Toedliches Konto
Keulenschlag traf Jim. Als er im Internet mehr über das Moulin Rouge erfahren wollte, fand er zunächst nicht viel. Dann aber gelang ihm der Zugang zu einer Art Handelsregister, und er sah, wer als Besitzer eingetragen war: Mikhail Simowitsch. Über dessen Rolle hatte er ja von Vera einiges erfahren, was sie vom Pfarrer gehört hatte. Jetzt sind sie wirklich an einer großen Story exklusiv dran.
Jim überlegte, ob sie trotzdem seinen unterwegs geschriebenen Bericht bringen sollten, doch der Chefredakteur fand, dass sie damit ein Ass vorzeitig ausspielen würden. Sie waren offensichtlich der Kripo einen Schritt voraus und durften ihren Vorsprung nicht zu früh preisgeben. Das Problem war nur, Jim musste sofort noch einmal nach Sibenik fahren. Um keine Zeit zu verlieren, sollte er noch am Abend mit dem Auto starten.
Bei seinem kurzen Zwischenstopp in seiner Wohnung informierte er in Stichworten Vera. Ihr gefiel das gar nicht, dass Jim auf eigene Faust weitere Ermittlungen anstellen wollte, und flehte ihn an, das der Polizei zu überlassen. Aber er war schon wieder so sehr von Euphorie ergriffen, dass sie den Versuch schnell aufgab.
An diesem späten Nachmittag hatten Kurt und Lena immer wieder versucht, Aumüller zu erreichen.
“Ich kann mir nicht helfen”, meinte Kurt, “aber die Sache ist faul. Ich habe das Gefühl, dass Aumüller abgetaucht ist.”
“Das wäre doch dumm. Wenn man ihn dann erwischt, ist alles viel schlimmer.”
“Wenn,,,, Aber vielleicht will er sich ja endgültig absetzen, Brasilien, Chile. Auf nimmer wiedersehen. Vielleicht hat er ja noch mehr Geld gebunkert, als das auf besagtem Konto.”
“Aber so überstürzt kann man kaum verschwinden, das will vorbereitet sein.”
“Vielleicht hat er Helfer, oder hatte das Verschwinden schon vorher vorbereitet.”
“Soweit wir wissen, hat er doch sein Haus in Kroatien vor allen geheim gehalten. Und auch Bartol hatte ihn wohl nicht darauf angesprochen. Er könnte es also für ein sicheres Versteck halten und dort in Ruhe die nächsten Schritte vorbereiten.”
“Danke, Lena, du lieferst mir ein weiteres Argument, nach Kroatien zu reisen.”
“Aber nicht doch. Ich will dich hier behalten. Es genügt doch, wenn unser Kollege in Sibenik das Haus überwachen lässt, und wir sollten sein Haus hier im Auge behalten.”
“Der letzte Teil deines Vorschlags ist sehr gut. Das wirst du in die Hand nehmen. Aber das Haus in Kroatien... Ich habe schon mal im Flugplan nachgesehen, ich komme zwar erst morgen Nachmittag an, aber das genügt. Die Übe rwachung sollte ohnehin Kommissar Trebić veranlassen, aber wenn die Handschellen klicken, möchte ich dabei sein.”
“Dann brauchst du einen Haftbefehl.”
“Den besorge ich mir gleich noch. Wegen Verdunklungsgefahr ist das angesichts des Fluchtverdachts gerechtfertigt. Wir haben auf jeden Fall Verdacht auf Steuerhinterziehung und Betrug und Anstiftung zum Mord. Also bleib schön brav, solange ich weg bin, ich halte dich ständig auf dem Laufenden.”
“Du bist ein richtiges Scheusal. Dabei war ich schon nahe dran, mich in dich zu verlieben. Na ja, das ist jetzt erst mal vorbei.”
“Du bist ein noch größeres Scheusal. Ich sehe schon, wir werden bestens zusammen passen.”
Am Abend war es Pfarrer Hackelberg, der die verbliebenen Petersburger zu einer Telefonkonferenz zusammen rief. Er sprach zu ihnen mit getragener Stimme wie ein Pfarrer in der Sonntagspredigt.
“Wir sind heute im Kreis der Petersburger an einem Wendepunkt angekommen. Der uns so vertraute Kreis lebt in der bisherigen Form nicht weiter. Es ist wie nach einer schweren Krebsoperation: Man hat dem Patienten die schlimmsten Auswüchse in seinem Körper herausgeschnitten, aber man ist sich nicht sicher, ob Krebszellen nicht doch noch weiter wuchern.
So ist es mit uns. Günther hat sich erschossen, Alfred hat höchstwahrscheinlich das Weite gesucht. Mich würde es nicht wundern, wenn wir nie mehr etwas von ihm hören. Aber wir alle sind irgendwie auch infiziert. Die Angst lebt bei den meisten mit.
Wir waren immer stolz auf unser gegenseitiges Vertrauen, auf unsere bedingungslose Offenheit. Alles war nur Lug und Trug. Sicher, wir hatten viel Spaß zusammen, vor allem auf unseren Reisen. Das war unser gemeinsames Leben. Doch sonst hat jeder nur seinen eigenen Vorteil verfolgt, und in unserem Kreis haben sich Einzelne offenbar ganz kräftig gegenseitig unterstützen können. Auch durch unsaubere Geschäfte. Deshalb haben wir alle
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