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Tödliches Farbenspiel

Tödliches Farbenspiel

Titel: Tödliches Farbenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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im Interesse der Stadtsanierung
abgerissen werden. Charlies neues Geschäft war in der Valencia Street im
Mission District, gar nicht weit von meiner Wohnung.
    Als ich dort ankam, war der Umzug noch
in vollem Gang. Mehrere Packer luden Möbel und Kisten ab und schleppten sie in
den Laden. Das einzige, was mich an Charlies alten Laden erinnerte, war sein
verkratzter alter Eichenschreibtisch — und natürlich Charlie selbst, der in
seinem Drehsessel saß und die Arbeiten beaufsichtigte. Aus den hinteren
Regionen des Ladens kam die schrille Stimme von Austin Bigby, Charlies neuem
Geschäftspartner.
    Charlies Augen leuchteten auf, als er
mich sah. »Wird auch langsam Zeit, daß Sie mich besuchen.«
    Ich lächelte. Wir hatten uns vor etwa
drei Monaten das letztemal gesehen, aber es schien mir länger her zu sein.
Zuvor hatten wir täglich Kontakt gehabt; ich hatte damals an der Klärung eines
Mordes gearbeitet, der in der Salem Street verübt worden war.
    Charlie zog einen Stuhl aus dem
Gerümpel und bot ihn mir an. Ich setzte mich und betrachtete ihn mit Wärme.
    »Ich bin wohl Ihre erste Kundin?«
    »Stimmt genau. Kann ich Ihnen was
verkaufen?«
    »Antworten auf ein paar Fragen.«
    »Aha, wieder auf dem Kriegspfad?«
    »Ja.«
    Charlie schwieg einen Moment, während
er mit unwilligem Blick einen Packer beobachtete, der eine der Kisten donnernd
zu Boden fallen gelassen hatte.
    »Sehen Sie den Lieutenant noch?«
    Wieso interessieren sich alle meine
männlichen Freunde so für mein Liebesleben? »Ab und zu.«
    »Klingt ja nicht sehr hingerissen.«
    Ich runzelte die Stirn.
    »Sharon, der Lieutenant ist ein
gutaussehender Mann. Der würde mancher Frau gefallen.«
    »Sie reden wie meine Mutter.«
    »Sie sollten auf Ihre Mutter hören.«
    »Tu ich. Jede Woche am Telefon. Aber
jetzt mal zu den Fragen...«
    »Stellen Sie das da drüben hin«, rief
Charlie einem der Packer zu. Zu mir gewandt fügte er hinzu: »Diese Leute
heutzutage — ohne jedes Gefühl. Sie haben mir schon das Glas an einem
Musikautomaten eingeschlagen, und Austin flippt bald völlig aus.«
    »Man hört’s.«
    »Wenn er so weitermacht, kriegt er
eines Tages noch einen Schlaganfall, und dann sitz ich mit dem ganzen Trödel
allein da.« Charlie zog ein Gesicht, aber ich wußte, daß das nur Mache war. Er
liebte seinen Trödelladen.
    Ich sagte: »Mir geht es um einen
Gegenstand, der echten Wert hat, Charlie.«
    »Hm, ich weiß nicht, Sharon.« Er fuhr
sich mit den Fingern durch die graue Mähne. »Vielleicht fragen Sie da besser
Austin. Er ist der Experte.«
    »Nein, es handelt sich um eine alte
Lampe, die Sie vor ungefähr sechs Monaten verkauft haben. Sie hat einen
ungewöhnlichen Schirm. Er soll die Tigerkatze aus Alice im Wunderland darstellen, die sich in einem Baum versteckt hat.«
    Charlies Äuglein verengten sich. »Ja,
ich erinnere mich. Der Mann, der sie kaufte, war ganz scharf darauf. Ich wußte,
daß die Lampe wertvoll war, aber was zum Teufel... Er war, wie ich schon sagte,
furchtbar scharf auf das Ding...«
    Charlie mochte heruntergekommen
aussehen; sein Geschäft blühte. Da konnte er sich gelegentliche Anwandlungen
von Großzügigkeit leisten, außerdem spürte er genau, wann er eventuellen
Unannehmlichkeiten aus dem Weg zu gehen hatte.
    »Wie sah der Mann aus?« fragte ich.
    Er grinste. »Verrückt. Aber von der
Sorte haben wir hier ja genug. Er trug einen Zylinder und einen Samtfrack. Und
dazu hatte er prächtiges karottenrotes Haar, das unter dem Zylinder heraushing.
Es fehlten nur die Narrenschuhe mit den aufgebogenen Spitzen und den Glöckchen
dran.«
    Ich lachte und stellte mir Prinz
Alberts Entrüstung vor, wenn er das hätte hören können. »Das ist der Mann, um
den es mir geht.«
    »Was hat er angestellt? Jemanden
umgebracht?«
    »Das glaube ich nicht.« Ich glaubte es
inzwischen wirklich nicht mehr. »Sagen Sie, Charlie, läßt sich anhand Ihrer
Bücher feststellen, wann und von wem Sie die Lampe kauften? Und ob Sie noch
andere Gegenstände mit ihr zusammen kauften?«
    »Sicher, aber das wird ein Weilchen
dauern. Mein Aktenschrank ist noch im Möbelwagen. Aber ich kann Ihnen zumindest
einen Gegenstand nennen, den ich mit der Lampe zusammen gekauft habe.« Er rieb
sich das Kinn und warf mir einen nachdenklichen Blick zu. »Wirklich ein
komischer Zufall.«
    »Was?«
    »Na, daß Sie gerade heute hier
aufkreuzen und nach der Lampe fragen. Genau an dem Tag nach diesem Kerl —«
    »Nach welchem Kerl?« fragte ich.
    Charlie lehnte sich in

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