Tödliches Labyrinth
Seine Hand schien wie ein rot glühendes Eisen auf ihrer Haut zu brennen und ließ sie das heftige Verlangen verspüren, sich sofort aus seinem Griff loszureißen. Doch seine Hand war so fest um ihren Arm gelegt, als hätte er ihren Wunsch wahrgenommen und ergötze sich nun daran, ihn zu zerquetschen.
“Hawk, wie geht es Ihnen?” Endlich ließ er Leah los und streckte seine Hand dem jüngeren Mann entgegen. “Ich glaube, ich muss Sie das gar nicht fragen, oder? Mit einer so wunderschönen Frau an Ihrer Seite und diesem Stapel Chips muss es Ihnen einfach gut gehen.”
“Ich kann mich nicht beklagen, selbst wenn ich wollte.” Er drückte das Tablett gegen seine Hüfte, um seinem Gegenüber die Hand zu schütteln. “Winston, ich glaube nicht, dass Sie das Vergnügen hatten, meiner neuen persönlichen Assistentin zu begegnen. Leah, darf ich vorstellen? Winston Pryce, Präsident von MMI. Winston, das ist Leah Tallcloud, eine unserer besten Mitarbeiterinnen.”
Leah wollte nichts lieber, als blindlings vom Roulettetisch fortzulaufen. Ihre Kehle war mit einem Mal wie ausgetrocknet, und ihr Herz hämmerte immer lauter, bis sie das Pochen in den Ohren hörte. Ihre Handflächen waren nass geschwitzt, so dass sie sie erst an ihrem Kleid abwischen musste, ehe sie ihn begrüßen konnte.
Zu ihrem Entsetzen schüttelte er nicht ihre Hand, sondern hob sie an seine Lippen und küsste sie wie ein altmodischer Gentleman. Leah bekam vor Abscheu eine Gänsehaut, ihr drehte sich der Magen um, und sie hatte das Gefühl, sich jeden Augenblick übergeben zu müssen.
Sie wünschte, sie hätte an diesem Abend nicht so viel getrunken, vielleicht würde sie sich dann nicht so schwindlig fühlen.
Mit Mühe ignorierte sie den gallebitteren Geschmack, der in ihrer Kehle nach oben stieg, und zwang sich dazu, den Mann anzulächeln, den sie verdächtigte, in den Mord an ihren leiblichen Eltern verstrickt, vielleicht sogar die treibende Kraft dahinter zu sein.
“Es ist mir ein Vergnügen, Sie kennen zu lernen.” Pryce ließ noch immer ihre Hand nicht los, sondern tätschelte sie auf eine Art, die er ganz offensichtlich für angebracht, höflich und sogar ein wenig väterlich hielt. “Ich freue mich immer, wenn ich unsere Angestellten kennen lerne – vor allem, wenn sie so hübsch sind wie Sie. Ich hoffe, Sie sehen mir nach, wenn ich das sage, Ms. Tallcloud, aber Sie haben die schönsten Augen, die ich jemals gesehen habe. Sie haben eine sehr ungewöhnliche und beeindruckende Farbe, einen ganz und gar unglaublichen Türkiston.”
Es war die Art schmeichelnder Bemerkung, wie sie vermutlich jeder Mann gemacht hätte, dem sie zum ersten Mal begegnete. Doch als Leah erneut wie hypnotisiert in Pryce’ Augen blickte, wusste sie instinktiv, dass er nicht sie, sondern Natalie Marlowe vor sich sah.
15. KAPITEL
S chlechte Träume
Leah konnte sich nicht daran erinnern, wie sie es geschafft hatte, dieses schrecklich beängstigende Treffen mit Winston Pryce zu überstehen.
Noch nie in ihrem Leben war sie von einer solchen Panik heimgesucht worden. Nicht mal an jenem Tag, als sie Hawk auf dem Parkplatz hatte kämpfen sehen, oder als der betrunkene Skeeter Greywolf den Wagen ihrer Eltern von der Straße abgedrängt hatte.
“Leah, geht es dir wirklich gut?” fragte Hawk, als er ihr die Chipkarte zurückgab, mit der er die Tür zu ihrer Suite geöffnet hatte. “Du siehst aus, als hättest du ein Gespenst gesehen.”
“Tut mir Leid”, murmelte sie, während sie vergeblich versuchte, ihre Fassung wiederzuerlangen. “Meine Kopfschmerzen sind mit einem Schlag noch viel schlimmer geworden, darum fühle ich mich entsetzlich unwohl. Danke für den Blumenstrauß und für den schönen Abend. Es war wirklich sehr schön. Aber wenn du nichts dagegen hast, werde ich mich jetzt schlafen legen.”
“Du glaubst doch nicht allen Ernstes, dass ich dich allein lasse, solange ich nicht weiß, ob es dir wirklich gut geht, oder? Vielleicht hast du eine Lebensmittelvergiftung oder irgendetwas anderes. Es wäre das Beste, wenn ich die Rezeption anrufe, damit der Hotelarzt hergeschickt wird.”
“Nein, nein, das ist nicht nötig, ganz sicher. Ich habe dir doch schon mal gesagt, dass ich Alkohol nicht so gut vertrage. Ich habe davon eine Migräne bekommen, die mir auf den Magen geschlagen ist, weiter nichts”, log Leah, obwohl es gar nicht so weit von der Wahrheit entfernt war. Sie
hatte
rasende Kopfschmerzen und ihr
war
übel. Es lag bloß nicht am Alkohol,
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