Nola .«
    Mein Blick wandert an den beiden nach unten, und plötzlich sehe ich nur noch ihre ineinander verschränkten Finger. Sie halten Händchen.
    »Heilige Scheiße.« Ich falle rücklings auf den nächstbesten Stuhl. Mamá bekreuzigt sich. »Mein Gott«, sage ich. »Das gibt’s nicht.« Der Raum um mich her schwankt. »Das gibt’s einfach nicht.«
    Meine Mutter kommt zu mir. » Mi’ja, mi’ja , es tut mir leid!« Ihre Augen schwimmen in Tränen.
    »Scheiße, Mamá, du bist lesbisch?« Mein Blick wandert zwischen den beiden hin und her. »Nein. Unmöglich .«
    »Ay, möge Gott mir vergeben.«
    »Vergeben? Machst du Witze?« Jetzt muss ich lachen. Wie konnte ich dermaßen blind sein? »Das ist doch toll . Ich freue mich so für dich!« Ich rappele mich auf und nehme sie in die Arme. Dann schüttele ich Ledia die Hand, zögere kurz und – was soll’s? – umarme auch sie. Sie drückt mich ebenfalls und lächelt. »Trotzdem kann ich es immer noch nicht glauben. Warum hast du mir nie etwas gesagt?«
    Meine Mutter ist verwirrt. »Ay, Nola, ich dachte, es würde dich aufregen. Du bist so fromm.«
    »Mein Gott, nein, Mamá! Ich bin nicht fromm.« Wieso denkt sie das? »Ich mag die Kirche, sicher, aber bei manchen Dingen liegen sie dort vollkommen falsch.«
    Sie seufzt. » Ay, dios mio , ich bin so erleichtert. Was habe ich mir für Gedanken gemacht! So, wie du immer in der Kirche sitzt – du wirkst so ernst ...«
    Ledia schaut sie an und lächelt. »Ich hab’s dir gesagt.«
    »Mach dir keine Gedanken mehr, Mamá. Ich freue mich, dass es in deinem Leben jemanden Nettes gibt.« Ich umarme sie noch einmal. »Es ist keine Sünde – es ist Liebe. Menschengehören zu Menschen.« Ihr stehen schon wieder Tränen in den Augen.
    Beim Essen – während wir uns an all den leckeren Sachen erfreuen, die sie für den Anlass zubereitet hat – redet sie, erzählt Dinge, von denen ich keine Ahnung hatte.
    »Es ist schwer«, sagt sie, »offen über die eigenen Wünsche zu sprechen. Auf Kuba habe ich mich selbst nicht richtig gekannt. Pues sabes , dort wurden Leute wie ich auch abgelehnt. Du konntest dafür sogar ins Gefängnis kommen. Ich habe mir nie erlaubt, auch nur daran zu denken. Stattdessen habe ich mich gezwungen, mich mit Männern abzugeben. Den einen oder anderen habe ich sogar geliebt, como tu papá , als ich hierherkam, in die Staaten. Und dann war ich immer so beschäftigt, habe mich um dich gekümmert. Ab und zu bin ich mal mit einem Mann ausgegangen, weißt du noch? Ich habe mich dazu gezwungen. Ich wollte es richtig machen. Moralisch richtig. Meine Hoffnung war, dass ich heiraten könnte, damit du einen Vater bekommst. Aber en estos días habe ich mich selbst nicht gekannt.«
    Sieht so aus, als wäre ich nicht die Einzige, die ihr Liebesleben unter Verschluss hält. Es ist ein komisches Gefühl, Kuba in solchem Licht zu betrachten, mir meine Mutter als Ziel politischer Verfolgung vorzustellen und die katholische Kirche, an der sie doch hängt, als den Quell all ihrer Scham und Furcht.
    Immer wieder wechseln Ledia und sie während des Essens verstohlene Blicke und lächeln einander zu wie zwei, die ein süßes Geheimnis teilen. Unglaublich. Meine Mutter – verliebt.
    Sie greift nach meiner Hand, lehnt sich zu mir herüber und streicht mir eine kleine Locke aus dem

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