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Toedliches Erbe

Toedliches Erbe

Titel: Toedliches Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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Ärmels des Gegenübers auf verborgene Waffen war. Dann gingen die Teams in Stellung.
    An dieser Stelle begannen Kate und Crackthorne gewöhnlich, die Augen auf das Spielfeld gerichtet, ein Gespräch über Literatur, oder sie schwätzten über Schule und Universität. Einmal hatte Kate ein Spiel ohne Mr. Crackthorne angesehen und es fast langweilig gefunden. Das hatte sie Leo natürlich nicht merken lassen. Crackthorne war vor einigen Jahren Kates Student gewesen und hatte alle Hürden auf dem Weg zum Doktortitel genommen, bis auf die Dissertation 42

    selbst, die sich auf eine Weise, die Kate nur allzu gut kannte, über die Jahre hinzuziehen schien. Um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, hatte er als Englischlehrer am St. Anthony’s angefangen. In diesem Jahr allerdings klang es, als beabsichtige er, im Laufe des kommenden Sommers seine Arbeit über die überlebenden englischen Schriftsteller aus der Zeit des Ersten Weltkrieges tatsächlich zu voll-enden. Kate war überzeugt, daß diese Untersuchung erstklassig sein würde.
    Das sagte sie ihm auch, während sie aus einem Augenwinkel zu-sah, wie der Ballführer des einen Teams den Ball einhändig über den Platz dribbelte und mit der anderen Hand mögliche Spielzüge andeu-tete. Besonderes Vergnügen machte ihr die Analogie zwischen dem Ballführer eines Basketball-Teams und ihrer eigenen Arbeit in den Seminaren, eine Analogie, für die Leo nur ein Schnaufen übrig hatte.
    Er hielt Kate ohnedies für allzu analogieanfällig.
    »Es macht mich ganz trübsinnig«, sagte Crackthorne. »Es ist, als versuchte man, ein Kissen in einen zu kleinen Bezug zu stopfen.
    Überall quillt es heraus. Natürlich kannten diese englischen Typen sich alle untereinander, so daß man ständig einer neuen Spur folgt, die zu neuen Wundern führt. Und was ich bis dahin geschrieben habe, kommt mir unsäglich ermüdend vor.«
    »Das ist unvermeidlich«, sagte Kate. »Es liegt daran, daß Ihnen alles, was Sie zusammengetragen haben, so vertraut ist und Sie deswegen annehmen, es müsse für alle anderen langweilig und vertraut sein. Aber das ist es nicht. Schneiden Sie dem Kissen eine Ecke ab, stopfen Sie die Federn dorthin, wo noch Platz im Bezug ist, nähen Sie die Nähte so ordentlich zusammen wie möglich, und denken Sie erst dann über andere wunderbare Wege nach, die sich Ihnen eröffnen könnten. Toller Schuß! Großartig, Leo! Sie wissen bestimmt, was ich meine, auch wenn Basketball einen ausgesprochen schädlichen Einfluß auf meine Syntax und meine Vergleiche hat.«
    Kate wurde durch einen Blick auf die elektrische Anzeigetafel klar, daß das erste Viertel zu Ende ging und die Chancen des St.-
    Anthony’s-Teams, die Saison ohne Niederlage zu beenden, gut standen. Als der Pausenpfiff ertönte, wandte Crackthorne sich zu Kate und verwickelte sie in eine Diskussion über Aldous Huxley, der, wie ihm jetzt auffiel, in seiner Jugend für einen amerikanischen Trainer ein interessanter Kandidat gewesen wäre, hätte er ein scharfes Auge und zugleich das Pech gehabt, in Amerika geboren zu sein. Einen Augenblick lang versuchte Kate sich vorzustellen, wie Huxley hin-43

    und hergerissen wäre zwischen Basketball und der Niederschrift von
    ›Crome Yellow‹. Sie erzählte es Crackthorne.
    »Diese Engländer«, sagte er, ein Auge auf dem Spielfeld, wo das zweite Viertel begann. »In verrückten Momenten versuche ich mir vorzustellen, wie der Trainer wohl Lytton Strachey das Zusammen-spiel beibringt. Strachey gehörte zu denen, die diesen ganzen Unsinn hätten auseinanderpflücken können. Für den Trainer sind natürlich alle modernen englischen Schriftsteller meiner Epoche nichts als Schwule. Ich habe ihm gesagt, daß er sie wohl eher für Schufte hält, aber Schufte sind für ihn die Leute, die die Nixon-Administration für Spezialaufgaben angestellt hatte. Um auf Huxley zurückzukommen, haben Sie gehört, wie…«
    In der Halbzeit brüllte erneut die Rockmusik los, und die Teams verschwanden. Kate und Crackthorne gingen nach unten, um in relativer Ruhe eine Zigarette zu rauchen. St. Anthony’s führte mit 34
    Punkten, was für den Rest des Abends einen gewissen Spannungsab-fall bedeutete. Aber Leo hatte sie gewarnt, weil die Knicks oft im letzten Viertel doch noch gewonnen hatten. An Fahnenflucht war also nicht zu denken.
    Auf dem Rückweg ins Inferno wurden beide von Mr. Künstler, dem Trainerassistenten, aufgehalten, der für die Nachwuchsmann-schaft verantwortlich war und außerdem für

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