Tödliches Labyrinth
Schreibtischs ihre Handtasche hervorgeholt hatte, ging Leah zur Damentoilette, um sich frisch zu machen. Kritisch betrachtete sie sich im Spiegel, der von oben bis unten eine Wand bedeckte, dann strich sie den weißen Leinenrock glatt und zog an ihrer kurzärmeligen Jacke, bis die wieder richtig saß.
Da es keinen Grund gab, das Unvermeidliche noch länger hinauszuzögern, kehrte sie ins Büro zurück und ging zur Tür, die in Hawks Zimmer führte. “Ich wäre dann so weit.”
“Gut.” Hawk nahm den Telefonhörer und rief die Sekretärin an, die für sie beide arbeitete. “Cammie? Leah und ich gehen jetzt essen. Wenn Sie uns brauchen, wir sind im Desert Rose.” Er legte den Hörer auf, krempelte die Hemdsärmel herunter, schlüpfte in sein elegantes Jackett und strich seine Foulard-Krawatte glatt. “Wollen wir?"
8. KAPITEL
D as Desert Rose
Nachdem Hawk und Leah ihre Büros abgeschlossen hatten, fuhren sie mit dem Aufzug bis ins Erdgeschoss. Seine Hand umfasste leicht ihren Ellbogen, als Hawk sie durch die Menschenmenge dirigierte, die jetzt um die Mittagszeit in die teuren Restaurants strömte, die um den weitläufigen Innenhof herum lagen.
“Ich weiß nicht, ob Sie schon Gelegenheit hatten, sich in diesem Teil des Komplexes umzusehen”, erklärte Hawk, als sie gemeinsam an den Geschäften und Lokalen entlangschlenderten und Leah vorgab, mehr als nur beiläufig an den Auslagen interessiert zu sein. “Wir nennen diesen Teil und das Gegenstück im anderen Flügel den Boulevard. Wie Sie sehen, vermieten wir die Ladenlokale an Boutiquen, Schönheitssalons, Restaurants und so weiter. Das ist neben dem Hotel und dem Kasino nur eine von vielen Richtungen, in die MMI über die Jahre hinweg expandiert ist. Die geschäftlichen Interessen des Konzerns sind wesentlich breiter gestreut als das, was man eigentlich mit dem Unternehmen verbindet. Wir in der Forschungs- und Entwicklungsabteilung haben damit natürlich überhaupt nichts zu tun, aber ich denke, Sie würden sich das gern mal ansehen.”
“Ja, danke”, gab Leah zurück.
Obwohl sich Hawk in keiner Weise unangemessen benahm, indem er sie am Ellbogen hielt, war sie sich seiner Berührung dennoch allzu bewusst. In all den Jahren hatte sie sich so sehr darauf konzentriert, ihr Ziel zu verfolgen, dass für ein Privatleben kaum Zeit geblieben war.
Als Folge davon kam es nur selten zu Beziehungen mit dem anderen Geschlecht, und die wenigen Fälle, in denen sie sich für einen Mann interessiert hatte, waren allesamt höchst unbefriedigend verlaufen. Leah kannte den Grund dafür nur zu gut: Sie wusste, dass sie sich mit keinem der Männer, mit denen sie ausgegangen war, eine tiefer gehende Beziehung erlauben konnte. Sie konnte sich nicht durch Heirat, Ehemann und Kinder von der Aufgabe abbringen lassen, die sie lösen musste, wenn sie ihre eigentliche Identität zurückerlangen wollte.
Das letzte Mal war so schmerzhaft geendet, dass es seit Jahren zu keiner Beziehung mehr gekommen war. Sie wusste schon fast nicht mehr, wie es war, die Aufmerksamkeit eines Mannes auf sich gerichtet zu spüren, die Berührung durch seine Hand zu fühlen.
Gereizt sagte sie sich, es sei daher auch kein Wunder, dass sie Hawks Nähe als so irritierend empfand. Jeder andere Mann hätte die gleiche Wirkung auf sie gehabt. Es wäre dumm gewesen, irgendetwas anderes zu glauben und es für möglich zu halten, dass nur ihr Chef in der Lage war, in ihr diese beunruhigenden Empfindungen auszulösen, die sie gerade erlebte.
Falls Hawk merkte, welche Wirkung er auf sie hatte, ließ er sich zumindest nichts anmerken. Stattdessen spielte er weiter die Rolle, in die er für den Augenblick geschlüpft war – die des sympathischen Fremdenführers. Er schlenderte mit ihr über den Boulevard und zeigte mal auf dieses, mal auf jenes Geschäft, um ihr Anekdoten über die jeweiligen Besitzer zu erzählen. Es war offensichtlich, dass er nicht in Eile war.
“Für jemanden, der den ganzen Tag damit beschäftigt ist, die Forschungs- und Entwicklungsabteilung von MMI zu leiten, sind Sie über die Geschäfte hier auf dem Boulevard erstaunlich gut informiert”, merkte Leah an. Sie hatte nicht nur das Gefühl, ihren Teil zur Unterhaltung beitragen zu müssen, es machte sie auch neugierig, wie umfassend er auf dem Laufenden war, was die anderen Betätigungsfelder des Konzerns anging. Sein weitgehendes Wissen sorgte aber auch dafür, dass sie ein gewisses Unbehagen empfand.
“Na ja, ich war schon immer
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