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Tödliches Labyrinth

Tödliches Labyrinth

Titel: Tödliches Labyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Brandewyne
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besser etwas Leichteres, eine weiblichere Wahl, und riskieren, dass ich denke, Sie würden sich als genauso sparsam erweisen, wenn Sie mit Kunden von MMI zu tun haben?"
    “Ich wusste gar nicht, dass Sie auch Gedanken lesen können, Hawk.”
    “Das kann ich gar nicht. Es ist nur so, dass ich das Dilemma
kenne
, dem sich jeder Angestellte ausgesetzt sieht, wenn er von seinem Chef zum Mittagessen eingeladen wird. Ich habe das am eigenen Leib erfahren, müssen Sie wissen. Ich habe allerdings auch die Erfahrung gemacht, dass nur die scharfsinnigsten Angestellten auf die Idee kommen, ihren Chef zu fragen, welches Hauptgericht er empfiehlt.”
    “Ich bin froh, dass ich den Test offenbar bestanden habe”, sagte Leah steif, während sie sich fragte, ob Hawk sich über sie lustig machte.
    “Das haben Sie bereits in den ersten Wochen als meine Assistentin gemacht. Sie können sich ruhig ein wenig entspannen, Leah”, schlug er großzügig vor. “Bestellen Sie, was Ihnen schmeckt. Ich verspreche Ihnen, nicht zu glauben, Sie könnten Ihr Spesenkonto ausnutzen, wenn Sie die Ente à l’Orange nehmen. Ich werde auch nicht annehmen, dass Sie sich den Kunden gegenüber kleinlich verhalten, nur weil Sie sich mit einem schlichten Hühnchenbrustfilet begnügen.”
    “Ich bin erleichtert, das zu hören. Da ich hier jedoch noch nie in meinem Leben gegessen habe, würde ich trotzdem gern hören, was Sie empfehlen.”
    “Also gut, ich werde für uns beide bestellen. Aber geben Sie nicht mir die Schuld, wenn Ihnen nicht schmeckt, was auf Ihrem Teller liegt.”
    “Irgendetwas sagt mir, dass es nicht dazu kommen wird.”
    Auf ein Zeichen von Hawk hin kam der Ober, der sich unaufdringlich in der Nähe aufgehalten hatte, an ihren Tisch, stellte sich vor und nannte ihnen die Gerichte des Tages, die nicht auf der Speisekarte standen. Hawk hörte ihm aufmerksam zu, ohne den Mann zur Eile anzutreiben, und äußerte ein- oder zweimal seine Meinung. Nachdem er bestellt hatte, nahm der Ober die Karten und zog sich zurück.
    “Sie müssen geplant haben, dass wir hier eine ganze Weile verbringen werden”, stellte sie mit gespielter Lockerheit fest. Hawk hatte nicht nur Hauptgerichte bestellt, sondern auch Vorspeisen und Salat, und er hatte dem Ober gesagt, er wolle nach dem Essen auch noch die Dessertkarte sehen.
    “Wenn man so wie Sie und ich häufig die Pausen durcharbeitet, darf man sich hin und wieder auch etwas mehr Zeit für das Essen nehmen.” Er griff in die Innentasche seines Jacketts und holte ein Päckchen Zigaretten und ein Feuerzeug heraus. “Stört es Sie, wenn ich rauche?"
    “Nein, nein, das ist überhaupt kein Problem.”
    Er zündete sich eine Zigarette an und fragte: “Also, Leah. Wie gefällt es Ihnen bislang bei MMI?"
    Sie ließ sich nicht von seinem lässigen Verhalten täuschen. Ganz gleich, was er im Büro auch gesagt hatte, war sie sich der Tatsache bewusst, dass dieses Gespräch
sehr wohl
einem Verhör gleichkam. Große Unternehmen wie MMI wollten Angestellte haben, die die Unternehmenspolitik verstanden, die wussten, wie man sich einfügt und Teil des Teams ist – keine Einzelgänger, so wie sie es in Wahrheit war.
    Über die Jahre hinweg hatte Leah alle Regeln dieses Spiels gelernt, und sie wusste, wie sie es selbst spielen musste.
    Bei Betriebspicknicks hatte sie eine gut gelaunte Miene aufgesetzt und eine angemessene Portion Brathähnchen und Kartoffelsalat gegessen. Sie war in T-Shirt und Jeans zum Betriebsfest erschienen, wenn eine Partie Softball angesagt war. Sie hatte sich herausgeputzt und aufgedonnert, wenn der Betriebsausflug in ein Spielkasino führte und man von ihr erwartete, dass sie am Spieltisch auch einmal die Würfel rollen ließ. Und bei jeder Weihnachtsfeier hatte sie wenigstens ein Glas Wein getrunken, um nicht als asketische Abweichlerin aufzufallen.
    Sie hatte auch ihren Beitrag geleistet, wenn für einen Kollegen für ein Geburtstagsgeschenk gesammelt wurde, und genauso war sie mit dabei, wenn es darum ging, für den guten Zweck zu spenden, für den sich das jeweilige Unternehmen einsetzte. Sie war so gut darin, die perfekte Angestellte zu spielen, dass nie jemand auf die Idee gekommen wäre, das alles würde sie nicht im Mindesten interessieren.
    “Mir gefällt es bei MMI gut”, erwiderte sie und zwang sich, ruhig zu bleiben. “Im Großen und Ganzen sind sich große Unternehmen in ihrer Struktur und in den Erwartungen an ihre Angestellten recht ähnlich. Deshalb geht es – mir

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