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Toedliches Erbe

Toedliches Erbe

Titel: Toedliches Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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führte.
    »Verdammt noch mal«, sagte Leo. »So ist das Spiel eben. Beim Frühjahrstraining haben die Texas Rangers die Yankees mit bean balls bombardiert. Das hat ganz schön gekracht.«
    »Bean balls? «
    »Also wirklich, Kate, liest du denn keine Zeitung? Der Werfer zielt auf den Gegner und versucht, die besten Spieler zu treffen. Billy Martins Idee.«
    »Das ist doch nicht dein Ernst.«
    »Natürlich gefällt das der anderen Mannschaft nicht.«
    »Natürlich. Nehme ich jedenfalls an. Aber Leo, was ist nur aus dieser alten Vorstellung geworden, daß es gar nicht darauf ankommt, ob man gewinnt oder verliert, sondern nur, daß man spielt, so gut man kann.«
    »Viktorianisch, oder?«
    »Ja, dumm von mir. Wie Joseph Kennedy zu seinen Söhnen gesagt hat: ›In den Ring mit euch und gewinnt!‹ Und wie Vince Lom-bardi zu Nixon oder sonstwem gesagt hat: ›Gewinnen ist nicht wichtig, Gewinnen ist einfach alles.‹ Über den Zusammenhang mit Watergate möchte ich mich nicht auslassen. Bist du sicher, daß du hier neben deiner alternden Tante sitzen willst? Leo, stimmt etwas 61

    nicht?«
    »Manche Schulen zögern beim Heimspiel den Schlußgong hinaus. Bei uns hat es das noch nie gegeben.«
    »Offenbar stellt ihr euch alle für den Friedensnobelpreis an. Als ich jung war, habe ich mir geschworen, daß ich im Alter niemals frage: Was soll nur aus dieser Welt noch werden? Nimm bitte zur Kenntnis, daß ich das auch jetzt nicht tue. Leo, ist wirklich alles in Ordnung? Du sitzt doch sonst nicht neben mir, sondern auf der Bank.« Das war eine feine Unterscheidung, denn die »Bank« am Spielfeldrand und die Zuschauerbank jenseits des Zauns, auf der Kate saß, waren identisch.
    »Wirklich, Kate, du brauchst nicht so tun, als spräche ein junger Mann nie mit einer älteren Frau. Als einige meiner Freunde hörten, daß du Professorin bist, wollten sie dich gern kennenlernen. Natürlich würden sie noch lieber Reed treffen und was über die Arbeit eines Bezirksstaatsanwalts erfahren.«
    »Hast du ihm schon einmal so ein Treffen vorgeschlagen?«
    »Nein, so was muß sich zufällig ergeben. Bis später.«
    Kate sah, wie er sich zu seiner Mannschaft setzte. Was war da nicht in Ordnung? fragte sie sich. Er hat sich gerade für Swarthmore und gegen Harvard entschieden, und das war ja kaum ein Grund, bedrückt zu sein. Ich werde anscheinend schrullig – zweifellos der Preis für den Umgang mit jungen Leuten. In dem Augenblick rief der Trainer: »O.k. Ricardo, das wär’s. Ab unter die Dusche.«
    Letzteres sollte wohl – mitten im Central Park – eine witzige Bemerkung sein. »Gutes Spiel«, sagte der Trainer. »Genau, Mann«, echote das Team. Kate beobachtete Ricardo, wie er zurück zur Bank schlenderte (stolzierte, schlurfte, gockelte, alles zugleich). Sie versuchte, in seiner Haltung irgendwo den Maler aus Europa wiederzu-entdecken und die Schriftstellerin von unendlicher Sensibilität. Sie sah, wie er sich neben Leo setzte und der ihn begrüßte, kurz danach aber aufstand. Kate rief sich streng zur Ordnung: Das hatte sicher nichts zu bedeuten. Leo schien nach einem Schlagstock zu suchen.
    Als sie seinen Blick auffing, winkte sie ihm »Auf Wiedersehen« und schlenderte durch den Park nach Hause.
    Daheim wandte sie sich ihrer angesammelten Korrespondenz zu
    – angesammelt in dem Sinne, wie sich Staub unter dem Bett ansam-melt. Lunch und Baseball mußten mit Stunden an der Schreibma-schine bezahlt werden. Es schien unfaßbar, daß eine schlichte Literaturprofessorin (im Gegensatz zu einer berühmten Schriftstellerin wie 62

    Cecily zum Beispiel) derart viel Post bekam. Reed hatte ihr auf seine praktische Art geraten, sie einfach nicht zur Kenntnis zu nehmen, eine Sekretärin einzustellen, ein Diktaphon zu benutzen. Kate gefiel keiner der Vorschläge. Sie nahm nicht einmal die Sekretärinnen im Büro in Anspruch, sondern tippte ihre Briefe selber und hoffte, daß auch am Ende eines langen Arbeitstages Syntax, Rechtschreibung und Verstand noch ausreichten.
    Die Nationale Stiftung für die Menschlichkeit, Stipendienabtei-lung für Jugendliche, fragte an, ob sie als Gutachterin für sie tätig werden wolle, und hatte dem jungen Mann, um den es ging, vorgeschlagen, ihr zu schreiben. Sein Brief begann mit »Kate« und endete
    »Ihr Freund Andy«, obwohl sie bis zu diesem Moment natürlich noch nie von ihm gehört hatte. Es kostete sie große Mühe, sich in ihrer Antwort nicht von diesem ihr fremden, aber kaum weniger noblen Verhaltenskodex

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