Tödliches Abseits (German Edition)
Inhaber?«
»Ja, der bin ich.«
»Verkaufen Sie solche Messer?« Der Beamte hielt seinem Gegenüber ein Foto der Tatwaffe hin.
Rüders warf einen kurzen Blick darauf und erwiderte: »Das ist ein Springmesser Marke Bison. Wird in Hongkong gefertigt. Gute Qualität. Kostet im Verkauf 39,90 Mark. Das habe ich noch nicht sehr lange im Angebot, vielleicht ein halbes Jahr. Wenn Sie das genau wissen möchten, müsste ich ...«
»Nein, das ist nicht nötig. Können Sie feststellen, wie viele Messer Sie davon schon verkauft haben?«
»Selbstverständlich. Einen Moment, da muss ich eben im Computer nachsehen.«
Der Verkäufer verschwand durch einen Vorhang, der einen Durchgang zu einem Hinterzimmer verbarg. Zwei Minuten später hörte Pauly das unverwechselbare Geräusch eines Nadeldruckers und einen Moment später kehrte Rüders mit einem Computerausdruck zurück.
»Eins im Februar und vier im März. In diesem Monat noch keines.«
»Können Sie sich an die Kunden erinnern, die so ein Messer gekauft haben?«
Rüders sah den Kommissar schweigend und mit einem kalten Blick an. Dann sagte er ruhig: »Ich sehe mir meine Kunden nie genau an, Herr Kommissar. Das Messer ist waffenscheinfrei und damit an jeden, der volljährig ist, frei verkäuflich. Da kann ich Ihnen nicht helfen.«
Pauly zückte Droppes Foto. »Schauen Sie mal, das könnte der Käufer sein. Erkennen Sie ihn wieder?«
Für einen kurzen Moment meinte der Polizist, ein Flackern in den Augen Rüders erkannt zu haben.
Dann hatte sich der Waffenhändler wieder in der Gewalt. »Nein, tut mir Leid, ich sagte Ihnen ja bereits ...«
»Herr Rüders«, unterbrach ihn der Beamte. »Ich ermittle in einem Mordfall. Und ich kann Ihnen versichern, dass wir wenig, um nicht zu sagen überhaupt kein Verständnis dafür haben, wenn unsere Ermittlungen behindert werden.« Pauly beschloss zu bluffen: »Ich könnte mir vorstellen, dass sich einige meiner Kollegen Ihre Literatursammlung gerne etwas genauer ansehen würden. So ganz koscher scheint mir das nicht zu sein. Bestimmt haben Sie auch noch eine Reichskriegsflagge, wenn nicht Schlimmeres in Ihrem Keller. Sie wissen doch sicher, dass das Zeigen und Tragen nationalsozialistischer Symbole in der Öffentlichkeit verboten ist, oder? Und der Verkauf natürlich auch«, setzte er hinzu.
Rüders wurde blass.
»Ich würde Ihnen vorschlagen, dass Sie sich das Bild doch noch einmal ansehen.«
Der Ladenbesitzer nahm das Foto und schob seine Brille auf die Stirn. »Es könnte sein, dass ich ...«
»Was heißt das?«, forderte Pauly barsch.
»Ja, ich meine schon ...«
»Ich habe nicht ewig Zeit. Haben Sie den Mann nun schon einmal gesehen?«
Rüders schwieg einen Moment. Feiner Schweiß perlte auf seiner Stirn. »Ja«, sagte er dann mit gesenkter Stimme. »Ich kenne den Mann. Der hat so ein Messer gekauft.«
Kommissar Pauly atmete tief durch. Volltreffer. Der Kandidat hat hundert Punkte.
»Warum wollten Sie mir das nicht sofort sagen? Sie haben ihn doch gleich wieder erkannt, oder?«, fragte er.
»Ja, das habe ich. Ich kann mich noch gut an die Situation erinnern. Es war im März, am ...«, er sah auf den Computerausdruck, »... fünften. Der Mann kam kurz vor Feierabend. Er war ziemlich betrunken und wollte eine Gaspistole und das Messer. Irgendein Klappmesser. Welches war ihm egal. Ich habe ihm dann noch ein Schulterhalfter für die Waffe und drei Ersatzmagazine verkauft. Eigentlich ...«
»... hätten Sie die Waffen an einen so stark alkoholisierten Kunden nicht verkaufen dürfen, stimmt’s?«
Rüders nickte und wischte sich mit dem Taschentuch den Schweiß von der Stirn. »Das Geschäft lief nicht so besonders. Und da habe ich gedacht ... Es hätte ja schließlich keiner gemerkt.«
»Wie man sich doch irren kann. Ich gebe Ihnen einen guten Rat. Sollten Sie, was ich vermute, mit noch anderen Dingen handeln als denen, die hier zu sehen sind, würde ich das zukünftig lassen. Und sehen Sie sich Ihre Kundschaft genauer an, man kann ja nie wissen ... Morgen um acht kommen Sie ins Polizeipräsidium Recklinghausen. Wir benötigen Ihre schriftliche Aussage. Und vergessen Sie den Termin nicht. Ich habe keine Lust, Sie abholen zu lassen.«
»Das werde ich nicht, Herr Kommissar«, beeilte sich Rüders zu versichern. »Ganz bestimmt nicht. Und Ihren Rat ...«
Den letzten Satz hörte Kommissar Uwe Pauly schon nicht mehr. Er war bereits draußen auf dem Weg zu seinem Dienstwagen. Dieser Erfolg würde ihm einige Pluspunkte bei
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