Tödliches Lachen
verstehen, was ich meine.« Allgemeines Nicken.
»Der Täter hat zwar aus jedem dieser Bücher mehrere Seiten entfernt, dennoch könnte es sein, dass wir über andere Namen auf ihn stoßen. Nur ein Beispiel: Wenn in den Büchern der vier jüngst ermordeten Frauen jeweils der Name Hans Müller auftaucht, wissen wir, dass es mindestens diesen einen Mann gibt, der alle vier Frauen kannte. Wir nehmen Kontakt zu ihm auf, und das könnte eine Eigendynamik entwickeln und schließlich zu unserm Mann führen.«
»Aber wenn ich die Erklärungen von Herrn Berger vorhin recht verstanden habe, dann waren die Frauen, die zwischen Januar und März umgebracht wurden, bis auf eine keine Huren.«
»Richtig. Allerdings wissen wir bis heute relativ wenig über diese Frauen. Die Aussagen der Angehörigen oder Arbeitskollegen widersprechen sich zum Teil… Gut. Aber ehe wir über das Vorgehen reden, möchte ich doch Professor Richter die Gelegenheit geben, ein paar Worte zu sagen. Professor.«
Durant nahm Platz, ihre Füße schmerzten, sie hatte Durst und schenkte sich ein Glas Cola ein.
Richter räusperte sich. »Nach den sehr interessanten Ausführungen von Frau Durant möchte ich Folgendes erklären: Ich habe mir auch die Nacht um die Ohren geschlagen und versucht, ein Täterprofil zu erstellen. Als ich heute Vormittag den Tatort in Hofheim inspiziert habe, habe ich zwar zahlreiche neue Eindrücke gewonnen, aber viel mehr als Ihre Kollegin werde ich Ihnen auch nicht berichten können. Um Ihre Geduld jedoch nicht allzu sehr zu strapazieren, nur ein paar Punkte.
Bei dem Täter handelt es sich um einen angepassten Menschen, der, wie Frau Durant schon sagte, in der Masse nicht auffällt. Aber er möchte auffallen, und deshalb greift er zu diesen für uns abscheulichen Tötungsmethoden. Er ist ein Perfektionist, der großen Wert auf Ordnung legt, der seine Arbeit gewissenhaft verrichtet und über den sich nie jemand beklagt oder beschwert… Bei einer ersten Unterredung mit Frau Durant und Herrn Hellmer gestern habe ich noch die Vermutung geäußert, dass er verheiratet sein könnte, mittlerweile bin ich ebenfalls der Auffassung, dass er alleinstehend ist. Sein Alter dürfte zwischen zwanzig und fünfunddreißig Jahren liegen, also in der Altersgruppe, in der auch die meisten Serienmörder zu finden sind …
Ein paar Worte zu seinem möglichen Motiv: Erlittene Demütigungen, vermutlich über einen längeren Zeitraum hinweg … Erfahrene Lieblosigkeit, was in der Regel schon in der frühesten Kindheit beginnt… Keine Freunde und schon gar keine Freundinnen … Stark ausgeprägter Sexualtrieb, der jedoch nicht ausgelebt werden kann … Isolation von der Außenwelt, dadurch die Flucht in eine virtuelle Welt, in der ES keine Grenzen gibt… «
»Aber die Schlachtfeste sind keine virtuelle Welt«, wurde er von einem Beamten unterbrochen.
»Nein, dort entlädt sich seine Wut. Er ist ungeheuer wütend, zornig, aber er kann diese Wut und diesen Zorn nur schwer oder gar nicht zeigen, weil er diese Gefühle nie zeigen durfte …«
»Und was hat es mit den Huren auf sich?«
»Er hat meiner Ansicht nach einschlägige Erfahrungen mit Damen des horizontalen Gewerbes gemacht, allerdings wohl eher negative. Es tut mir leid, wenn ich überwiegend im Konjunktiv -spreche, aber ich habe nun mal noch keine gesicherten Erkenntnisse, was die Persönlichkeit des Täters betrifft. Alles, was ich hier äußere, basiert auf Vermutungen. Er ist nicht nur sehr ordnungsliebend, sondern geradezu pedantisch: Ich gehe davon aus, dass, wenn wir seine Wohnung sehen, dort alles blitzblank ist. Er legt Wert auf höfliche Umgangsformen, wie wir auch aus den Schreiben an Frau Durant ersehen können …«
»Ich habe mir eine Frage aufgeschrieben«, sagte Durant. »Wenn er so introvertiert ist und abgeschottet von der Außenwelt lebt, wie kommt es dann, dass ihm seine Opfer offenbar vertrauen? Für mich ist das ein Widerspruch, denn mit Introversion verbinde ich auch Kontaktarmut. Aber er scheint doch über eine Art zu verfügen, die Frauen anspricht.«
»Wir müssten feststellen, wie er mit seinen Opfern Kontakt aufgenommen hat. In Frage kämen Kontaktanzeigen in diversen Zeitungen und Magazinen, möglicherweise Pornomagazine, in denen ja mittlerweile auch immer mehr Frauen inserieren, häufig biedere Hausfrauen, die etwas erleben wollen. Ich denke da unter anderem an Frau Weiland. Ehefrau, Mutter, Kirchgängerin, und doch bin ich fest überzeugt, dass sie ein
Weitere Kostenlose Bücher