Tödliches Labyrinth
lange hier behalten, bis ich sicher bin, dass ich die wahren Gründe für dein Verhalten heute Nacht erfahren habe. Praktisch niemand bei MMI weiß, dass wir auch privat miteinander zu tun haben. Jeden Kontakt, den wir außerhalb des Büros hatten, kann ich problemlos als dienstlich veranlasst erklären. Deine plötzliche Abwesenheit kann ich wunderbar damit begründen, dass du fristlos gekündigt hast, weil deine Mutter krank geworden ist. Da niemand gesehen hat, wie wir gemeinsam den Firmenparkplatz verlassen haben, wird es keinen Grund geben, mich in irgendeinen Zusammenhang mit deinem Verschwinden zu bringen. Das wiederum bedeutet, dass niemand hier in dieser Hütte nach dir suchen wird. Verstehst du jetzt allmählich, in welcher Lage du dich befindest, Leah? Ich
kann
und ich
werde
dich so lange hier behalten, wie es nötig ist. Ist dir das klar?"
Sie wurde blass, als sie aus seinem Mund fast wörtlich das hörte, was sie vor wenigen Minuten überlegt hatte. “Ich verstehe nicht, warum du so davon besessen bist, unbedingt so vorzugehen? Warum rufst du nicht einfach die Polizei an?” jammerte sie leise.
“Verstehst du das wirklich nicht?” gab Hawk mit rauer Stimme zurück. Seine schwarzen Augen loderten förmlich. “Ich allein bin für alles verantwortlich, was in der Forschungs- und Entwicklungsabteilung von MMI passiert. Ich habe mich jetzt in eine sehr unangenehme Situation gebracht, weil ich meinen Vorgesetzten erklären muss, wie es möglich war, dass es überhaupt zu einem solchen Diebstahl kommen konnte. Du hast mich benutzt und hintergangen, Leah. Und ich habe geglaubt, ich wäre in dich verliebt!” Er lachte verbittert auf. “Jesus! Jede Frau auf der Welt hätte ich haben können, aber nein, ausgerechnet in
dich
muss ich mich verlieben! Habe ich dir überhaupt irgendetwas bedeutet, Leah? Oder war ich vom ersten Tag an nur Mittel zum Zweck?"
“Du hast mir viel bedeutet”, antwortete Leah, obwohl sie dieses Eingeständnis gar nicht hatte machen wollen. Augenblicklich begann sie zu weinen.
“Oh, verdammt!” Hawk holte ein sauberes Taschentuch aus seiner Hosentasche und kniete sich vor Leah hin, um ihr die Tränen von den kreidebleichen Wangen zu tupfen. Das war die erste freundliche Geste, die er seit seinem Auftauchen auf dem MMI-Parkplatz hatte erkennen lassen. Die Wirkung dieser Geste war eine andere als die, die Hawk beabsichtigt hatte, denn anstatt ihre Tränen zu trocknen, sorgte er nur dafür, dass Leah umso heftiger weinte. “Verdammt noch mal, Sweetheart! Vertraust du mir nicht so weit, dass du mir sagen kannst, was das Ganze eigentlich soll?"
“Nein”, schluchzte Leah leise und schüttelte energisch den Kopf. “Wenn ich es mache, bringst du mich mit Sicherheit um.”
“Nach allem, was wir gemeinsam erlebt haben, kann ich einfach nicht begreifen, dass du wirklich glaubst, ich würde dich kaltblütig ermorden. Ich habe dir doch bereits erklärt, dass ich das auf dem Parkplatz nur gemacht habe, damit du gehorchst, weiter nichts. Ich hatte keine Ahnung, wie ich das auffassen sollte, dass du den Codeknacker gestohlen hast. Ich weiß nicht, ob du vielleicht eine gefährliche professionelle Diebin bist oder ob du nur von Verzweiflung getrieben wirst. Das muss ich erst noch herausfinden, und ich möchte
wirklich
zu gern die Wahrheit erfahren. Vielleicht können wir die Angelegenheit ja dann unter uns klären.”
Hawk machte eine kurze Pause, bevor er in aufgebrachtem Tonfall weiterredete, als Leah nicht antwortete, sondern nur erneut zu weinen begann: “Um Himmels willen, Baby! Meinst du nicht, ich hätte dir inzwischen längst etwas angetan, wenn das
wirklich
meine Absicht wäre? Wenn ich
tatsächlich
die Polizei einschalten wollte, dann wäre ich wohl kaum mit dir hierher gefahren, sondern ich hätte dich ins Büro gezerrt und den Sicherheitsdienst angewiesen, eine Streife kommen zu lassen, oder meinst du nicht? Also: Würdest du mir jetzt bitte sagen, was los ist? Was ist heute Nacht in dich gefahren? Geht es um deine Mutter, Honey? Ist sie so krank, dass sie operiert werden muss oder eine langwierige Behandlung benötigt, die du nicht bezahlen kannst?"
“Nein, es hat damit nichts zu tun. Sie ist nicht mal wirklich krank. Ich habe dir das nur gesagt, weil ich … weil ich …"
“Weil du was? Leah,
vertraue
mir doch endlich!"
“Das geht nicht!"
“Kannst du mir wenigstens den Grund dafür nennen?"
“Nein, du wirst mich dann umbringen”, gab sie schluchzend
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