Tödliches Lachen
oder nicht. Er kannte sie, und sein Name stand in ihrem Kalender oder Adressbuch … Aber wie hat er seine Opfer kennengelernt? Für mich. eine ganz wesentliche Frage. Bei keinem der Morde wurde vorher bei den Opfern eingebrochen, was meine These unterstreicht, dass sie ihn kannten und ihm vertrauten … «
»Oder sie kannten ihn nicht, vertrauten ihm aber trotzdem, weil er sich einer Lüge bedient hat«, warf Richter ein. »Das mit dem Adressbuch oder Kalender kann auch eine Finte sein, mit der er uns auf eine falsche Spur locken möchte. Ich will damit nur ausdrücken, dass wir bei ihm alle Möglichkeiten berücksichtigen müssen. Er spielt ein verdammt hartes Spiel, er ist uns mehrere Züge voraus, und er ist sich dessen sehr bewusst. Wäre dem nicht so, würde er nicht den persönlichen Kontakt zu Ihnen suchen. Alles, was er bisher gemacht hat, gehört zu seinem Spiel, und bei diesem Spiel steht es momentan acht zu null für ihn, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
»Sie mögen recht haben, aber darf ich meine Ausführungen schnell zu Ende bringen? Ich denke, er ist ein Einzelgänger, eher introvertiert, alleinstehend und allein lebend. Er hat Probleme mit Frauen generell. Ich gehe davon aus, dass er von Natur aus schüchtern und zurückhaltend ist … Seine Morde haben rituellen Charakter, und doch glaube ich nicht, dass er selber es als einen Ritus sieht… Warum schreibt er mit dem Blut seiner Opfer -Huren sterben einsam- an die Wand? Ist die Einsamkeit der Huren auch seine Einsamkeit? Wir werden es sicher irgendwann erfahren, ich hoffe nur, es wird nicht erst nach dem zwanzigsten oder dreißigsten Mord sein … Wir haben erst gerätselt, ob die Morde zwischen Januar und März auch von ihm begangen wurden. Diese Frage hat er inzwischen mit einem klaren Ja beantwortet, die Mail haben Sie alle gelesen. Nur, warum hat er sein Vorgehen geändert? Die ersten vier Morde waren vergleichsweise harmlos gegen die, die er in den vergangenen drei Tagen begangen hat. Für meine Begriffe war das damals nur eine Art Testlauf.«
»Und warum dann die lange Pause? Hat er Urlaub gemacht?«, fragte ein anderer Beamter grinsend.
»Es mag für Sie lustig sein, aber ich kann darüber nicht lachen, nicht nach dem, was ich vor Ort gesehen habe.« Sie holte tief Luft und fuhr fort: »Für die lange Pause haben wir keine Erklärung. Möglicherweise hat er in der Zwischenzeit seine Opfer gezielt ausgesucht. Wir haben die Aussage von einer Frau, die sowohl Svenja Martens als auch Carolina und Alexandra Fischer vor gut einem Monat auf einem Fest bei dem Musikproduzenten Kantauer gesehen hat. Es scheint, als gäbe es diesmal eine Verbindung. Dass allerdings unser Mann auch auf diesem Fest war, wage ich zu bezweifeln.«
»Wurden alle einschlägig vorbestraften Sexualstraftäter überprüft?«
»Wir wollten es machen, aber das können wir uns seit gestern sparen, denn ich habe noch eine interessante Neuigkeit für Sie, die auch gleichzeitig Ihre Frage beantwortet. Es geht um einen vielleicht einmaligen Fall in der Kriminalgeschichte Deutschlands, möglicherweise überhaupt. Dr. Sievers von der Gerichtsmedizin hat Herrn Hellmer und mich gestern ins Institut bestellt. Dort hat sie uns eröffnet, dass die bei der Martens gefundene DNA in wesentlichen Teilen identisch ist mit der eines Mannes, der vor siebzehn Jahren in Düsseldorf ein Mädchen umgebracht hat. Dr. Sievers sagt, dass unser jetziger Täter entweder der Sohn oder der Bruder des damaligen Täters ist. Recht unwahrscheinlich ist, dass es sich um ein und dieselbe Person handelt. Schon AUS diesem Grund können wir es uns sparen, aufwendige Befragungen bei bereits auffällig gewordenen Personen durchzuführen. Das wollte ich Ihnen zum Abschluss noch Mitgeben. Fragen?«
»Haben Sie keine Angst, dass er Ihnen etwas antun könnte?«, wollte ein Kollege wissen.
»Wenn ich Angst hätte, wäre ich nicht zur Polizei gegangen. Aber um Sie alle zu beruhigen, ich werde sehr vorsichtig sein.«
»Wann hat er das erste Mal Kontakt zu Ihnen aufgenommen?«
»Am Mittwoch hat er mir eine Mail geschickt, nachdem er Svenja Martens getötet hat.«
»Wie wollen wir jetzt weiter vorgehen? Ich meine, wir müssen einen Plan haben, an den wir uns halten können.«
»Dafür sind wir heute hier versammelt. Wir brauchen Vorschläge. Mich würde zum Beispiel interessieren, ob in den sichergestellten Adress- und Telefonverzeichnissen vielleicht einer oder mehrere bestimmte Namen auftauchen. Sie
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