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Toedliches Geheimnis

Titel: Toedliches Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Faria Stolarz
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nebenan. Ich blinzele in diese Richtung. Da sitzt eine ältere Frau in der Hollywoodschaukel auf ihrer Veranda und schaut zu mir herunter. Als sie merkt, dass ich sie
entdeckt habe, hört sie auf zu schaukeln - das Quietschen der Scharniere verstummt -, aber sie hört nicht auf, mich anzustarren.
    »Kann ich dir helfen?«, fragt eine Stimme direkt hinter mir.
    Erschrocken fahre ich herum.
    Da steht Ben. Seine Lippe ist geschwollen, im Mundwinkel ist noch eine Spur von Blut, und der Bereich unter seinem Auge ist dunkellila verfärbt.
    »Was machst du denn hier?«, fragt er mit todernstem Gesicht.
    »Ich wollte dich sehen.« Ich gehe näher, um seine Wunden in Augenschein zu nehmen. Auf dem Kinn hat er noch einen sichelförmigen Schnitt. »Alles in Ordnung mit dir? Ich hab gehört, was passiert ist.«
    »Was hast du gehört - das mit der Schlägerei oder dass ich derjenige bin, der angeblich Debbie Marcus ins Koma befördert hat?«
    Ich schaue über die Schulter zurück. Die Frau ist noch immer auf ihrer Veranda und sieht in unsere Richtung.
    »Kümmere dich nicht um sie«, sagt er und deutet auf die Frau. »Die Leute beobachten mich schon den ganzen Tag und rufen hier an.«
    »Was für Leute?«
    »Reporter, wütende Eltern, Mitglieder des Elternbeirats, Leute, die mich noch nicht einmal kennen...«
    »Und die Polizei?«, frage ich und denke an das, was Matt erzählt hat.
    Er nickt. »Es ist wieder genau so wie damals mit Julie - außer dass ich diesmal nichts damit zu tun habe.«

    »Diesmal?«
    Er nickt wieder, geht aber nicht näher darauf ein. »Ich kann diesen Scheiß wirklich nicht brauchen, und meine Tante genauso wenig. Der Direktor hat angerufen und ihr gesagt, ich sollte die nächsten paar Wochen freinehmen.«
    »Das können sie doch nicht machen.«
    »Das ist egal, es ist passiert.«
    »Und was kann ich tun?«
    »Mir sagen, warum du hier bist.«
    »Ich wollte dich sehen«, wiederhole ich.
    »Und deswegen hast du auch mein Motorrad unter die Lupe genommen?«
    Mein Herz krampft sich zusammen, und ich kriege einen Kloß im Hals. Ich schaue zurück zu seinem Motorrad und auf den Kratzer am Tank.
    »Gibt’s da ein Problem?«, fragt er, so als wüsste er bereits die Antwort.
    »Ich habe nur den Kratzer bemerkt«, sage ich und deute in die Richtung.
    »Und, was glaubst du, wo ich den herhabe?«
    »Keine Ahnung. Woher hast du ihn denn?«
    »Du vertraust mir nicht, oder?« Aber das ist eher eine Feststellung als eine Frage.
    »Ich habe nur ein paar Fragen«, berichtige ich ihn. »Ich meine, die Leute sagen, Debbie wäre so gegen halb zwei, zwei auf der Columbus Street überfahren worden. Das ist in der Nähe von unserem Haus. Und es ist ungefähr die Uhrzeit, zu der du mich abgesetzt hast.«
    »Aber ich habe sie nicht überfahren«, versichert er mir.

    »Warst du auf der Columbus Street?«
    »Was wäre, wenn ich jetzt Ja sage?«
    »Das ist keine Antwort.«
    »Welche Antwort willst du denn hören?«
    »Die Wahrheit«, betone ich. »Sag mir einfach die Wahrheit, damit ich es verstehen kann. Debbie scheint zu glauben, dass du es warst - wenigstens hat sie das der Polizei erzählt.«
    »Sie hat meinen Namen genannt«, korrigiert Ben mich. »Und sie hat gesagt, dass sie von einem Motorrad überfahren wurde. Aber sie hat nicht gesagt, dass ich derjenige war, der dieses Motorrad gefahren hat.« Er schaut mich erwartungsvoll an - so als hätte das, was er gesagt hat, alles in Ordnung gebracht.
    Aber es macht alles nur noch schlimmer.
    Ich schaue zu dem Motorrad zurück und überlege, ob der Kratzer auch vorher schon da war. Ich fürchte, ich hätte ihn bemerkt, wenn er da gewesen wäre.
    »Den Kratzer habe ich heute gekriegt«, sagt er. »Ein paar Kids haben mein Motorrad umgeschmissen.«
    »Wirklich?«
    »Ist das so schwer zu glauben?« Er deutet auf sein zerschundenes Gesicht. »Und was nun?«, fragt er.
    »Ich weiß es nicht.«
    Er will nach meiner Hand greifen. »Ich muss dir noch immer helfen.«
    Ich zögere und schaue auf seine Handfläche, noch bin ich nicht dafür bereit, dass er mich berührt - und erfährt, was ich denke.
    Aber er nimmt meine Hand dennoch.

    Seine Finger umschließen meine. Zuerst ganz zart, fast tröstlich, doch dann fängt er an zuzudrücken.
    »Ben«, flehe ich und versuche, die Hand zurückzuziehen.
    Er zieht mich an sich. Seine andere Hand umklammert mein Handgelenk.
    »Lass los«, sage ich, diesmal noch lauter.
    Aber es ist, als würde er mich gar nicht hören. Seine Augen funkeln wild.

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