Tödliches Farbenspiel
wählen müssen, die einer Soziologin
offenstehen, und einer Beschäftigung, die, wenn auch unterbezahlt und manchmal
gefährlich, den Hunger nach Erlebnis und Abenteuer stillen konnte. Ich wich
ihrem forschenden Blick aus und sah mir statt dessen die Broschüren auf dem
Tisch an. Auf einem farbenprächtigen Flugblatt wurde ein Besichtigungsgang
durch restaurierte viktorianische Häuser angepriesen, der von Salvation
Incorporated und der Stiftung zur Erhaltung des architektonischen Erbes
veranstaltet wurde. Der Höhepunkt der Tour sollte ein kleiner Empfang mit Wein
und Käse im Hans-Lilienthal-Haus sein, dem Hauptsitz der Stiftung.
»Interessieren Sie sich für
viktorianische Häuser?« fragte Eleanor van Dyne, als sie meinen Blick bemerkte.
»Ja.« Ich holte einmal tief Atem und
log ohne mit der Wimper zu zucken. »Ich möchte nämlich eines kaufen und
restaurieren, das ich in der Western Addition entdeckt habe.«
»Und da wollen Sie wohl unbedingt auch
so einen scheußlichen psychedelischen Anstrich?«
»O nein.« Ich schüttelte energisch den
Kopf. »Ich mochte Jake Kauffmann, wissen Sie, aber seine Art der Restaurierung
gefällt mir nicht. Ich bin mehr für das Traditionelle.« Eleanor van Dynes Augen
blitzten, wie ich gehofft hatte, erfreut über diese Entdeckung.
»Dann hätten Sie vielleicht Lust,
morgen an dieser Besichtigung teilzunehmen. Die Häuser, die gezeigt werden,
sind klassische Beispiele für die viktorianische Bauweise. Ich werde die Gruppe
selbst führen. Morgen nachmittag um zwei geht es los. Ich würde mich freuen,
wenn Sie kämen.« Ich lächelte. »Herzlichen Dank. Ich komme gern.«
Eleanor van Dyne wandte sich einem Mann
zu, der neben mir wartete, und ich steckte das Flugblatt über die Besichtigung
ein und ging hinüber zu Prinz Alberts Stand.
Von der mit einem Gitter versehenen
Decke hingen ähnliche Lampen herab, wie ich sie bei Victoriana gesehen hatte,
und auf provisorischen Borden standen verschiedene Arten von Tischlampen,
manche mit Kugelschirmen aus geätztem Glas, andere mit kleinen tütenförmigen
Schirmen und wieder andere waren aus Buntglas im Tiffany-Stil. Obwohl es
offensichtlich alles neue Lampen waren, wirkten sie sehr echt und stilvoll.
Mitten unter seinen Ausstellungsstücken saß auf einem hohen Hocker ein
drahtiger junger Mann im grauen Samtjackett, auf dem Kopf einen Zylinder mit
rotem Federbusch. Karottenrotes Haar spitzte unter dem Zylinder hervor. Das
konnte nur Prinz Albert sein.
»Was kann ich für Sie tun, meine Dame?«
rief er mir zu. »Ich habe eine Frage. Bei Victoriana sagte man mir, daß Sie sie
eventuell beantworten können.«
»Ich weiß viele Antworten auf viele
Fragen. Kommen Sie herein und nehmen Sie auf meinem Thron Platz.« Er stand mit
einer Verbeugung auf, zog den Zylinder und hielt ihn einladend zum Hocker. Mir
war die ganze Schau ein bißchen zu aufdringlich.
»Gern.« Ich kletterte auf den Hocker
und kramte das Metallstück aus meiner Tasche. »Ich würde gern den Hersteller
von diesem Ding ausfindig machen.« Ich reichte ihm das Stück Fassung.
Sein Gesicht veränderte sich merklich.
Die Mundwinkel fielen herab, die Augen verschleierten sich. »Wo haben Sie das
gefunden?«
»In einem leeren Haus«, antwortete ich
mit einer unbestimmten Geste.
»In einem leeren Haus, hm.«
»Ja.«
Er stand dicht neben mir und warf das
Metallstück locker von einer Hand in die andere.
»Ich habe mich noch gar nicht
vorgestellt. Ich bin Al Prince, in der Branche als Prinz Albert bekannt. Und
wer sind Sie?« Es wäre sinnlos gewesen, meine Identität verheimlichen zu
wollen. Er brauchte sich nur bei einigen Leuten hier nach mir zu erkundigen; im
übrigen hatte er wahrscheinlich am Morgen meinen Namen in der Zeitung gelesen.
Ich sagte ihm also ehrlich, wer ich war, und klärte meine Verbindung zu Jake
Kauffmann auf.
»Dann haben Sie das Ding hier wohl in
dem leerstehenden Haus gefunden, wo Sie Jake entdeckten.« Prinz Albert
betrachtete das Stück Metall in seiner offenen Hand so aufmerksam, als könnte
er die Vergangenheit aus ihm lesen. Dann schüttelte er den Kopf. »Sagt mir
nichts.«
»Ach.« Ich hielt ihm die Hand hin.
Er gab mir die Fassung und sagte
unvermittelt: »Kommen Sie, gehen wir ein bißchen raus. Eine Weile kann ich den
Stand schon allein lassen.«
Er führte mich durch eines der großen
Seitentore zum Wasser. In der Feme konnte man die Golden-Gate-Brücke sehen und
die Segelboote in der Bucht. Prinz Albert wandte sich nach rechts,
Weitere Kostenlose Bücher