Tödliches Farbenspiel
du
willst«, sagte die Katze.
»Es ist mir ziemlich gleich, wohin —«
sagte Alice.
»Dann ist es auch gleich, welchen Weg
du einschlägst«, antwortete die Katze.
»-Hauptsache, ich komme irgendwohin«,
fügte Alice erklärend hinzu.
»Oh, das schaffst du bestimmt«, sagte
die Katze, »du brauchst nur lange genug zu marschieren.«
Seufzend klappte ich das Buch zu. Das
Leben als Abbild der Kunst, vielleicht? Ich würde auch irgendwohin kommen, wenn
ich nur lange genug nachdachte. Aber gab es denn keine Abkürzung? Arbeitete
nicht Charmaine mit Buntglas? Ich ging zum Telefon und rief bei Wintringham an.
Paul Collins meldete sich. David war auf der Baustelle. Ob er mir behilflich
sein könne?
»Ja. Haben Sie Charmaines Nummer?«
Kurzes Schweigen. »Kommen Sie mit Ihren
Nachforschungen voran?«
»Etwas.«
»Das ist gut.«
»Wegen Charmaine...«
»Sie hat ein Haus in Buena Vista
Heights. Die Nummer steht im Telefonbuch. Unter ›C‹.« Er wünschte mir Erfolg
und legte auf.
Ich trank den letzten Schluck Kaffee
und ging ins Bad.
Charmaine wohnte in einem Bungalow auf
der Ostseite von Buena Vista Park, hoch über Hight-Ashbury. Ich folgte dem
gepflasterten Weg am Haus entlang, wie sie mich am Telefon instruiert hatte.
Von hohen, gefiederten Palmen tropfte Wasser, während ich vorsichtig den
rutschigen Abhang zur Kellertür hinunterging.
Von Charmaines gewohntem Schick war an
diesem Morgen nichts zu sehen. Sie trug ausgebleichte Jeans und einen weiten
Pullover, der am Ellbogen zerrissen war. Aber sie war tadellos geschminkt und
trug einen modischen Turban über ihrem Haar. Sie empfing mich freundlich und
führte mich an Waschmaschine und Vorratsregalen vorbei in ihre sogenannte
Werkstatt. Drinnen standen zwei große Arbeitstische, Spanplatten auf
Holzböcken, und an den Wänden waren zahllose Borde und Fächer, in denen bunte
Glasscherben gespeichert waren.
»Setzen Sie sich.« Sie wies auf einen
Hocker bei einem der Tische. »Sie kommen wie gerufen. Das ist so eine richtige
miese Arbeit hier, und ich brauche dringend Gesellschaft.« Sie griff zu einem
Pinsel mit harten Borsten und machte sich daran, den Tisch abzufegen. Er war
mit einem Pulver bedeckt, das mich an schmutzigen Schnee erinnerte. Darunter
konnte ich ein Gebilde aus Glas und Metall erkennen. »Woran arbeiten Sie denn?«
»An einem Fenster.« Sie fegte etwas von
dem Pulver weg. »Es ist für eine Anwaltskanzlei.«
Das Fenster zeigte die beiden
Waagschalen für Justitia in Blau-, Gold- und Rottönen.
»Schön«, sagte ich. »Mein Chef wäre
hingerissen.«
»Schicken Sie ihn vorbei. Hier bin ich
fast fertig. Ich könnte einen neuen Auftrag gebrauchen. Aber versprechen Sie
ihm keine rasche Arbeit. Für das Ding hier hab ich vier Jahre gebraucht. Ich
kann ja nur in meiner Freizeit daran arbeiten.«
»Vier Jahre!«
»Meinen Lebensunterhalt verdiene ich
mir als Innenarchitektin. Da bleibt wenig Zeit für Hobbys. Und ich habe auch
noch andere Buntglasobjekte.«
Ich sah ihr zu, wie sie das Pulver
wegfegte. »Wozu braucht man den Puder?«
»Ich habe gerade verkittet. Der Puder
saugt das Öl im Kitt auf und gibt dem Blei etwas Patina.«
»Ist die Arbeit schwer?«
»Langweilig. Und unangenehm. Wenn Sie
nicht hier wären, würde ich meinen Mundschutz anziehen, damit ich den Staub von
dem Puder nicht einatme.«
»Hören Sie, wenn es gefährlich ist,
dann tun Sie das.«
»Nein, nein, so schlimm ist es nicht.
Und ich trage das Ding sowieso nicht gern.« Sie schwieg und sah mich an. »Am
Telefon sagten Sie, Sie wollten eine Auskunft.«
»Ja, ich möchte gern etwas über Glas
erfahren.«
»Da sind Sie an der richtigen Stelle.
Was denn?«
»Kennen Sie sich mit Tiffany-Lampen
aus?«
Charmaines Pinsel geriet ins Stocken,
wanderte dann wieder mit energischen Strichen über den Tisch.
»Ganz gut, ja. Ich habe einiges zu dem
Thema gelesen.«
»Wie würden Sie als Laie versuchen,
eine echte Tiffany-Lampe von einer Imitation zu unterscheiden?«
»Ganz einfach. Ich würde nach der
Signatur am Sockel sehen. Die Tiffany-Studios haben die Lampen immer signiert.«
Leider hatte ich keinen der Sockel der
Lampen Prinz Alberts gesehen.
»Könnten Sie es auch am Glas erkennen?«
»An der Qualität des Glases könnte man
zumindest die Zeit der Herstellung bestimmen.«
»Wie das?«
Sie legte den Pinsel weg und ging zu
einem der Wandregale. Sie zog ein Stück rotes Glas heraus und hielt es ans
Licht. »Sehen Sie es sich an.«
»Sieht schön aus.«
Sie
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