Tödliches Farbenspiel
hält.« Das Kinn auf die knochige Brust gesenkt, starrte er düster
ins Leere.
»Wollten Sie mich wegen Ihrer Probleme
mit Mrs. van Dyne sprechen?«
»Bitte?« Er fuhr aus seinen Gedanken
hoch. »Nein, nein, keineswegs. Mir geht es um den Mord. Die Polizei hat gestern
abend noch mit mir gesprochen, aber da waren Sie schon weg. Können Sie mir
berichten, was Sie — wie es war? Die Polizei war nicht sehr mitteilsam.«
Dafür wird sie auch nicht bezahlt. Ich
gab Wintringham einen möglichst kurzen Bericht. Sein Gesicht war nachdenklich,
als ich zum Ende gekommen war. Hatte ich einen Schimmer von Erleichterung
bemerkt, als ich den vorgetäuschten Unfall erwähnte, oder war das meine
Einbildung gewesen? Jetzt jedenfalls war von Erleichterung nichts zu sehen.
Ich beschloß, die Gelegenheit beim
Schopf zu packen.
»Mr. Wintringham —«
»David.«
»David. Könnten Sie sich vorstellen,
daß es zu Ihrem Vorteil ist, wenn Jakes Mörder gefunden wird?«
Er sah auf. »Inwiefern?«
»Das Verbrechen wurde in einem Ihrer
Häuser verübt und an einem Ihrer Angestellten. Ich könnte mir denken, daß Sie
sich bis zu einem gewissen Grad verantwortlich fühlen.«
»Selbstverständlich bin ich
betroffen...«
»Was ist, wenn der Mord etwas mit Ihrem
Projekt zu tun hat? Vielleicht möchte es jemand sabotieren. Vielleicht ist der
Mord nur der Anfang.«
Er runzelte die Stirn. »Das wird die
Polizei doch wohl feststellen können.«
Ich zuckte die Achseln. »Vielleicht.
Vielleicht auch nicht.« Er sprang auf und begann hin und her zu gehen. »Ich
weiß nicht... Ich muß gestehen, mein Vertrauen in die Polizei ist nicht gerade
groß.«
»Privatdetektive haben oft mehr
Freiheit bei ihren Ermittlungen als die Beamten.«
»Privatdetektive wie Sie, meinen Sie.«
»Richtig.«
Er blieb vor mir stehen. »Sie möchten
einen Auftrag.«
»Ich möchte Jakes Mörder finden, genau
wie Sie.«
»Und dafür bezahlt werden.«
»Es würde ja auch meine Zeit kosten.
Ich muß leben.«
»Werden Sie denn nicht von Pro Te
bezahlt?«
»Meine Zeit wird den Mandanten in
Rechnung gestellt, so daß —«
»Ich verstehe.« Er trat unschlüssig von
einem Fuß auf den anderen. »Ich weiß nicht. Ich hab nicht viel Geld. Es steckt
alles in dem Projekt.«
»Unsere Gebühren sind angemessen.«
Er nickte. »Andererseits habe ich, wie
ich schon sagte, kein großes Vertrauen zur Polizei. Jedenfalls nicht seit
meinen letzten Erfahrungen mit ihr.«
»Worum ging es da?«
Er begann wieder hin und her zu gehen.
»Vor drei Jahren wurde drüben in dem Haus schon einmal ein Mord verübt.«
»Wer wurde ermordet?«
Er sah mich an. Der Ausdruck auf seinem
Gesicht war schwer zu deuten, schwankend zwischen Schmerz und — was? Ich konnte
es nicht definieren.
»Mein Vater, Richard Wintringham.
Vielleicht haben Sie schon von ihm gehört.«
»Er war Architekt«, sagte ich, da mir
einfiel, was Johnny Hart Hank und mir erzählt hatte.
»Ja.« Wintringham setzte sich wieder.
»So eine Art Architekt. Er hat die Wintringham-Reihenhäuser entworfen. Sie
stehen zu Hunderten draußen in den Wohnsiedlungen.«
»Sie sind praktisch und —«
Wintringhams Lächeln war starr vor
Verlegenheit.
»Sie brauchen nicht höflich zu sein,
Sharon. Es sind langweilige kleine Kästen, die mit ihren zwei Fenstern und dem
gähnenden Garagenmaul darunter wie verkorkste Gesichter aussehen. Jemand sagte
mal, wenn man vor die Garagentür noch eine Kette legt, sähen sie alle aus, als
trügen sie Zahnspangen. Aber nach dem Krieg waren sie eine halbwegs adäquate
Antwort auf die Wohnungsnot. Und es muß meinem Vater als Verdienst angerechnet
werden, daß er wenigstens nie soweit ging, in eines dieser Häuser einzuziehen.«
»Ihr Vater wohnte in dem
Queen-Anne-Haus?«
»Ja. Und kam dort zu Tode.«
»Wie?«
»Der Theorie der Polizei zufolge,
überraschte er einen Einbrecher. Mehrere wertvolle Gegenstände wurden
gestohlen, handliche Dinge, die leicht mitzunehmen waren.«
»Ist irgend einer dieser Gegenstände
inzwischen wiederaufgetaucht?«
»Nein.«
»Und der Mörder wurde nie gefaßt?«
»Es gibt keinerlei Hinweise.«
»Wann geschah das alles?«
»Vor nahezu genau drei Jahren, am
sechsundzwanzigsten Mai.«
»Und die Todesursache?«
»Ein Schlag auf den Kopf.«
Ich sah auf. Unsere Blicke trafen sich.
So war auch Jake getötet worden.
»Ist der Polizei diese Ähnlichkeit der
Ereignisse aufgefallen?« fragte ich.
»Ja, aber es schien niemanden
sonderlich zu
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