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Tödliches Farbenspiel

Tödliches Farbenspiel

Titel: Tödliches Farbenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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aus dem Holz der Mammutbäume erbaut
waren, die es damals in Kalifornien noch im Überfluß gab.
    Das Holz im Speisezimmer des
Hans-Lilienthal-Hauses, in dem ich jetzt stand, war allerdings golden schimmernde
Eiche. Das verriet mir Eleanor van Dyne, als ich mir den siebten Käsekräcker
nahm. Ich hatte am Mittag, als ich zum Umziehen nach Hause gefahren war, ganz
vergessen zu essen und hatte deshalb jetzt, außer geschwollenen Füßen, einen
Bärenhunger.
    So höflich es mit vollem Mund ging,
äußerte ich meine Würdigung der auf Hochglanz polierten Täfelung. Eleanor van
Dyne hatte ihr Herz für mich entdeckt; vermutlich weil ich behauptet hatte,
hinsichtlich der Farbgebung der Häuser mit ihr übereinzustimmen. Mir war es
wichtig, sie beim Reden zu halten.
    »Wieso geben Sie diesen Empfang
eigentlich hier im Haus der Stiftung?« fragte ich.
    Die Villa, eine imposante Kombination
aus mehreren viktorianischen Stilarten, war ein Geschenk der Erben des
ursprünglichen Eigentümers an die Stiftung. Sie war zu bestimmten Zeiten zur
Besichtigung geöffnet und konnte für private Festlichkeiten von der Art dieses
Empfangs gemietet werden; dennoch fand ich es merkwürdig, daß Eleanor van Dynes
Organisation hier zum Stehimbiß rief, obwohl sie ein eigenes, höchst
ansehnliches Haus besaß.
    Eleanor van Dyne nahm sich ein frisches
Glas Wein vom Buffet. Sie vertrug erstaunlich viel.
    »Unser Haus in der California Street
wird gerade renoviert, und wie üblich waren die Arbeiten nicht rechtzeitig
beendet. Als sich zeigte, daß es bis zu unserem Empfang nicht fertig sein
würde, erbot sich die Stiftung großzügigerweise, uns ihr Haus zur Verfügung zu
stellen. Wir rivalisieren ja nicht; uns motiviert alle das gleiche Bemühen — die
schönen alten Baudenkmäler der Stadt zu erhalten.«
    Ich sah mir die Leute an. Die meisten
schienen mir gehobene Mittelklasse zu sein, alle gut betucht.
    »Wie kam es, daß Sie sich für dieses
Gebiet interessierten?« fragte ich. »Den Denkmalschutz, meine ich.«
    »Meine Familie lebt seit fünf
Generationen in San Francisco. Meine Großeltern hatten in der Van Ness Avenue
eine Villa, die weit großartiger war als diese hier. Leider wurde sie nach dem
Erdbeben damals gesprengt.«
    Wie Dettman mir am vergangenen Abend
erzählt hatte, war die Van Ness Avenue, die breiteste Straße der Stadt, damals
zur Schneise gemacht worden. Einsatzkommandos des Militärs hatten sämtliche
Häuser auf der Ostseite der Straße in die Luft gejagt, um ein Ausbreiten des
Feuers, das nach dem Erdbeben die schlimmsten Verheerungen angerichtet hatte,
zu verhindern.
    »Die Leute meiner Familie«, fuhr
Eleanor van Dyne fort, »hatten immer schon etwas, das man bürgerliches
Pflichtgefühl nennen könnte. Andere, die in ähnlichen Verhältnissen leben wie
ich«, fügte sie verächtlich hinzu, »ziehen es vielleicht vor, sich die Zeit bei
Modeschauen zu vertreiben; ich finde es wichtig, etwas für die Gemeinschaft
beizusteuern, wenn man über das Geld und die Zeit verfügt, das tun zu können.«
    Ich wußte, von welchen Leuten sie
sprach: Es waren die, die allein deshalb zur jährlichen Eröffnungsvorstellung
der Oper gingen, um ihre Garderoben zu zeigen. Um das Gespräch meinem
besonderen Interesse anzunähern, sagte ich: »Das erinnert mich ein bißchen an
David Wintringham. Soviel ich weiß, wurde auch sein Interesse an der Erhaltung
der alten Häuser durch die Liebe zum Haus seiner Familie geweckt.«
    Die Linien um Eleanor van Dynes Mund
wurden hart. »Aber da hört die Ähnlichkeit auch schon auf.«
    »Das verstehe ich nicht. Sind die
Wintringhams nicht auch eine alte Familie?«
    Sie zog die Augenbrauen hoch, als wäre
sie sich dessen in diesem Moment zum erstenmal klar geworden. »Doch, gewiß.
Vierte Generation. Es ist kaum zu begreifen, wieso — . Allerdings war Davids
Großmutter nur eine Schuyler. Vielleicht ist das die Erklärung.« Sie schien
mehr mit sich selbst als mit mir zu sprechen.
    »Eine Erklärung wofür?«
    Sie machte eine rasche, wegwerfende
Handbewegung.
    »Ach, das ist nicht weiter interessant.
Sie würden es sowieso nicht verstehen. Wie lange leben Sie denn schon in San
Francisco, mein Kind?«
    »Ungefähr neun Jahre, hier und in
Berkeley. Eigentlich komme ich aus San Diego.«
    »Nicht lange genug. Bei weitem nicht
lang genug.«
    Die Worte kränkten mich. Ich
betrachtete mich als alteingesessene Bürgerin dieser Stadt. Ich kannte sie
bestimmt besser als die meisten. Ich hatte Arbeit, ich war

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