Toedliches Geheimnis
schaut mich aus riesigen braunen Augen an und fragt sich vielleicht, warum ich hier sitze.
Und vielleicht frage ich mich das auch.
»Warum, glaubst du wohl, bin ich so ruhig?«, fragt Ben.
»Gute Frage. Warum bist du so ruhig?«
»Weil sie etwas anderes erwarten. Aber das werden sie von mir nicht bekommen. Ich gebe ihnen keinen Grund, mich rauszuschmeißen. Ich muss hier sein.«
»Du musst?«
Er nickt. »Übrigens. Isst du heute gar keine Suppe?«
»Ich glaube, du hattest heute genug für alle davon«, sage ich und reiche ihm den Stapel Servietten.
»Du musst das nicht tun.«
»Du bist von oben bis unten voller Dosensuppenschmiere«,
sage ich. »Es sieht aus, als könntest du ein wenig Hilfe gebrauchen.«
»Nein. Ich meine, du musst das alles hier nicht tun - hier meinetwegen sozialen Selbstmord begehen.«
Ich schaue zu Kimmie und Wes hinüber, die ganze fünf Tische entfernt sitzen. Kimmie streckt die Hand in die Höhe und fragt mich stumm, was ich hier tue. Aber ich wende nur den Blick ab.
»Hier bin nämlich nicht ich derjenige, der gerettet werden muss«, fährt er fort.
»Du meinst das, was auf dem Parkplatz passiert ist?«
Er hört auf, sein Hemd abzuwischen, und beugt sich zu mir. »Ich meine das, was passieren wird, wenn du nicht aufpasst.«
»Hast du mich am Samstagabend angerufen?«
Er schüttelt den Kopf und macht große Augen. »Gibt es da etwas, das du mir erzählen willst?«
»Nein«, sage ich. »Da gibt es eher etwas, was du mir erzählen solltest. Was hast du dir dabei gedacht, einfach so bei mir zu Hause aufzukreuzen und mir zu erzählen, mein Leben sei in Gefahr? Das ist nicht gerade normal, weißt du?«
»Ich wollte dir helfen.«
»Na ja, du hast jedenfalls eine komische Art, das zu zeigen.«
»Ich bin hier nicht dein Feind, Camelia.«
»Hast du mir das Geschenk mit der Nachricht hingelegt?«
Er kneift verwirrt die Augen zusammen. »Was für ein Geschenk? Was für eine Nachricht?«
Ich hole tief Luft, versuche ruhig zu bleiben, aber mein
Herz klopft, und ich rutsche unruhig in meinem Sitz hin und her. »Ist das irgendein abgedrehter Plan von dir, mit dem du versuchst, dich an mich ranzumachen?«
»Ich will dir helfen«, wiederholt er.
Ich schaue mich in der Cafeteria um und stelle fest, dass sich der Aufruhr etwas gelegt hat.
»Du hast etwas, was du mir erzählen willst, oder?«, fragt er.
»Ich weiß nicht.« Ich werfe einen Blick auf die Uhr. Nur drei Minuten bis zum Klingeln.
»Wie wär’s, wenn wir uns heute Abend treffen? Hast du so gegen sechs Uhr Zeit?«
»Ich muss arbeiten.«
»Dann eben morgen.«
Ich schüttele den Kopf und verspüre plötzlich das Bedürfnis zu fliehen.
»Sag einfach Ja«, drängt er.
»Ich kann nicht.«
»Weil du Angst vor mir hast?«
Ich beiße mir auf die Unterlippe, weil ich nicht weiß, was die richtige Antwort ist. Ben versucht, mich am Unterarm zu berühren, aber ich ziehe ihn gerade rechtzeitig zurück.
»Ich muss jetzt gehen.« Ich stehe vom Tisch auf.
»Das ist keine Antwort. Komm schon, triff dich heut Abend mit mir.«
Ich schüttele den Kopf und drehe mich zur Seite, bevor er die Möglichkeit hat, mir noch mehr Fragen zu stellen.
Bevor ich die Möglichkeit habe, meine Antwort in ein Ja zu verwandeln.
27
Was hafi sie sich bloß bei dieser Szene in der Cafeteria gedacht? Ich weiß, das hat sie nur getan, um Aufmerksamkeit zu erregen.
Was ich nichft weiß, ist, warum sie sich so beenimmt Man sollte meinen, dass sie dankbar ist für das Geschenk, das ich ihr gemachf habe. Dass sie mich nichft derart Kintergeht und meine Warnung missachtet, so als hätten wir gar nichft miteinander gesprochen.
Manchmal wühschfte ich, ich könnte sie ganz einfach aus meinem Kopf verbannen, aber sie ist überall, in meinen Gedanken, in meinen Träumen. Sie ist das Erste, woran ich dehke, wenn ich aufwache, und das Letzte, was mich Verfolgt, bevor ich eihschlafe. Wenn sie doch nur auf mich hören würde, dann könnte alles gut werdeh.
28
In den folgenden Tagen halte ich mich von Ben fern. Ich bleibe nach Chemie nicht länger da, obwohl ich genau weiß, dass er mit mir reden möchte. Ich setze mich in der Cafeteria nicht zu ihm, obwohl er seit Neuestem immer dort zu Mittag isst.
Und ich lasse nicht zu, dass er mich berührt.
Obwohl er es versucht.
Er hat versucht, mir Dinge zu reichen und mich dabei zu streifen oder es so anzustellen, dass wir im Flur aneinanderstoßen. Kimmie hat die Theorie, dass Ben einen Tick hat, Leute berühren zu
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