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Tödliches Farbenspiel

Tödliches Farbenspiel

Titel: Tödliches Farbenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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stecken. Dann ging ich zu Johnny Harts Kansas
City Barbecue und trat durch die Hintertür ein.
    Der Wirt war in der Küche. Er zündete
gerade das Gas unter den großen Töpfen auf dem Herd an. Er runzelte unwillig
die Stirn, als ich hineinkam, da er mich nicht erkannte. Ich nahm den Hut ab
und schüttelte mein Haar aus.
    »Ach, Sie sind’s.« Er wandte sich wieder
seinen Töpfen zu. »Soll das ‘ne Verkleidung sein?«
    »Ja, das gehört zu meiner Rolle als
Detektivin.« Ich musterte die Haltung seiner Schultern, die ruhigen Bewegungen
seiner Hände.
    »Aha.« Hart ließ einen Tropfen Wasser
in die Friteuse fallen. Es zischte und knisterte. Er machte mir nicht den
Eindruck eines Mannes, der sich unversehens einer Frau gegenübersah, die er
durch einen gedungenen Schläger hatte überfallen lassen.
    Ich hockte mich auf den Hackblock, da
mir plötzlich schwummrig wurde von der inneren Anspannung und dem Geruch nach
altem Öl.
    Hart warf mir einen Blick zu. »Alles in
Ordnung?«
    »Gleich geht’s wieder.«
    »Kann ich was dafür tun, daß es
schneller wieder geht?« Sein Ton war spöttisch, aber er lächelte freundlich mit
gelben Zähnen.
    »Haben Sie ein Glas Milch?«
    »Sofort, Madam.« Er ging zum
Kühlschrank. »Trinken große, starke Privatdetektive immer Milch?«
    »Natürlich, sonst wären sie ja nicht
groß und stark.«
    Hart stellte mir ein Glas hin, und ich
trank schnell. Das Gefühl der Übelkeit verging, und ich trank den Rest der
Milch langsam und mit Genuß.
    »So«, sagte Hart und zog sich einen
Stuhl heran, »und jetzt Schluß mit den Witzen, kommen wir zur Sache. Warum sind
Sie hergekommen?«
    Die unterschwelligen Strömungen
rassisch bedingten Mißtrauens waren wieder zu spüren. Ich fühlte, daß Hart mich
lieber nicht gemocht hätte und seine Sympathie zu mir mit meinem indianischen
Blut rechtfertigte. Leider war ich aber viel zu sehr eine Vertreterin der
Mittelklasse, als daß die Rechtfertigung wirklich Gültigkeit hätte haben
können.
    »Ich bin hergekommen, weil ich noch
Informationen brauche.«
    »Ich hab Ihnen am Samstag genug
geliefert.«
    »Damals waren es genug, heute nicht
mehr.«
    »Mädchen, ich kann Ihnen nicht mehr
sagen.«
    »Nicht mal, wen Sie anheuerten, um mich
kräftig einschüchtern zu lassen?«
    Harts Gesicht war unbewegt. Er lehnte
sich auf seinem Stuhl zurück und musterte mich einen Moment lang stumm. »Sie
fantasieren.«
    »Meinen Sie? Dann will ich Ihnen mal
von meinem gestrigen Abenteuer erzählen.« Ich berichtete ihm von dem Kampf in
der Gasse.
    Als ich fertig war, strich sich Hart
nachdenklich das Kinn. »Und weil der Kerl schwarz war, glauben Sie, daß ich
dahinterstecke?«
    »Sie oder Dettman.«
    Hart schien ehrlich gekränkt. »Es ist
nicht meine Art, Frauen zu schlagen oder es durch andere besorgen zu lassen.«
    »Dann bleibt nur Nick Dettman.«
    Hart starrte seufzend ins Leere. »Gut,
aber lassen Sie kein Wörtchen darüber verlauten, daß ich es Ihnen gesagt habe.
Es gibt hier im Viertel einen Kerl, der heißt Raymond, jeder nennt ihn Raymond,
den Vollstrecker.«
    »Vollstrecker!« Meine Stimme schwoll
an.
    »Pscht.« Hart hob warnend die Hand. »Er
bringt niemanden um, aber er macht die Leute kirre, verstehen Sie. Ich meine,
wenn man eine Schuld eintreiben will, dann wendet man sich an Raymond. Wenn man
es jemandem heimzahlen will, wendet man sich an Raymond.«
    »Ich versteh schon. Wenn also Dettman
mich einschüchtern wollte, dann wird er sich Raymond gedungen haben.«
    »Ja.« Harts Unbehagen war offenkundig.
»Am Samstag, als Dettman mir auftrug, Ihnen seine Nachricht zu überbringen, war
er hier, weil er Raymond suchte. Raymond ist nämlich schwer zu finden, er hat
keinen festen Wohnsitz, darum muß man sich umhören, wenn man ihn braucht.«
    »Wie sieht dieser Raymond aus?«
    »Er ist — Mensch, Sie haben ihn doch
selbst gesehen!«
    »Wann?«
    »An dem Abend, als Sie mit Ihrem
Freund, dem Anwalt, hier waren. Es ist der Kerl im Ledermantel, der reinkam und
mir von dem Mord erzählte.«
    Ich erinnerte mich. Ich hatte den Mann
in Harts Kneipe gesehen und am folgenden Abend draußen vor Dettmans Kanzlei.
    »Wann bekam Raymond Dettmans
Nachricht?«
    »Ich hab’s ihm am späten Nachmittag am
Samstag ausgerichtet, als er auf ein Bier reinkam.«
    Unsere Wege hatten sich also gekreuzt,
unmittelbar bevor Dettman ihm den Auftrag gegeben hatte, mir eine Lektion zu
erteilen. Dettman hatte versucht, mich ohne Gewaltanwendung abzuschrecken, aber
zur Sicherheit hatte

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